Die junge Millionärin der Herzen und ihr Denkfehler
Eine Millionenerbin wird zum Star, weil sie ihr Erbe verschenken will, anstatt es zu investieren. Doch eXXpress-Kolumnist Christian Ortner meint: letzteres ist ethisch wertvoller als ersteres.
Indem sie öffentlich ankündigte, auf den allergrößten Teil ihres Millionenerbes zugunsten wohltätiger Organisationen verzichten zu wollen, “weil in Österreich Vermögen und damit Macht und Lebenschancen wahnsinnig ungerecht verteilt sind” hat jüngst die 28-jährige Germanistikstudentin Marlene Engelhorn einen Sturm des Applauses und der Zustimmung entfacht. Vor allem im dominierenden linksgrünen Sektor der Medienwelt wurde die junge Frau über Nacht zum Star, zur Millionärin der Herzen.
Nun ist es das gute Recht der angehenden Erbin, über ihr (künftiges) Privatvermögen zu verfügen, wie sie es für richtig hält. Das ist das Wesen von Privateigentum. Und das ist gut so.
Ein kleines Gedankenexperiment
Trotzdem frage ich mich, wie die Öffentlichkeit darauf reagiert hätte, wenn Frau Engelhorn nicht erklärt hätte, sie werden den Großteil ihres Erbes an irgendwelche NGOs verschenken, sondern damit beispielsweise ein Dutzend Startup-Unternehmen finanzieren. Also innovative, hungrige Unternehmensgründungen, die zwar in vielen Fällen scheitern, aber aus denen manchmal die Erfolgsunternehmen der Zukunft werden. Auch Apple, Google oder Red Bull waren ja am Anfang solche Startups.
Ich bin mir ziemlich sicher: im besseren Fall hätte diese Nachricht von den unternehmerischen Plänen der bislang ja eher unbekannten Erbin genau niemanden interessiert, im schlimmeren, aber Wahrscheinlicheren wäre ein Geraune der Art „die kann den Hals noch immer nicht vollkriegen“ durch die Stadt und ihre Medien gezogen.
Das ist insofern bemerkenswert, als hier eine Art von gesellschaftlicher Präferenz, eingebettet in die einschlägige Gedankenwelt vieler Medienmenschen, sichtbar wird.
Es ist dies eine Präferenz des Verteilens, das als gut gilt, gegenüber dem Produzieren, das als eher anrüchig gilt, vor allem wenn es mit Profit verbunden ist.
Zum Helden dieser Politik- und Medienwelt wird deshalb Grosso Modo derjenige, der Vermögen und Wohlstand verteilt – und nicht derjenige, der Wohlstand und Vermögen erschafft.
Als Grundüberzeugung einer Mehrheit der Gesellschaft ist das ein verlässliches Rezept fürs Desaster. Denn gerade die Geschichte der Familie Engelhorn zeigt das mustergültig. Frau Engelhorns Millionenerbe hat nämlich im Wesentlichen deren Großvater Claus Engelhorn erwirtschaftet, der das Pharmaunternehmen Boehringer-Mannheim – später Roche – zu einem Global Player aufgebaut hat, damit zigtausende Jobs und hunderte wertvolle Medikamente geschaffen und sich selbst zum Superreichen gemacht hatte.
Es sind Männer und Frauen dieses Schlages, die seit mehr als 200 Jahren das glühende Herz unserer alles in allem extrem erfolgreichen Volkswirtschaften gebildet haben, dank derer auch der Wohlstand der breiten Massen ein vorher noch nie gesehenes Niveau erreicht hat.
Auch wenn es heute als unsittlich gilt, das festzustellen: unser aller Wohlstand wird nicht von den Marlene Engelhorns dieser Welt geschaffen, die nur verteilen wollen, was da ist, sondern von den Claus Engelhorns dieser Welt, die seine Grundlage schaffen, durch Innovation, Risikofreude und vor allem auch Lust am Gelingen.
Es ist dies, ganz entgegen der vorherrschenden öffentlichen und veröffentlichten Meinung, damit auch letztlich der ethisch höher zu bewertende Weg.
