Wer in diesen Tagen ein Klimaticket erwirbt, der bekommt eine Plastikkarte im üblichen Kreditkartenformat zugesandt, aber nicht wie bisher üblich mit einem neutralen blauen Hintergrund, sondern stattdessen mit einer aufgedruckten Regenbogenflagge, dem Symbol der Schwulenbewegung.

Ein wenig ärgerlich ist daran freilich nicht die Werbung für eine bestimmte sexuelle Präferenz, sondern der Umstand, dass es das zuständige Umweltministerium unter der Leitung von Frau Gewessler noch immer nicht schafft, das Ticket digital und zur Verwendung am Mobiltelefon bereitzustellen. Vielleicht könnte ja mal jemand der Ministerin verklickern, dass wir mitten im 21. Jahrhundert leben.

Dass stattdessen jüngst auf einem Rock-Festival vom Ministerium angeboten wurde, ein Klimaticket denjenigen zu schenken, die sich dieses als lebenslanges Tattoo in die Haut stechen ließen, macht dieses digitale Versagen nicht eben besser.

Hauptsache "divers"

Die Klimaticket-Vertreiber sind freilich nicht die einzige Institution, die öffentlich als bemüht um die Rechte von Minderheiten aller Art wahrgenommen werden will, auch Banken, Versicherungen oder Hersteller von Konsumgütern wie Mode oder Inneneinrichtung präsentieren sich gerne als »divers«. Wurden früher neue Automodelle regelmäßig von ansehnlichen jungen Frauen präsentiert, bewirbt selbst ein deutscher Hersteller von Luxuslimousinen jüngst sein neues Modell mit einer Person, die sich ihrer geschlechtlichen Identität nicht ganz sicher zu sein scheint.

Oft haben wir es da freilich nicht mit einem wirklichen, von inneren Überzeugungen der Eigentümer oder des Managements getragenen Anliegen zu tun, sondern mit schlichtem Marketing. »Divers« zu sein ist irgendwie modern und dem Zeitgeist entsprechend. So ähnlich verhält es sich ja auch mit dem Bemühen vieler Unternehmen, als »grün« wahrgenommen zu werden – nicht die jählings ausgebrochene Liebe der Manager zu Bruder Baum und Mutter Natur ist da treibendes Element, sondern allzu oft die Marketingabteilung.

Wach, aber pleite

In den USA, wo diese Dinge wie viele andere Merkwürdigkeiten des Zeitgeistes ihren Ursprung haben, ist das noch viel weiter fortgeschritten: Dort werden Firmenleitungen immer öfter nicht nach der Leistungsfähigkeit von Managern besetzt, sondern nach Kriterien wie Hautfarbe, sexuelle Orientierung, ethnische Zugehörigkeit und andere unternehmensfremde Charakteristika.

Das Ganze firmiert unter »woke«, also etwa »wach für gesellschaftliche Probleme« – und gilt als alternativlose Art der Unternehmensführung.

Einziges Problem dabei: Je mehr sich Unternehmen darauf konzentrieren, dem Zeitgeist zu entsprechen, umso größer wird die Gefahr, dass das auf Kosten der Produkte und damit letztlich der Gewinne geht. »Go woke, go broke«, lautet dann die Devise.

Die Gegenrevolte beginnt

Deshalb, und das wäre auch für Europa durchaus wünschenswert, entwickelt sich in den USA gerade eine Gegenbewegung, die Unternehmen von den Lasten der Zeitgeistigkeit befreien und wieder auf den Pfad der ökonomischen Tugend zurückführen will. Und das heißt: Als Unternehmen nicht Weltverbesserungsfantasien nachzujagen, sondern sich darauf konzentrieren, gute Produkte zu einem attraktiven Preis anzubieten – und damit möglichst hohe Gewinne zu machen.

Gewinn ist sozial

Spiritus Rector dieser neuen Bewegung ist der republikanische Präsidentschaftskandidat Vivek Ramaswamy, 38, zweifacher Vater, Hindu und Vegetarier, und darüber hinaus erfolgreicher Geschäftsmann. Er predigt, was der legendäre Ökonom und Nobelpreisträger Milton Friedman schon 1970 geschrieben hatte: »Die soziale Verantwortung von Unternehmen ist es, den Gewinn zu steigern«, natürlich verbunden mit der Pflicht, dass sich Manager immer an geltende Gesetze und die Regeln der Ethik zu halten haben. Denn nur wo es Gewinn gibt, gibt es Steuern, mit denen der Sozialstaat finanziert werden kann.

“Wir brauchen Spitzenleistungen statt Stakeholder-Kapitalismus”, sagte Ramaswamy 2022 in der NZZ, also Top-Produkte und entsprechende Gewinne. »Jenseits davon sollten keine anderen Ziele verfolgt werden, weder soziale noch politische.« Besonders die großen US-Vermögensverwalter wie Blackrock oder Vanguard hat er im Visier, bei denen der typische Amerikaner für den Ruhestand vorsorgt und die zunehmend „woke“ veranlagen.

Das Geld der einfachen Leute

Es ist dies ein durch und durch vernünftiger Standpunkt, der allerdings von den Verfechtern der »Woke«-Schule als durch und durch kalt, herzlos und menschenverachtend diffamiert wird, typisch neoliberal halt. Sie würden so, zitierte jüngst Die PresseRamaswamy, das Geld »von Krankenschwestern und Feuerwehrleuten« verwenden, um soziale und politische Ziele voranzutreiben, mit denen »die meisten dieser Bürger eigentlich nicht einverstanden sind«.

Ich finde, das ist ein erfrischender Ansatz, der auch hierzulande verdiente, gehört zu werden. Ein Klimaticket, das statt Regebogenfahnen-Dekoration digital am Handy funktioniert, wäre schon mal ein guter Anfang.