
Christian Ortner: Ein Steuer-Schuss ins eigene Knie
Jene Steuer, die nun den großen amerikanischen Digital-Konzernen in Europa aufgebrummt wird, ist vielleicht doch keine so brüllend gute Idee, findet Exxpress-Kolumnist Christian Ortner, denn bezahlen werden sie letztlich wir selber.
Es gibt wahrscheinlich nur wenige Steuern, die sich quer durch die unterschiedlichen politischen Geschmäcker und Neigungsgruppen so großer Beliebtheit erfreuen, jedenfalls in Europa, wie die sogenannte „Google-Steuer“, mit der die großen US-Digitalkonzerne Facebook, Apple, Amazon und eben Google in der EU zur Kasse gebeten werden.
Aus Sicht der Finanzminister eine irgendwie ideale Steuer: denn bezahlt wird sie – scheinbar – von bösen Multis, die weit weg jenseits des Atlantik sitzen und ohnehin die Reputation chronischer Steuerschlawiner haben. Nicht zuletzt deswegen haben sich ja auch heuer die größten Industriestaaten („G20“) grundsätzlich darauf geeinigt, dass ab 2020 die großen Vier der Digitalwirtschaft auch in den EU-Staaten einen Teil ihrer Gewinne versteuern werden müssen.
Ein scheinbarer Triumph der Gerechtigkeit, auf den ja auch der deutsche Finanzminister Olaf Scholz im zurückliegenden Wahlkampf nicht gerade selten verwies. Alles, gut, alles Fein.
Am Ende zahlt immer der Kunde
Nicht ganz leider, auch wenn ich die fröhliche Party nur ungern störe. Denn der Teufel sitzt auch hier, wie fast immer im Detail.
Und dabei zeigt sich vor allem ein Faktum, dass die Robin Hoods in den europäischen Finanzministerien bei der Jagd auf Google & Co gerne zu erwähnen vergessen. Steuern und Abgaben sind für Unternehmen, egal ob sie in Kalifornien oder im Waldviertel sitzen, einfach Kosten, und Kosten wälzt jedes Unternehmen auf die Preise ab. Das heißt: die Digitalsteuer werden am Ende mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht die Aktionäre der entsprechenden US-Unternehmen bezahlen, sondern die europäischen Konsumenten. Als Frankreich etwa vorpreschte mit einer derartigen Abgabe, erhöhte Google einfach die Werbe-Tarife entsprechend. Das dürfte überall sonst auch nicht anders kommen.
Die Freude der europäischen Steuerzahler über die „Google-Steuer“ erscheint daher eher wenig berechtigt zu sein, es sei denn für fiskalische Masochisten.
Reich wird der Finanzminister damit nicht
Dazu kommt, dass die Einnahmen für den Staat eher überschaubar sein werden. Deutsche Steuer-Experten haben unlängst kalkuliert, dass auf der Basis dessen, was die G20-Staaten vereinbart haben, 300 bis 400 Millionen Euro zusätzliche Einnahmen brächte; auf Österreich umgelegt wären das auch im besten Falle weniger als 50 Millionen Euro – für den Finanzminister ein Betrag fast unter der Wahrnehmungsgrenze. Die Vorstellung, mit der Digitalsteuer das Budget spürbar entlasten zu können ist daher ungefähr so realistisch wie die Vorstellung, Apple könnte seinen Firmensitz von Cupertino nach Wiener Neustadt verlegen.
Wir haben es hier im Grunde mit Symbolpolitik zu tun, nach dem Motto „Nicht das Erreichte zählt, das Erzählte reicht“.
Kommentare
Sehr geehrter Herr Ortner,
Sie haben recht, daß die Steuer letztlich nicht das ausmachen wird, was man sich davon erwartet. Da gehört massiv nachgeschärft, auch die Transaktionssteuer auf Finanzspekulationen ist dringend notwendig. Dafür gehört an anderen Ecken und Enden wie den lokalen Lohnnebenkosten entlastet. Aber immerhin wird auch die Digitalsteuer für ein wenig mehr Gerechtigkeit im Wettbewerb mit lokalen Anbietern sorgen, die in Österreich voll steuerpflichtig sind und mit ihren Abgaben unser Bildungs-, Gesundheits- und sonstiges Gemeinwohlwesen finanzieren.
Weder Google noch Facebook (und damiot WhatsApp und Instagram) werden die Preise für Werbung so erhöhen, dass es zu scherzhaft für die Werbetreibenden wird.
Unberührt von dem allen bleiben die “Produkte” dieser Riesen, nämlich die Nutzer. Die können nach wie vor deren Services gratis nutzen, wenn sie nur schön brav und nahezu uneingeschränkt daten abliefern. Darüber, wer sie sind, wo sie wohnen, wie sie wohnen, wie sie denken, leben, lieben, wen sie wählen, wofür sie stehen, über ihre Bankverbindungen und Bonitäten, Freunde, Liebhaber, Reisen, geplante Reisen, und alles, was das Leben eben so ausmacht.
Und das alles, um sich für Urlaubspics und halbkluge Bonmots liken zu lassen.
Ach wie schwer wiegt es da, wenn die Großen die Werbekosten erhöhen …
Das ist der alte sozialistische Traum, dass wer anderer die Steuern zahlt, am Ende wird wieder nur der arbeitenden Bevölkerung ein größerers Stück der Früchte ihrer Arbeit vorenthalten.
Lustig ist ja auch die CO2-Steuer. Hurra, wir besteuern CO2, aber keiner sol mehr bezahlen, bzw. nur die anderen.
Sehr geehrter Herr Ortner, warum schreiben Sie nur über Olaf Scholz und die EU-Digitalsteuer wo dich “das Gute” liegt so nah. Österreich hat doch 2020 eine nationale Digitalsteuer eingeführt, an der Gernot Blümel unbeirrt festhält. Was halten Sie davon?