“Die Kunden reißen uns die Chips aus der Hand, das Timing ist perfekt”, sagte Infineon-Vorstand Jochen Hanebeck bei einer Pressekonferenz im Unternehmen in der Draustadt. Die Entscheidung zur Investition in ein neues Werk richte sich nicht nach der Höhe der Förderung, aber eine Subvention helfe natürlich im “global extrem verzerrten Wettbewerb”, sagte Infineon-CEO Reinhard Ploss. Sowohl die USA als auch Südkorea und China investierten sehr viel in den Ausbau ihrer Halbleiterindustrie. Den Infineon-Standort Villach bezeichnete Ploss als “Wurzel der Leistungshalbleiterei”. Hier wolle man etwas bewegen, das habe sich nun ausgezahlt. Durch die speziellen Chips, die etwa in Elektroautos, Solaranlagen oder Windkraftwerken zum Einsatz kommen, leiste man einen erheblichen Beitrag zur CO2-Einsparung und schütze das Klima.

Infineon-Österreich-Chefin Sabine Herlitschka dankte allen Beteiligten, die die Errichtung der neuen Fabrik ermöglichten. Auch die Kooperation mit den Behörden habe sehr gut funktioniert. Durch die neue Produktion seien 400 hochqualifizierte Arbeitsplätze im IT-, Elektronik- und Technik- und Ingenieursbereich entstanden, von denen der Großteil schon besetzt sei. Auch ein weiterer Ausbau wäre in Villach möglich, Ploss hielt sich zu der Frage aber bedeckt. Zunächst müssten die Kapazitäten der Fabrik voll aufgebaut werden, das werde einige Jahre dauern. Der Konzern wolle jährlich um 9 Prozent wachsen, derzeit sei das Wachstum viel höher. “Diese Halle wird die Zielsetzung wesentlich unterstützen”, so der Infineon-Boss.

Künftig soll die Villacher 300-mm-Dünnwafer-Fabrik mit der Infineon-Fabrik in Dresden zu einer virtuellen Mega-Fabrik zusammengeschlossen werden. Dann könne man besser auf die Bedürfnisse der Kunden reagieren, kündigte Hanebeck an. Beide Fabriken zusammen hätten im Endausbau ein Umsatzpotenzial von 5 Milliarden Euro jährlich. Die Folgen eines Stromausfalls im öffentlichen Netz in Dresden am Montag auf die dortige Chip-Produktion müsse man noch genau erheben.

Zur feierlichen Eröffnung werden am Nachmittag Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sowie Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) erwartet. Auch Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne), Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) und Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) sowie der Villacher Bürgermeister Günther Albel (SPÖ) sollen an dem Eröffnungsakt teilnehmen. EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton schickt eine Videobotschaft.

Die Bauzeit fand großteils während der Corona-Pandemie statt, zahlreiche Hürden wie Reisebeschränkungen und Hygienemaßnahmen sowie das Arbeiten in mehreren Teams mussten bewältigt werden. Trotzdem sei man letztlich drei Monate früher fertig geworden als geplant, betont Infineon-Österreich-Chefin Herlitschka. Die Produktion in der neuen Chipfabrik ist bereits angelaufen, diese Woche wurden die ersten Produkte weggeschickt. Nun werden schrittweise weitere Maschinen im Reinraum in Betrieb genommen. Im Volleinsatz soll die neue Fabrik 2 Milliarden Euro mehr Umsatz pro Jahr bringen. Ursprünglich waren 1,8 Mrd. Euro pro Jahr erwartet worden, dies wurde nach oben hinaufgeschraubt.

Die Entscheidung zum Bau der Fabrik war bereits im Jahr 2018 gefallen, also vor der aktuellen Chipkrise gefallen, die Investition hat strategische Gründe. Derzeit sind Halbleiter international Mangelware, es kommt zu Produktionsverzögerungen und Lieferproblemen, insbesondere Autowerke müssen ihre Bänder stoppen. Die von Infineon in Villach hergestellten Leistungshalbleiter werden etwa bei Ladesystemen von Elektroautos, in Solaranlagen und Windkraftwerken, in Ladegeräten sowie in Rechenzentren eingesetzt. Sie können den generellen Chipmangel wohl lindern, den konkreten Mangel an Mikroprozessoren aber nicht beseitigen, heißt es. Jedoch sorge die neue Fabrik dafür, dass Infineon weiter zuverlässig liefern könne.

Umsatzerwartung angehoben

Villach ist im Konzern das Kompetenzzentrum für Leistungshalbleiter und Leistungselektronik. Die Fertigung der Chips erfolgt auf 300-Millimeter-Dünnwafern, die mit 40 Mikrometern dünner als ein menschliches Haar sind. In Villach wurde die Fertigung von Leistungshalbleitern auf 300-Millimeter-Dünnwafern vor rund zehn Jahren entwickelt, die dann am Infineon-Standort Dresden in den vergangenen Jahren zur vollautomatisierten Volumenfertigung ausgebaut wurde. Die Nutzung dieser Technologie bringe aufgrund des größeren Scheibendurchmessers Produktivitätsvorteile und reduziere den Kapitaleinsatz, so das Unternehmen.

Infineon Technologies Austria ist ein Tochterunternehmen der Infineon Technologies AG mit Sitz in München. Infineon Österreich hat seinen Hauptsitz in Villach, weitere Niederlassungen gibt es in Graz, Klagenfurt, Linz und Wien. Mit rund 4.500 Beschäftigten in Österreich, davon 1.960 in Forschung und Entwicklung, wurde im Geschäftsjahr 2020 ein Umsatz von 3,1 Milliarden Euro erzielt. Mit einem Forschungsaufwand von fast 500 Millionen Euro zählt das Unternehmen zu den forschungsstärksten in Österreich.

Das Gebäude im Österreich-Headquarter des Konzerns am Rande der Draustadt ist imposant.APA