Es sei “ziemlich toll, eine Frau im Jahr 2021 zu sein”, sagte Regisseurin Chloé Zhao nach der Oscar-Verleihung. Sie ist in der über 90-jährigen Geschichte des Filmpreises die zweite Frau und die erste nicht weiße Regisseurin, die mit dem Regie-Oscar geehrt wurde. Weltweit ist der Jubel groß, über die frischgebackene Gewinnerin des heißbegehrten Goldjungens. In ihrer chinesischen Heimat allerdings fehlt in den Onlinenetzwerken und staatlichen Medien jeder Hinweis auf ihren historischen Oscarsieg. Dort wird mit Zensur und Zurückhaltung auf den historischen Erfolg Zhaos reagiert.

Wichtige Staatsmedien berichteten zunächst überhaupt nicht über die Verleihung des Preises an die chinesischstämmige US-Amerikanerin. In sozialen Netzwerken wurden Beiträge zum Thema teilweise gelöscht. Alle aktuellen Mitteilungen, die Zhaos Namen oder ihren preisgekrönten Film “Nomadland” enthielten, verschwanden am Montag auf ungeklärte Weise aus dem Onlinedienst Weibo. Ein Sprecher des Pekinger Außenministeriums lehnte einen Kommentar mit der Begründung ab, dass es sich “nicht um eine diplomatische Angelegenheit” handle.

Von "Chinas Stolz" zur Zensur

Noch Anfang März hatte die chinesische Zeitung “Global Times” Zhao als “Chinas Stolz” gefeiert, nachdem diese bei den Golden Globes ausgezeichnet worden war. Als Internetnutzer jedoch alte Interviews verbreiteten, in denen sie ihr Geburtsland anscheinend kritisierte, stoppten zahlreiche chinesische Kinos den geplanten Kinostart ihres Films. In Zhaos Aussagen wurde die Volksrepublik China als „Ort der Lügen“ kritisiert. Daraufhin wurden Werbematerial und Verweise auf “Nomadland” in den vergangenen Tagen gelöscht. Auch verschwanden Informationen zum Film von chinesischen Ticket-Websites.

In ihrer Oscarrede schien Zhao auf diese Schwierigkeiten anzuspielen: „Ich habe in letzter Zeit viel darüber nachgedacht, wie ich weitermache, wenn es kompliziert wird“, sagte sie. Sie zitierte auch eine Zeile aus einem chinesischen Gedicht: „Menschen sind bei Geburt grundsätzlich gut.“