Wem ist es eigentlich ein Anliegen, die Schönheit der deutschen Sprache im Wege des “Genderns” zu ruinieren?

Der großen Mehrheit der Bevölkerung jedenfalls eindeutig nicht. Das geht aus einer Studie hervor, die im Auftrag der evangelischen Kirche jüngst in Deutschland erstellt wurde. Ganze 13 Prozent bejahen demnach die Aussage “Gendern finde ich gut, damit fühlen sich alle Menschen angesprochen”, immerhin 32 Prozent sind strikt “gegen das Gendern”, dem Rest ist das mehr oder weniger gleichgültig.

Von einem dringlichen Bedürfnis der Menschen, die gewohnte korrekte Sprache zu verhunzen, ist da jedenfalls kaum etwas zu bemerken. Und das wird in Österreich nicht anders sein.

Es geht nicht um die Sprache

Viel eher versucht hier eine extrem kleine, aber recht lautstarke Gruppe von neomarxistisch fundierten Sozialingenieuren, die Gesellschaft zu verändern, indem sie die Sprache verändern. Dazu gehören die mehr oder weniger weltfremden Insassen akademischer geschützter Werkstätten, jede Menge Medienmacher, besonders im zwangsgebührenfinanzierten Bereich, aber auch Lehrer, politische Aktivisten und andere Mitglieder der linksgrün gebürsteten Eliten.

Wir haben es hier also nur vordergründig mit einem Kampf um die Sprache zu tun. Tatsächlich geht es nicht nur darum, ob wir den “Mohr im Hemd” noch “Mohr im Hemd” nennen dürfen; in Wahrheit geht es um die Frage, ob wir auch in Zukunft noch Flugreisen unternehmen, ein Einfamilienhaus bauen oder ein eigenes Auto fahren dürfen. Die Sprache zu verändern ist nur die Vorstufe zur Veränderung der Gesellschaft.

Soweit, so bekannt.

Ohne Zwang wird es nicht gehen

Als hoffnungsloser Optimist denke ich aber, dass diese Strategie langfristig zum Scheitern verurteilt ist. Zumindest dann, wenn links/grün diese Methode der Veränderung der Gesellschaft nicht mit Zwang durchsetzen kann, der aber politische Mehrheiten erfordert. Und die sind derzeit eher nicht in Sicht. Nach Italien und Schweden obsiegten letzte Woche auch in Finnland rechte Parteien; Inflation und Migration bewegen die Menschen halt deutlich mehr als Gendern.

Solange sich diese Menschen aber (noch) freiwillig für oder gegen das Gendern und alles, was dagegen politisch korrekt konnotiert ist, entscheiden können, gibt es Grund zum Optimismus.

Fadgas-Alarm am Akademietheater

Ein kleiner, aber feiner Indikator dafür ist das Theater im deutschen Sprachraum und seine Krise, die sich vor allem darin äußert, dass die Zuschauer wegbleiben. Was dazu führt, dass die Säle ebenso leer bleiben wie die Kassen.

Im Wiener Akademietheater läuft derzeit, wie zum Beweis, das Stück Katharsis vor eher schütter besetztem Zuschauerraum.

In dem Stück geht es um den immerhin vor rund 300 Jahren in Wien lebenden Schwarzafrikaner Angelo Soliman, der einerseits eine steile Karriere bei Hof gemacht hat, andererseits aber nach seinem Ableben bedauerlicherweise ausgestopft und eine Zeitlang ausgestellt wurde.

Die Geschichte wurde seither unzählige Male erzählt, aufgeführt und niedergeschrieben – und hat für Wien im Jahr 2023 genau: keine Relevanz. Hier benachteiligt der Staat keine Schwarzen.

Deshalb wirkt das Stück ein wenig, als hätte die Klasse 6A des Mandela-Gymnasiums in St. Korrekting beschlossen, “ein Zeichen” setzen zu wollen gegen Patriachat, Kolonialismus, Kapitalismus, die Ausbeutung des Planeten durch alte weiße Männer und was weiß ich noch alles. Wir erfahren, dass Hautfarbe nur ein soziales Konstrukt ist, alle Menschen nicht etwa gleich an Rechten sind, sondern überhaupt gleich – und natürlich wird auch gegendert, als wär’s die ZiB.

Das Ganze ist ungefähr so relevant wie ein Luftballon ohne Hülle, versucht das zahlende Publikum penetrant zu belehren und zu erziehen – und löst damit vor allem eines aus, nämlich gähnende Langeweile.

Wie man Leser vertreibt

Eine ähnliche Langeweile, wie sie jüngst der erste Text der neuen profil-Kolumnistin Barbara Blaha vom linken Momentum-Institut auslöste. Bemerkenswert an dieser lustlosen Aneinanderreihung linker Propagandafloskeln war vor allem die inflationäre Verwendung nicht sachgemäß angewandter Doppelpunkte mitten in Wörtern, also wie in “Passagier:innen”.

Immerhin eine Methode, dem Ziel, nicht nur nichts zu sagen zu haben, sondern dies auch nicht formulieren zu können, recht nahezukommen.

Die Deutschen können das freilich, wie alles, besser. So berichtete jüngst die NZZ: “Verursacher der jüngsten Irritation war ein Bericht auf der Website der öffentlich-rechtlichen ›Tagesschau‹. Zwei ARD-Redakteurinnen schrieben dort mal von der ›gebärenden‹, mal von der ›entbindenden Person‹. Obwohl es im Artikel um einen Gesetzesentwurf für Sonderurlaub nach Geburt des Kindes ging, versuchten die Autorinnen den Begriff ›Mutter‹ tunlichst zu vermeiden. Die Empörung war groß (…) Alsbald änderte die Redaktion den Text. In der aktualisierten Version ist nun doch von der ›Mutter‹ die Rede. Auf Nachfrage der Bild-Zeitung antwortete die ARD, dass die vorherigen Begriffe gewählt worden seien, ›um niemanden zu diskriminieren‹. Die Frage, wen genau der Begriff ›Mutter‹ diskriminieren soll, blieb leider unbeantwortet.”

Der Markt wird das lösen

Grund zu Optimismus gibt derlei armseliges Herumgehampel im Theater wie im Magazin oder Fernsehen, weil der Markt das früher oder später regeln wird. Ich kann mir nämlich beim besten Willen nicht vorstellen, dass langfristig die Konsumenten freiwillig Geld für derartigen Unfug ausgeben werden. Und von leeren Plätzen und unverkauften Heften kann niemand leben, höchstens der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit seinen Zwangsgebühren.

Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral”, lehrt uns der alte Bert Brecht. So besehen wird das mit dem Gendern wohl nichts mehr werden, auch wenn es derzeit gar nicht danach aussieht.