
Christian Ortner: Die Brüsseler Wiederholungstäter
Während sich in der Ukraine das Schicksal Europas entscheidet, beschäftigt sich die EU-Kommission mit der existentiellen Frage, wie oft die Bürger der Union eigentlich neue Pullis oder Jeans kaufen sollen und wie man das am besten reguliert. eXXpress-Kolumnist Christian Ortner fragt sich, wie abgehoben und weltfremd man sein muss, um auf solche Ideen zu kommen.
Sollten Sie, geneigte Leser, den Standpunkt vertreten, es ginge den Staat eigentlich genau nichts an, wie Unternehmen Duschköpfe gestalten, Waschmaschinen konstruieren oder Weinkühler designen, dann haben Sie damit zwar vollkommen recht, nur wird Ihnen das leider nichts nützen, wenn Sie Bürger der Europäischen Union sind. Denn deren Kommission maßt sich bekanntlich schon seit 2005 an, mit Hilfe der sogenannten „Ökodesign-Richtlinie“ festzulegen, nach welchen Kriterien elektrisch betriebene Haushaltsgeräte gestaltet sein dürfen – und vor allem, nach welchen nicht.
Die Vorstellung, dass einfach die Kunden mit ihrer Nachfrage entscheiden, was gut für sie ist und was daher von den Unternehmen angeboten wird, scheint für die Brüsseler Behörde so unerträglich geworden zu sein, dass sie seit nunmehr 17 Jahren für den alten Kontinent so existenzielle Fragen wie den richtigen Wasserdurchfluss bei Duschköpfen gesetzlich regelt.
Die französische Krankheit wütet weiter
So weit, so schlecht. Die Regelung brachte der Kommission völlig zu Recht einen gehörigen Reputationsschaden, doch das ficht die von unheilbarem französischen Planwirtschaftswahn durchseuchte Behörde nicht im Geringsten an.
Ganz im Gegenteil. Vergangene Woche hat die EU-Kommission, dank Ukraine-Krieg weitgehend unbemerkt, einen neuen Plan vorgestellt, diese „Ökodesign-Richtlinie“ künftig auf einen erheblichen, wenn auch noch nicht genau definierten Teil aller Produkte auszudehnen, die im Gebiet der Union verkauft werden, und nicht mehr ausschließlich elektrisch betriebene Konsumgüter dieser Planwirtschaft zu unterwerfen.
Das ist völlig verrückt: Während zwei Flugstunden von Brüssel entfernt ein europäisches Land von seinem Nachbarn überfallen, bombardiert und zusammengeschossen wird, zehntausende Menschen sterben und in gewisser Weise das Schicksal Europas entschieden wird, brüten in Brüssel hochbezahlte Bürokreten über der Frage, wie man etwa Textil-Unternehmen vorschreiben kann, welche Stoffe welcher Qualität sie für Jeans verwenden; wie man sie dazu zwingt, den Konsumenten die voraussichtliche Lebensdauer dieser Jeans mitzuteilen und sie dazu nötigt, bloß völlig recyclierbare Materialen in der Fertigung zu verwenden.
Der Kunde zahlt, wer sonst
Am Ende schwebt der EU eine Art von digitalem Produktpass für alles und jedes vor, über den dann die genaue Zusammensetzung eines Produktes, seine Recycling-Fähigkeit, sein ökologischer „Fußabdruck“ und jede Menge anderer Spezifikationen abrufbar sein werden. Wer für diesen Aufwand zahlen wird müssen, ist klar: der Konsument. Den wird das angesichts der jetzt schon enorm hohen Inflationsraten ganz sicher besonders freuen.
Grundsätzlich wird es eine eher sehr lange Liste von betroffenen Gütern geben; doch ganz besonders hart getroffen wird voraussichtlich die Modebranche, der die Kommission vorwirft, viel zu schnell und viel zu billig immer neue Produkte auf den Markt zu bringen. Diese „Fast Fashion“ führt nach Ansicht der Kommission dazu, dass die Konsumenten zu oft zu viel neuen Kleidungsstücke kaufen.
Ein düsterer Plan zur Zerstörung der EU?
Das kann man durchaus so sehen, keine Frage. Aber warum zum Teufel maßt sich ausgerechnet die EU-Kommission an, gesetzlich festlegen zu dürfen, welcher Konsum von Modeartikeln „gut“ ist und welcher „schlecht“? Wie kommt dieses Organ auf die Wahnidee, berechtigt zu sein, den Konsumenten vorzuschreiben, wie oft pro Jahr sie sich neue Mode kaufen dürfen? In welcher abgehobenen Welt muss man leben, um so etwas auszuhecken?
