Bei 20 Prozent sind die Unionsparteien in den Umfragen mittlerweile angekommen. Wie viele Prozentpunkte davon auf die CSU entfallen, wird von den Umfrageinstituten nicht verraten. In den Meinungsumfragen wird die CSU nicht eigens ausgewiesen. Der Blick auf bisherige Wahlergebnisse ist aber erhellend und legt nahe: Die CSU könnte erstmals in der Geschichte an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern.

Nicht ganz ein Fünftel der Stimmen für die Union entfallen auf die CSU

Bei den vergangenen Bundestagswahlen machten die Wähler der CSU zwischen 18 und 19 Prozent aller Stimmen der Union aus – also etwas weniger als ein Fünftel. So kam die Union etwa bei der letzten Wahl im Jahr 2017 auf 32,9 Prozent. Davon entfielen 6,2 Prozent auf die CSU, was 18,84 Prozent aller Wählerstimmen der Union entspricht. Ähnlich hoch war der Anteil bei der vorangegangenen Wahl 2013: Von den 41,5 Prozent, über die sich CDU/CSU damals freuen durften, kamen 7,4 Prozent der CSU zugute – das sind 17,83 Prozent aller Unionswähler. 19,2 Prozent machten die Stimmen der CSU im Jahr 2009 aus.

Sollten die Unionsparteien bei der bevorstehenden Wahl Ende September gerade einmal 20 Prozent erreichen, würde die CSU nicht einmal 4 Prozent schaffen, selbst wenn ihr Anteil bei den vergleichsweise hohen 19,2 Prozent aus dem Jahr 2009 liegen sollte. Bei 21 Prozent könnte sie vier Prozent mit Ach und Krach noch schaffen, doch von den nötigen fünf Prozent würde sie noch immer ein Prozentpunkt trennen.

Blick in den Plenarsaal

Über die Direktmandate dürfte die CSU dennoch den Einzug in den Bundestag schaffen

Weniger als fünf Prozent sind für die CSU also keineswegs unwahrscheinlich – zum ersten Mal überhaupt. Nun stellt sich die Frage, ob damit der Einzug der CSU tatsächlich bedroht ist. Der Union gingen dann nämlich mehrere Prozentpunkte verloren, ganz abgesehen von der Schmach für die Bayern. Nun, das ist andererseits doch unwahrscheinlich, denn Deutschland hat ein kombiniertes Listen- und Personenwahlrecht, und das dürfte der CSU den Einzug in den Bundestag mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sichern.

Mit seiner Erststimme wählt ein deutscher Wähler einen Direktkandidaten seines Wahlkreises, mit der Zweitstimme wählt er die Landesliste einer Partei. Diese Zweitstimme ist an sich die maßgebliche Stimme für die Sitzverteilung im Bundestag. Nur: Sobald eine Partei drei Direktmandate erzielt, ist sie auf jeden Fall im Bundestag vertreten, selbst wenn sie nicht die nötigen fünf Prozenterreicht. Davon profitierte schon einmal die Linke, als sie noch PDS hieß. Jetzt hilft diese Ausnahmeregelung der CSU.

Wegen des deutschen Wahlrechts steigt die Anzahl der Bundestagsabgeordneten teils beträchtlich

Bei der Wahl 2017 gewannen die bayerischen Christsozialen 46 Direktmandate – also deutlich mehr als drei – und diesmal dürften es nur etwas weniger werden. Damit nicht genug: Alle Direktmandate wandern automatisch in den Bundestag, selbst wenn die Liste der jeweiligen Partei weniger Mandate erzielt. Auch davon konnte die CSU das letztes Mal profitieren. Allein mit ihrer Liste hätte sie nur 36 Mandate erreicht.

Wie viele Sitze im Bundestag frei bleiben, hängt maßgeblich von der Zahl der Direktmandate abAPA/AFP/Odd ANDERSEN

Die Folgen dieser Regelung sind für Deutschland nicht unerheblich. Sobald eine Partei auf Landesebene mehr Mandate durch die Direktwahl bekommt, als durch die Zweitstimmen für die Liste, werden auch die Mandate der übrigen Parteien angehoben – damit das Verhältnis noch immer stimmt. Die Folge ist, dass alle Bundesländer mehr Abgeordnete in den Bundestag schicken. Aus diesem Grund variiert die Größe des Deutschen Bundestags teils erheblich. Die gesetzliche Anzahl der vertretenden Mitglieder des Bundestags beträgt 598, die tatsächliche Mitgliedszahl ist oft beträchtlich höher, eben wegen der sogenannten Überhang- und Ausgleichsmandaten aufgrund der Direktwahl. Aktuell sitzen im Bundesrag 709 Bundestagsabgeordnete, 111 davon sind Überhang- und Ausgleichsmandate.

Ein Ergebnis unter fünf Prozent wäre für die CSU auf jeden Fall ein Problem

Dass die CSU die Fünf-Prozenthürde verpasst, kann den Christlichsozialen dennoch nicht gleichgültig sein. Durch ein solches Ergebnis wäre sie geschwächt gegenüber der CDU.

Bei der kommenden Europawahl gibt es tatsächlich nur ein Listenwahlrecht. Dennoch wird die CSU höchstwahrscheinlich auch im EU-Parlament vertreten sein. Bereits für die letzte EU-Wahl wurde nämlich jegliche Prozent-Hürde abgeschafft – aber nur für EU-Wahlen, wohlgemerkt. . . Eine deutsche Partei braucht demnach nur so viele Stimmen, die für ein einziges Parlaments-Mandat ausreichen. Das ist ungefähr ein Prozent der Stimmen. Bei der Wahl zum EU-Parlament gibt es in Deutschland also ausnahmsweise zur Zeit keine Sperrklausel, weil diese vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben worden war. Es wird aber daran gearbeitet, bis zur EU-Wahl 2024 wieder eine neue Sperrklausel zu errichten. Prognosen von politischen Beobachtern gehen von voraussichtlich zwei Prozent aus. Das dürfte dann auch für die CSU wieder locker reichen.