
Christian Ortner: Wie ich einmal Beihilfe zur Untreue beging
Die Aufregung um die aktuelle Inseraten-Affäre ist zwar durchaus berechtigt, blendet aber eine viel weiter reichende Unkultur im Verhältnis zwischen Medien und Politik weitegehend aus, findet eXXpress-Kolumnist Christian Ortner – und legt ein Geständnis ab.
Die kleine Episode liegt jetzt zwar wirklich schon sehr, sehr weit zurück, erscheint mir in diesen Tagen aber von einer gewissen zeitlosen Schönheit, oder eher doch Unschönheit.
Es war in den Monaten vor der Volksabstimmung über den österreichischen Beitritt zur EU, als mich, damals Chefredakteur eines munteren Wirtschaftsmagazins, ein Regierungsmitglied (m/f/d) zu einem vertraulichen Gespräch einlud. Dabei berichtet mein Gegenüber, einer der mächtigsten Medienunternehmer des Landes habe angeboten, eine massive redaktionelle Kampagne für den Beitritt zu fahren. Nicht ganz umsonst freilich, als Dank des Vaterlandes erwarte der einen Betrag von rund vier Millionen Euro nach heutiger Kaufkraft.
Politik ist nun mal kein Mädchenpensionat
Gefragt, wie ich einen derartigen Deal einschätzen würde, empfahl ich meinem Gegenüber, ihn mit zugehaltener Nase einzugehen. Damals noch wesentlich mehr als heute von der Notwendigkeit des Beitritts überzeugt, schien mir nämlich der Preis überschaubar in Relation zum Nutzen für das Land. Und Politik ist halt nun mal kein Mädchenpensionat.
Ich habe bis heute keine Ahnung, ob mein Rat irgendeine Folge hatte – aber der Deal kam ganz offenbar zustande, wie die einschlägige Zeitungslektüre der kommenden Monate zeigte. Warum auch immer.
Eine jahrzehntelange Unkultur
Rechtlich war das Eis, auf dem das Ganze stattfand, vermutlich außerordentlich dünn; und genau deswegen erscheint mir die Episode so charakteristisch: denn die aktuelle Inseratenaffäre ist ja keine Innovation, sondern eingebettet in eine jahrzehntealte Unkultur. Das macht sie um nichts besser, aber vielleicht etwas besser erklärbar. Es geht mir hier nicht darum, etwas zu relativieren oder durch „Whataboutism“ zum Verschwinden zu bringen, sondern nur darum, die tatsächliche Dimension des Problems zu skizzieren.
Dass etwa der ehemalige SPÖ-Vorsitzende und Bundeskanzler Werner Faymann schon zu seiner Zeit als Wohnbaustadtrat virtuos die Kunst beherrschte, „befreundeten“ Medien Steuergeld zukommen zu lassen und sich anschließend dort höchst wohlwollender Berichterstattung erfreuen zu dürfen, ist branchenbekannt; dass die Staatsanwaltschaft diese Suppe als zu dünn befand, wird zweifellos rein juristische Gründe gehabt haben, das ist für jeden Kenner der Zusammenhänge völlig klar. Wenn Christian Kern, auch ein Ex-SPÖ-Chef mit einschlägiger Sachkunde, jüngst in einem Interview zum Thema erläuterte, „Die SPÖ war nicht unschuldig, solche Sitten zu akzeptieren, und das ist bis heute der Fall“ zeigt er damit jedenfalls subtilen Humor.
Auffällig ist die Affäre durch ihre Hybris und Dreistigkeit
Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wie viele ähnliche, wenn auch meist kleiner und unauffälliger dimensionierte Fälle dieser Art ich in ein paar Jahrzehnten Journalismus besichtigen durfte, nicht zuletzt im Umfeld der Stadt Wien und der ihr geneigten Publizistik – was die aktuelle Affäre so auffällig macht ist weniger die ihr zugrunde liegende simple Idee, sondern bloß die Mischung aus Hybris und Dreistigkeit, mit der sie umgesetzt wurde.
Vielleicht wäre es angesichts der vielen kleineren und größeren Verstrickungen, die sich da über die Jahre zwischen der werbenden Politik und so manchen Medien und ihren Machern auch diesseits der Grenze des rechtlich korrekten Gerierens gebildet haben nicht unvernünftig, den Empörungsregler ein ganz kleines Bisschen runterzudrehen und mal rundum ein wenig kritische Introspektion zu betreiben; nicht nur was mögliche unsittliche Berührungsstellen zur Politik, sondern auch zur werbetreibenden Wirtschaft betrifft – ausgenommen natürlich die in diesem Geschäft ja bekanntlich besonders häufigen Fälle von „virgo intacta“ in der Kapitänskajüte eines Mediums.
Die Droge Staatsgeld hat Medien nicht innovativer gemacht
Und vor allem wäre es vielleicht auch nicht ganz unvernünftig, etwas mehr Energie in die Frage zu investieren, wie man möglichst schnell die toxischen Inserate vom Staat durch zusätzliches Markteinkommen ersetzen kann, was früher oder später wohl notwendig sein könnte.
