Wenn es ein Problem gibt oder auch nur etwas, das aussieht, als könnte es unter Umständen ein Problem sein, dann reagieren Grüne nahezu reflexhaft mit der Forderung nach einem Verbot, das jetzt ganz schnell her muss, um das Problem zu lösen. Kein Wunder, dass Google auf die Suche „Grüne, Verbote“ schlanke 18 Millionen Treffer anbietet.

Dass es für Grüne, wenn sie sich ganz besonders anstrengen, allerdings auch möglich ist, ein Verbot zu fordern, bevor überhaupt ein Problem vorhanden ist, bewies dieser Tage die grüne Ministerin Leonore Gewessler geradezu kongenial. Ohne jeglichen Missstand, den zu beseitigen es gälte, forderte sie nämlich ein gesetzliches Verbot einer „Fracking“ genannten Technik, Erdgas aus dem Boden zu holen – obwohl sie in Österreich gar nicht angewendet wird.

Unabhängigkeit, nein danke!

Das ist insofern bemerkenswert, als von dieser Technologie für Österreich ja tatsächlich gewaltige Gefahren ausgehen könnten: Etwa die Gefahr, das ganze Land dreißig Jahre lang mit dem im Nordosten der Republik verborgenen Gas zu versorgen; etwa die Gefahr, damit von Russland, aber auch von Katar oder den USA völlig unabhängig zu werden, oder die Gefahr, damit die wackelige Stromversorgung aus Wind und Sonne mit einem stabilen und verlässlichen Fundament versehen zu können.

Wir sehen, es sind wirklich schreckliche Bedrohungen, vor denen uns die Ministerin heldenhaft beschützen will, indem sie all das verbietet. Dass eine – nicht zuletzt in Österreich entwickelte – neue Fördermethode Umweltrisken nahezu völlig ausschließt, ficht Frau Gewessler nicht im Geringsten an. Hier geht es ja schließlich um Glaubensinhalte und nicht um Wissenschaftlichkeit. Versuchen Sie doch bitte einmal, einem glühenden Anhänger der Flat-Earth-Religion mit der Kugelgestalt der Erde zu kommen, das wird nix. Für klimareligiös orientierte Menschen ist Fracking Ketzerei, End of Story.

Aus den Augen, aus dem Sinn

Aber wie so oft finden auch in dieser Sache die Strenggläubigen einen Weg, sich verbotene Genüsse zu verschaffen, ohne vom wahren Glauben abfallen zu müssen.

Beim Fracking geht das ganz einfach. Man braucht dazu nur, wie Österreich es gerade unternimmt, durch Fracking gefördertes Gas aus den USA oder Kanada einkaufen, das dann mit riesigen Frachtern, die jede Menge Schiffsdiesel verbrennen, über den Ozean zu uns kommt.

Weil aber Amerika ziemlich weit weg ist und bekanntlich ordentlich viel Wasser Europa von den USA trennt, ist es völlig in Ordnung, dort Fracking zu betreiben, von dem wir enorm profitieren – Hauptsache, wir müssen dabei nicht zusehen. Aus den Augen, aus dem Sinn, ich mach’ mir die Welt widde, widde, wie sie mir gefällt, scheint Leonore „Pippi“ Gewessler da zu denken.

So sind wir halt

Es ist dies eine Haltung, die für grüne Energiepolitik geradezu charakteristisch ist. Wir führen ja auch einen heldenhaften Kampf gegen die friedliche Nutzung der Kernenergie in Europa, die Grüne lieber heute als morgen, erraten, verbieten würden, importieren aber Jahr für Jahr jede Menge von dem tödlichen Atomstrom-Zeugs nach Österreich, weil sonst hier die Wohnungen finster und kalt würden.

Weniger humorbegabte Zeitgenossen könnten auf die Idee kommen, eine derartige Politik der Trittbrettfahrerei zynisch und doppelbödig zu nennen, aber im linksgrünen Milieu erscheint dergleichen wahrscheinlich als Gipfel staatsmännischer, pardon, staatsfrauischer Regierungskunst. Es gilt auch hier wie so oft: Nicht das Erreichte zählt, das Erzählte reicht.

Da steh’ ich nun …

Ein hoher deutscher Grün-Politiker hat schon vor ein paar Monaten eher unabsichtlich sichtbar gemacht, worum es den meisten Grünen in der Energiepolitik wirklich geht. Befragt, warum er gegen jede Vernunft gegen den Weiterbetrieb der drei letzten deutschen AKW sei, antwortete er: „Da habe ich Jahrzehnte gegen Atomkraftwerke gekämpft, das lasse ich mir doch jetzt nicht kaputtmachen.“

Genau darum geht es: eine Ideologie, an die man fest glaubt, nicht von ein paar Fakten kaputtmachen zu lassen. Da soll eher das ganze Land kaputtgehen – da steh’ ich nun, ich kann nicht anders. Gas mittels Fracking zu fördern, gehört deshalb nicht verboten, sondern möglichst schnell angegangen, im nationalen Interesse des Landes, dem zu dienen auch Frau Gewessler geschworen hat.

Was passiert, wenn Glaubensüberzeugungen und nicht Wissenschaftlichkeit zu Leitlinien der Politik werden, zeigen unsere deutschen Nachbarn gerade eindrucksvoll vor. Vollkommen unvorstellbare 500 Milliarden Euro hat die Berliner Republik bisher in erneuerbare Energien investiert – und betreibt heuer die zweitschmutzigste Stromproduktion aller EU-Staaten, weil die völlig verblödete Abschaltung der Atomkraftwerke dazu geführt hat, dass Strom in rauen Mengen aus besonders schmutzigen Kohlemeilern bezogen werden muss. Das einzige Verbot, das da noch helfen kann, ist ein Verbot übermäßiger Dummheit in Regierungsämtern.