I had a dream
Frau Engelhorn wirkt in ihren zahlreichen öffentlichen Auftritten durchaus intelligent und sympathisch; aber ich bin mir nicht sicher, ob sie nicht eher aus einem Gefühl heraus handelt – wozu sie jedes Recht der Welt hat – denn nach kühler Analyse der ökonomischen Zusammenhänge.
Vielleich macht sie ihrem Großvater ja den Gefallen und überlegt sich das alles nochmal, tritt in dessen Fußstapfen und verschenkt die Kohle nicht, sondern lässt sie produktiv arbeiten, indem sie junge Unternehmen finanziert. Dem Opa tät’s sicher gefallen.
Mit Christian Ortner (62) ist die kräftige Stimme des „Zentralorgans des Neoliberalismus“ (Ortners Online-Forum) beim eXXpress zu hören. Ortner lässt keinen kalt. So kompromisslos wie sein Einsatz für freie Märkte und freie Menschen ist auch seine Auseinandersetzung mit den „Sozialisten in allen Parteien“ (F.A.v.Hayek). Er verschont keinen. Ob es nun die EU und das Fiasko bei der Beschaffung der Corona-Impfstoffe, oder staatliche Eingriffe aller Art in die Wirtschaft sind. In der Vergangenheit war Ortner Wirtschaftsredakteur beim Nachrichtenmagazin profil, Chefredakteur der Wochenpresse, Herausgeber und Chefredakteur der WirtschaftsWoche Österreich und Herausgeber sowie Chefredakteur von Format.
Kommentare
Eine Karikatur vom Beginn des vorigen Jahrhundert beschreibt es im Dialog Kapitalist/Kommunist.
(ich erzähle, da hier kein Bild eingefügt werden kann)
Kapitalist: Du redest immer von Güter teilen. Angenommen wir teilen.
Ich für meinen Teil, spare oder vermehre ihn. Du aber verprasst deinen Teil. Was dann?
Kommunist: Ganz einfach, dann teilen wir wieder
#denk_frei
Wie Herr Ortner richtig sagt, es ist wesentlich sinnvoller, wenn man mit dem Erbe Start-Ups finanziert. Freilich werden einige Start-Ups scheitern, dennoch kann ein Unternehmen mit Mehrwert entstehen, das künftig Hunderte von Arbeitsplätzen schafft und somit Hunderten von Menschen eine nachhaltige Lebensgrundlage bietet. Das Argument, es sei auch armen Menschen mit dem Erbe von Frau Engelhorn geholfen, kommt eindeutig zu kurz. Erstens, weil dieses Geld lediglich ein Einmaleffekt ist, und zweitens, wer weiß was mit diesem Geld gemacht wird. Wird es in Schnaps, Tabak oder gar Suchtmittel investiert werden? Oder gar in einen Urlaub in Jesolo? Auch wenn ein Start-Up scheitert, bis dorthin würde das Geld mehrere Jahre lang den Jung-Unternehmern und ihren Mitarbeitern ein nachhaltiges Einkommen sichern. So oder so, die von Herrn Ortner und von mir präferierte Vorgehensweise wäre eindeutig nachhaltiger und würde Armut effizienter bekämpfen, als das einmalige Verteilen von Almosen.
Moderner Ablasshandel – Die Decke ist erreicht wenn jeder Bürger einen zweiten bei einer NGO finanziert.
Wenn sie investieren würde, dann würde sie sich letztlich an der Arbeit der erfolgreichen Firmen bereichern. Eine selbstlose und Innovation fördernde Tat wäre es, Darlehen zu besichern.
Adam Opel hatte schon vor fast hundert Jahren seine Autofirma verkauft, also bevor das Geschäft mit Autos so richtig losgegangen ist. Die Familie lebt seither prächtig lediglich von Investments. Von denen schafft kaum jemand etwas selbst.
Banken geben an neue Firmen kaum Kredite sondern drängen diese zu Investoren, die sich dann an deren Erfolg dauerhaft bereichern können. Das ist das Problem heute für Jungunternehmer.
Wieder auf den Punkt gebracht! Dankeschön für Ihren ausgezeichneten Beitrag, Herr Ortner!