Denn die Droge Staatsgeld hat Medien nicht unbedingt innovativer gemacht. So manches altehrwürdige Magazin etwa schaut heute nicht viel anders aus als vor einem halben Jahrhundert; wäre die Autoindustrie oder das Luftfahrtgeschäft genauso innovativ, flögen wir heute mit dem Zeppelin nach Amerika und benutzten Straßenkreuzer mit Haifischflossen am Heck. Unabhängigkeit vom Staat ist für Medien und ihre Konsumenten immer eine feine Sache – die man sich halt auch leisten können muss.
Kommentare
Wenn Werbung nicht klar als Werbung gekennzeichnet wird, widerspricht das natürlich eindeutig dem journalistischen Ethos. Herr Ortner, ich hoffe für Sie, Sie müssen sich heute in Ihrer journalistischen Tätigkeit nicht weiterhin die Nase zuhalten.
…..Inserate öffentlicher Stellen abstellen jetzt,…..Presseförderung einstellen jetzt,…..dann ist das Thema rasch erledigt
Interessanter Verharmlosungsversuch eines Journalisten mit schwerer Schlagseite.
Käufliche Medien sind nie gut, in zuletzt gezeigter Manier am allerwenigsten.
Was war eigentlich an dem Kommentar von Herrn Ortner nicht zu verstehen, dass sie den Inhalt so miss-interpretieren?
Ich erwarte übrigens, dass die Inseratenvergabe nicht nur auf Bundesebene neu geregelt wird – sondern auch die Vergabepraxis auf Länder- und Gemeindeebene.
Anderenfalls sehe ich keine Reform, sondern ein Täuschungsmanöver bzw. eine Bestrafung der aktuellen Regierungskoalition. Denn auch Länder und Gemeinden greifen für ihre Inserate auf Steuergelder zurück – das gilt übrigens auch für “Privatfirmen” im städtischen Eigentum, Tourismuswerbung etc.
Die Dreistigkeit wird früher nicht minderer gewesen sein. Man hat halt nicht die Korrespondenz und die Gespräche dazu gekannt, das ist wohl der einzige Unterschied.
Wer die Medien kennt, weiß wie es läuft.
Ich habe in einer großen Tageszeitung eine vernichtende Filmkritik geschrieben. Da hieß es: Das geht nicht, die schalten ein Inserat…
Ich habe den Text nicht geändert, bekam auch mein Honorar, aber es wurde ein wohlwollende Kritik von einem anderen Redakteur veröffentlicht.
Oft gab es den Auftrag: wir haben hier ein Inserat – einmal wars z.B über Eier – schreib eine Story über Eier…
Was wir alle schon immer vermuteten und wahrscheinlich jetzt mehr denn je glauben, beginnt sich nach und nach zu bestätigen.
Was soll man an Medien innovativer machen? Alles was an Innovationen gekommen ist, ist nur für Analphabeten interessant oder für jene, die mehr Unterhaltung als Information haben wollen.
Die Geschichten und Nachrichten kommen nach wie vor von Journalisten, die hart daran arbeiten. Die guten jedenfalls.
Fachmann hat nicht nur Steuergelder für seine Karriere verputzt, er gab auch ein bisserl nicht ganz die Wahrheit gesagt. Er hat eine Fake-Matura und er hat nie studiert. Kein bürgerlicher Politiker könnte sich so etwas erlauben ohne verdroschen zu werden.
Meinen Sie Faymann?
Eh kloar. Mein neues Handy tut noch, was es will.
Oder Flachmann (Flachmännin oder Flachfrau?)
Diese gegenseitige Abhängigkeit zwischen allen Medien und Parteien, Ministerien, Stadtregierungen, Gemeinden ist über Jahrzehnte gewachsen und wurde von allen, wirklich allen praktiziert. Dass jetzt eine Partei dafür inkriminiert wird ist ja an Heuchelei nicht zu übertreffen, noch dazu von all jenen, die das nicht anders betreiben und betrieben haben. An den Berichterstattungen sieht man ja auch sehr gut, wer das Meiste zahlt und das ist nicht Türkis oder ÖVP. In diversen Berichten ist es ja auch ersichtlich, dass die Wr. Roten das 4-fache des Bundes dafür ausgeben – das empört aber niemanden? Vom ORF will ich gar nicht reden…
Unabhängig davon, das gehört definitiv abgestellt. Die Medien erhalten Förderungen und dann noch Unsummen aus solchen Inseratengeschäften – alles Steuergelder, für die die Bevölkerung kräftig “ausgesackelt” wird.
Die Staatsinserate sind eine Seuche und – für den Staat – so notwendig wie ein Kropf. Wenn´s was Neues gibt, berichten die Medien auch ohne Inserat über den neuesten “Meilenstein” aus der Welt der Politik Diese Staatsinserate sollten also verboten werden – ausgenommen allenfalls in Krisenzeiten (zum Selbstkostenpreis, der aus Transzparenzgründen zB zu Jahresbeginn bekanntzugeben und zu veröffentlichen ist).
