Wenn wir alle viel weniger arbeiten, werden wir glücklicher, entspannter und können trotzdem so viel verdienen, wie bisher mit unserer schrecklichen 5-Tage-Woche.

Zu diesem doch sehr bemerkenswerten Schluss musste jeder kommen, der vergangene Woche die sehr prominent platzierte Story „Island: Viertagewoche als Erfolgsgeschichte“ auf der Startseite von orf.at las, einer der reichweitenstärksten Informationsplattformen des Landes, als öffentlich-rechtliches Medium der Objektivität und dem Bildungsgebot verpflichtet. Einem Medium also, das mitbeeinflusst, zu welchen auch wirtschaftspolitischen Überzeugungen die Menschen kommen.

Doch was den Lesern nun vorgesetzt wurde, – und deshalb beschreibe ich das hier mal ein bisschen ausführlicher, sorry – war weniger von Objektivität und Bildung gekennzeichnet denn viel mehr von einer für die Wirtschaftsberichterstattung des ORF nicht ganz untypischen Schlagseite: betrieben Arbeiterkammer und ÖGB zusammen ein Medium, geleitet von Stephan Schulmeister, Christian Felber und Robert Misik, sähe das Ergebnis wohl auch nicht viel anders aus.

Viel weniger Arbeit, gleiche Produktivität, gleiche Kohle, „mehr Zeit für Hobbies“ – die Paradies-Formel?

Aber zurück nach Island und der 4-Tage-Woche.Es handelt sich um eines der bisher größten Experimente zum Thema: Mit über 2500 Beteiligten nahmen 1,3 Prozent der isländischen Bevölkerung an den Versuchen, die von 2015 bis 2019 durchgeführt wurden, teil. Die Wochenarbeitszeit wurde bei einem Gros der Personen von 40 Stunden auf 35 oder 36 Stunden reduziert. …. Wissenschaftlich begleitet wurden diese vom britischen Thinktank Autonomy sowie von der isländischen Gesellschaft für nachhaltige Demokratie (Alda)“, berichtet der ORF.

Und weiter: „Die Ergebnisse würden ‚bahnbrechende Beweise für die Effizienz von Dienstzeitreduzierung darstellen‘, schreiben die Forscherinnen und Forscher. So sei die Produktivität der Teilnehmerinnen und Teilnehmer laut Bericht gleichbleibend gewesen oder gar gestiegen. Das generelle Wohlbefinden habe sich gesteigert – darauf würden unterschiedliche Indikatoren hinweisen. Es wurde von weniger Stress, einem geringeren Risiko für Burnout, aber auch von mehr Zeit für Hobbies sowie Familie und Freunde berichtet.“

Hier scheint jemand der Paradies-Formel verdammt nahe gekommen zu sein: viel weniger Arbeit, gleiche Produktivität, daher gleiche Kohle, und auch noch „mehr Zeit für Hobbies“ – Halleluja, warum sind wir da nicht früher draufgekommen?

Deshalb folgert der ORF, in aller Objektivität: „Eine kürzere Arbeitswoche sei ‚die Zukunft – es gibt kein Zurück‘, fasst es ein Teilnehmer zusammen. In dieselbe Kerbe schlägt der Forschungsdirektor der Denkfabrik Autonomy, Will Stronge: ‚Diese Studie zeigt, dass das weltweit größte Experiment einer verkürzten Dienstwoche im öffentlichen Sektor auf alle Fälle ein überwältigender Erfolg war.‘ Der öffentliche Sektor sei demnach ‚reif dafür, eine Pionierrolle in Sachen kürzerer Arbeitswochen einzunehmen‘.“

Linke Thinktanks, die sich in Wahrheit nur mit dem öffentlichen Sektor befassen

Ok, jetzt kommen wir den Fakten schon etwas näher. Denn die beiden Thinktanks, die hier ganz objektiv die Aura der Wissenschaftlichkeit herbeizaubern sollen, sind dediziert politisch links verortete Organisationen, die seit Jahren die Agenda „Gleiche Kohle, weniger hackeln“ betreiben. Was ja durchaus legitim ist, aber möglicherweise nicht jeder Leser von ORF.at weiß; vielleicht nicht einmal der Autor des Beitrages.

Bei welcher Gelegenheit wir ganz nebenher erfahren, dass die 4-Tage-Woche in Island nicht in der produktiven Wirtschaft, also in wirklichen Unternehmen eingeführt worden ist, sondern bloß in einem Teil des öffentlichen Dienstes.

Wir lernen also als dramatisches Ergebnis des historischen Experimentes: isländische Beamte können in vier Tagen ungefähr so viel Arbeit erledigen wie bisher in fünf – und das generelle Wohlbefinden hat sich gesteigert, weniger Stress, mehr Zeit für Hobbies sowie Familie und Freunde – wer hätte das gedacht!

Völlig präzise hat deshalb Franz Schellhorn, Direktor der „Agenda Austria“ nach Lektüre des orf.at-Artikels „Island: Viertagewoche als Erfolgsgeschichte“ formuliert: „Vorschlag für neuen Titel: „Studie aus Island belegt hohe Ineffizienzen im öffentlichen Sektor“.

Aber wir müssen verstehen, dass das nicht ging – das wäre ja kalt, herzlos und menschenverachtend. Und würde vor allem auch nicht dabei helfen, halbseidene weniger-arbeiten-Modelle politisch durchzusetzen.

Mit Christian Ortner (62) ist die kräftige Stimme des „Zentralorgans des Neoliberalismus“ (Ortners Online-Forum) beim eXXpress zu hören. Ortner lässt keinen kalt. So kompromisslos wie sein Einsatz für freie Märkte und freie Menschen ist auch seine Auseinandersetzung mit den „Sozialisten in allen Parteien“ (F.A.v.Hayek). Er verschont keinen. Ob es nun die EU und das Fiasko bei der Beschaffung der Corona-Impfstoffe, oder staatliche Eingriffe aller Art in die Wirtschaft sind. In der Vergangenheit war Ortner Wirtschaftsredakteur beim Nachrichtenmagazin profil, Chefredakteur der Wochenpresse, Herausgeber und Chefredakteur der WirtschaftsWoche Österreich und Herausgeber sowie Chefredakteur von Format.