Christian Ortner hat absolut Recht. Österreich leidet sicher nicht an einem Mangel an NGOs, sondern es fehlen mutige Investoren. Ideen gäbe es genug, kreative Menschen ebenso. Okay, dann dürfen die halt woanders hingehen.
Was für eine wortwörtlich verschenkte Gelegenheit, die nicht der Allgemeinheit nützt, sondern nur dem Ego.
Aber es wird von Tag zu Tag klarer, dass die Zukunft nicht in Europa spielen wird. Jetzt muss es nur noch die ahnungslose deutsche grüne Berufsfunktionärin ins Berliner Kanzleramt schaffen, dann kann sich dieser Kontinent endgültig von der Weltbühne verabschieden.
Herr Ortner sollte sich mit Frau Engelhorn zusammensetzen und mit ihr reden. Vielleich bringt er sie zur Vernunft?!
Irgendwann in naher Zukunft würde sie ihr jetztiges Vorhaben sicher bitter bereuen.
Vielleicht bereut es sie auch nicht. Wie Ortner eh richtig sagt, ist es ihr Geld und daher kann sie damit machen, was sie will. Ich würde mir dabei auch nichts dreinreden lassen.
Es kommt auch darauf an, wie sie das macht. Wenn sie Geld an Leute gibt, die durch ein Unglück nicht mehr aus eigener Kraft auf die Beine kommen, die aber mit ein paar tausend Euro wieder eine Perspektive haben und arbeiten können, ist es sehr wohl eine gute Sache und da könnte sie auch sehr vielen Leuten helfen.
Nur wenn sie Geld an Leute verteilt, die nicht arbeiten wollen, wäre es verloren.
Österreich ist ein Beamtenstaat. Die Wirtschaft existiert, um Jobs zu schaffen, nicht Wohlstand. Persönlicher finanzieller Fortschritt wird am Nettoeinkommen gemessen, nicht an Wertsteigerung. Geld wird, von denen die genüg übrig haben, verprasst und nicht investiert, weil Geld macht ja bekanntlich nicht glücklich. In diesem Umfeld kann es nicht wundern, dass Geschichten wie diese so gefeiert werden… Wir brauchen dringend mehr finanzielle Bildung. Geld ist so ein wichtiges Thema, wird aber tabuisiert. Darum handeln die Menschen auf Grund von Hörensagen, der Info von Lehrern und Verwandten. Mir hat einmal eine Lehrerin erklärt, an der Börse könne nur gewinnen, wer das schnellste Kabel hat. Frage mich, für wie viele meiner knapp 25 Mitschüler das wohl alles war, was sie jemals über Finanzmärkte gelernt haben… Würden Sie sich trauen ein Auto zu fahren, ohne eine Fahrschule besucht zu haben, nur basierend auf dem was ihnen andere Menschen erzählen, die selbst noch nie Auto gefahren sind?
Das Geld zu verprassen ist das beste, was reiche oder wohlhabende Leute machen können. Nur so kann das Geld dann jemand anderer verdienen.
Geld mit Aktienbeteiligung zu verdienen ist parasitär. Auch wenn solche Leute als Philantropen bezeichnet werden, leben diese von der Arbeit anderer Menschen.
Zitat “Das Geld zu verprassen ist das beste, was reiche oder wohlhabende Leute machen können. Nur so kann das Geld dann jemand anderer verdienen.”
Das ist meines Erachtens eine äußerst naive Aussage. Das Geld soll nicht verprasst werden, sondern in einen nachhaltigen Wirtschaftskreislauf gesteckt werden. Nur so kann man dauerhaften Wohlstand schaffen, der nachhaltig ist und der nicht zu Einmaleffekten führt. Dies zu begreifen und zu verstehen, ist die Aufgabe all jener, die sich schnell und sehr einfach für eine Sache begeistern lassen, ohne genau nachgedacht zu haben.
Niemand hindert seit jeher all die hiesigen Vermögenden, hierzulande in Risikokapital anzulegen, sie tun es bloß zu wenig. Die Pharmaindustrie z.B. hat die letzten Jahrzehnte lieber in Indien und China investiert als in Europa. Und ausgerechnet dieses Mädel soll jetzt die große Venture Kapitalistin spielen, um die ethischen Fehler ihres Großvaters zu bereinigen?