Wäre man ein düsterer Weltverschwörungstheoretiker, würde man vermuten, Agenten Putins in Brüssel hätten sich als Öko-Aktivisten getarnt und die Kommission in ein derart absurdes und vor allem auch unpopuläres Projekt getrieben, um die EU noch unbeliebter zu machen und damit weiter zu schwächen.
So ist aber leider nicht, die Damen und Herren in Brüssel kommen von ganz allein auf solche Ideen. Und das ist vielleicht das größte Problem.
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Kommentare
Man fragt sich stets, wenn “die Kommission” etwas austüftelt: Wer genau ist diese Kommission, wer sind diese Menschen? Die Mitglieder der EU-Kommission setzen sich bestimmt nicht hin und denken sich Blödheiten aus. Das sind eher hochbezahlte Beamte, denen fad ist.
” Aber warum zum Teufel maßt sich ausgerechnet die EU-Kommission an, gesetzlich festlegen zu dürfen, welcher Konsum von Modeartikeln „gut“ ist und welcher „schlecht“? ” Big Brother ist watching you, lieber Herr Ortner. Schauen Sie sich einmal in China um. Das dortige Erfolgsmodell möchte man auch in Europa einführen. DAs ist die Zukunft der Species homo , Verzeihung Species Homo sapiens sapiens sapiens
Solange die EU- Mitgliedsstaaten nach Brüssel nur ihren ” politischen Restmüll” abschieben,wird sich das nicht bessern
den Auswirkungen zufolge ist’s nicht Restmüll – eher Sondermüll!
nachdem Kurz und Strache unsere Verfassung insofern verändert haben , dass eine Abstimmung über einen EU Austritt per Volksbegehren nicht mehr möglich ist, denkt der Bürger nun nicht über Mode nach sondern wie man trotzdem einen EU Austritt erreichenkönnte
Die internationalen “Sozialisten aller Couleurs” ((c) F.A.v.Hayek) haben erkannt, dass die EU das perfekte Vehikel zur Verwirklichung ihrer vorgestrigen Träume ist und versuchen, die EU entsprechend umzubauen.
Deshalb ÖXIT, bevor es zu spät ist.
Herr Ortner, Sie leiten Ihren Artikel sehr vielversprechend ein, mit dem Satz: “Während sich in der Ukraine das Schicksal Europas entscheidet, beschäftigt sich die EU-Kommission mit der existentiellen Frage, wie oft die Bürger der Union eigentlich neue Pullis oder Jeans kaufen sollen und wie man das am besten reguliert.” … Leider handelt dann Ihre Kolumne nicht von der Ukraine wo sich ja das Schicksal Europas entscheidet, sondern von Pullis und Jeans.
Die EU zurückbauen auf einen EWR.
Russland mit rein.
Das schafft Frieden und Wohlstand.
“Verbote sind bei vielen so beliebt, weil sie Gleichheit erzwingen.” (Prof. Bolz)
Nur mit Verboten und Geboten kann man die Menschheit zu einer einheitlichen Masse zusammenpressen und so Gleichheit erzwingen.
In der heutigen modernen Zeit zu einer einheitlichen nicht näher definierbaren bunten Masse.
▶️ Die Regulierungswut der EU hat vor allem den einen Zweck, alles von Brüssel aus kontrollieren, diktieren und lenken zu können.
Jede nationale/staatliche Individualität muss raus. Nur so erreicht man Gleichheit.
Freiheit und Selbstbestimmung sind der größte Feind der Gleichheit.
Die EU ist im Prinzip eine vernünftige Idee. Das Problem ist die Umsetzung, durch eine ungebremste Bürokratie und leider auch das Europäische Parlamen, das die verhaltensoriginellen Wahlentscheidungen der Europäer widerspiegelt. Beamte und Abgeordnete generieren Bedeutung, Einfluss und Wohlstand durch Aktivismus um jeden Preis. Man müsste hier vieles zurücknehmen und sich nur auf wesentliches konzentrieren.
Um die Zentralregierung der EU zu verstehen muß man berücksichtigen das alles was dort aus der Retorte gezaubert wird ein Produkt von massiver Lobbyismusarbeit ist.
Für mich persönlich scheint die Bürokratie in Brüssel eine einzige Anlaufstelle für Interessensgruppen zu sein.
Waren es früher, in der Wirtschaftsunion, die Industrien und produktiven Kräfte welche in Brüssel ihre Interessen eingebracht haben, so scheinen nun in der politischen Union die verschiedenen NGOs den Ton anzugeben.