Unter dem zugegebenermaßen etwas jenseitigen Titel „Fünf Geizige sind geiler“ (scheint sich um irgendeine Art von Piefke-Schweinkram zu handeln, von dem wir besser nichts wissen) spendierte jüngst das renommierte deutsche Magazin „WirtschaftsWoche“ dem österreichischen Finanzminister Gernot Blümel ein dickes, wenn auch indirektes Lob.

Als vergangenes Jahr mitten in der Coronakrise der europäische Wiederaufbaufonds auf dem Tisch lag, waren sich alle einig. Fast alle. Österreich, Schweden, Dänemark und die Niederlande stemmten sich dagegen. Sie wollten zwar befristet Nothilfe leisten, aber keine Schuldenunion durch die Hintertür einführen. Und vor allem wollten sie die Hilfen in Form von rückzahlbaren Krediten und nicht von Zuschüssen vergeben. Prompt wurden sie als die „geizigen Vier“ gebrandmarkt“, schreibt da der Chefredakteur Beat Balzli höchstpersönlich. Und lobt ganz ausdrücklich: Obwohl die gemeinsamen Schulden trotzdem kamen, „hat sich der Kampf des Quartetts im Rückblick gelohnt. Das Geld wird nur zum Teil in Form von Zuschüssen fließen… Kämpfe wie diese prägen die Art und Weise, wie der europäische Stabilitätsgedanke gelebt wird – oder bald beerdigt.

Widerstand ist nicht zwecklos

Genauso ist es. Dass Blümel für seinen Widerstand gegen die Schuldenunion zwar in seriösen deutschen Medien gelobt wird, in Österreich hingegen kaum oder gar nicht, ist irgendwie charakteristisch. Hierzulande suhlt man sich lieber wochenlang in spätpubertär anmutenden Chatverläufen, ob der Euro hingegen endgültig zum Inflationsgeld wird oder nicht, interessiert deutlich weniger, jedenfalls gemessen an der jeweiligen Intensität der Berichterstattung.

Und nachdem bekanntlich erst ein Drittel der 300.000 Chats des rührigen Slam-Poeten Thomas Schmid von den Behörden publikationsreif gemacht worden sind, wird das wohl noch ein paar Monate so bleiben, in denen ich ob ich will oder nicht mit Hilfe 200.000 weiterer Chats erfahren werde, welcher C-Promi welchem anderen B-Promi zugange war, wer wen mit welchen Injurien bedacht hat und was halt sonst in diesem Land für „Politik“ gehalten wird. Ein Land, ein Käfig voller Narren, könnte man meinen.

Wird aus dem Vierer ein Fünfer?

In Deutschland, das sich von Österreich nicht nur durch eine gemeinsame Sprache unterscheidet, sondern auch dadurch, dass dort Haudurchsuchungen nicht im Kanzleramt, sondern im Finanzministerium stattfinden (Stichwort „Cum-Ex“, auch so ein deutscher Schweinkram), wird hingegen demnächst unter anderem über die Zukunft des Euro entschieden. Denn nur wenn aus den „vier Geizigen“ fünf werden, also Deutschland den Vierer durch sein Mitmachen bereichert, kann verhindert werden, dass die Stabilitätsregeln zum Euro immer weiter verludern, noch mehr gemeinsame Schulden gemacht werden und vor allem die hochverschuldeten EU-Staaten wie Frankreich oder Italien endgültig zum Hochrisiko werden.

Und ob Deutschland zu den vermeintlich Geizigen stößt, wird weitgehend davon abhängen ob die FDP – in dieser Sache doch eher verlässlich – erstens mitregieren wird uns sich zweites mit ihrem Bestehen auf solide Finanzpolitik durchsetzt.

Und: sich verschiedenen halbseidenen Ideen widersetzt, zum Beispiel „grüne“ Schulden, die im Zuge des sogenannten Klimaschutzes aufgenommen werden, einfach nicht zu beachten. Das ist ein klassischer Hütchenspieler-Trick. „Schulden sind Schulden, egal, welche Farbe sie haben. Und die sind entweder tragbar oder nicht,“ urteilte da ebenso trocken wie präzise jüngst die „Neue Zürcher Zeitung“.

Zurück zur Keuschheit, bitte

Ob „Fünf Geizige geiler“ (WirtschaftsWoche) sind oder nicht, vermag ich mangels einschlägiger Kenntnisse des Sexuallebens der Germanen zum Glück nicht zu beurteilen. Dass es dringend notwendig ist, dass Berlin – und in der Folge die ganze Eurozone – in der Zeit nach Merkel wieder auf den Pfad der finanzpolitischen Keuschheit zurückfindet, ist hingegen für jeden ökonomisch halbwegs verständigen Zeitgenossen evident. Dass Österreichs Finanzminister diesen Kurs schon länger fährt, im eigenen Lande unbedankt, gehört auch einmal festgehalten.