Alles andere ist eine Augenauswischerei.
Einer der “mächtigsten Medienunternehmer” des Landes.
Das setzt dem Fass die Krone auf.😁
Sorry Anekdoten
Es gibt sehr viele Annekdoten über Kreisky, eine handelt davon das er einen seiner Vertrauten im kleinen Kreis als “Schneebrunzer” bezeichnet haben soll.
Der erwähnte Vertraute hat später ein liebes Büchlein mit den besten Annekdoten aus der Zeit die er mit Kreisky verbrachte geschrieben, vieles was dort humorvoll geschildert wird würde heute die Inquisition auf den Plan rufen.
Warum ich das erwähne? In der gestrigen Sendung LinksRechtsMitte wurde wenig über allfällige strafrechtliche Vergehen der Regierung Kurz gesprochen, was insofern in Ordnung ist als es sich um ein laufendes Verfahren handelt bei dem die Unschuldsvermutung gilt.
Andrerseits war ein wohlwollendes Zuwinkern ein Ablegen von dumdreist und ungebeten dort deponieren Akten und Chats welche illegal, also gesetzeswidrig veröffentlicht wurden Thema.
Der einhellige Tenor scheinbar aller, der BK mußte zurecht wegen der Tonalität zurücktreten.
Ich liebe die Wahrheit darum glaube ich Herrn Lendway seine Empörung nicht, zu lange war er unmittelbarer Begleiter höchster Politiker als das ich ihm abnehmen würde das er dort nich sehr oft Formulierungen hörte für die man “heute aufs Kreuz mit ihm” schreit.
Es ist ja auch schon auffallend, daß Bürgermeister Ludwig, der ja sonst ganz gerne das Maul aufreißt, wenn es darum geht, sich als Corona-Brutalo und Sekkierer der Wiener Bevölkerung (einschließlich der kleinen Kinder) zu präsentieren, beim Thema Inserate ganz still ist. Warum wohl?
● Die Linken dürfen alles, den Linken verzeiht man alles.
● Viele Journalisten sind eigentlich Parteipolitiker, die so tun, als seien sie Journalisten. (Prof.Bolz)
Vollkommen richtig, lieber Herr Ortner, das ist gelebte politische Kultur nicht nur in Österreich, sondern in allen modernen, westlichen Demokratien , es gilt ja nicht nur in der Wirtschaft der Satz: ” Wer nicht wirbt, der stirbt”, virtuos konnte Bruno Kreisky auf diesem Klavier der medial manipulierten Öffentlichkeit spielen im Gegensatz zum laaangweiligen Josef Klaus.
Was aber ist neu ? Neu ist, dass korrupte Staatsanwälte sich mit korrupten (linken) Medien, die allesamt steuergeldfianziert sind, zusammengetan haben, dies unter kräftiger Mithilfe der politischen Opposition, die ein jahrzehntelanges Hocken auf harten Oppositionsbänken fürchten, und unter schwerem Gesetzesmissbrauch sich Handys/Laptops “besorgen”, und kompromitierende Chats zeitgleich- wieder schwer rechtswidrig – an die Medien weiterleiten, die den ” politischen Gegner” medial “hängen”. Derzeit hat sich unter Frau Zadic, ihres Zeichens Pilz-Vertraute, folgendes Terror-System etabliert und verfestigt sich immer mehr. Alle staatstragenden Stellen vom Verfassungsgerichtshof bis zu allen Reigierungsmitglieder und Landesregierungen müssen bei Abweichen linker “Mainstream-Gedanken”, etwa den ungehinderten Zustrom von “Armutsmigranten” zu kritisieren, damit rechnen, dass “Rollkommandos” der WKSTA vor der Türe stehen oder gleich direkt in eine Sitzung des Verfassungsgerichtshofes platzen, dort unter fadenscheinigen Begründung (siehe Hausdurchsuchung beim Verlag Österreich) alle Handys/Laptops beschlagnahmen, diese auf kompromitierende Chatnachrichten untersuchen, ( Schmid´s Pöbel-Sager), zeitgleich an alle linken Medien weiterleiten, wo der Betroffene standrechtlich medial erschossen wird. Ich , lieber Herr Ortner, habe Angst um dieses ehemalige beschauliche Land am Balkan, Konsensdemokratie, das war einmal, jetzt herrscht “Stalinistischer Terror” Ganz offensichtlich haben die ” Neuen Machthaber” gerade Blut geleckt. We ist der Nächste ? Und der Mob schreit: ” Hängt sie höher ” Frage ? Gibt es noch ein Zurück ? P.S. Deutschland hat sich gerade durch die Wahl vom ” System IM-Erika” (Merkel) verabschiedet, auch hier versuchte man durch eine Hausdurchsuchung bei Olaf Scholz die Wahl noch zu “korrigieren”, misslang aber.
Ich kann den Argumenten von Dr.P durchaus folgen und teile dieses dumpfe Gefühl, das hier etwas Sonderbares stattfindet. Angefangen von diesen Ibiza Video, bis zur systematischen Kampagne gegen Strache bei den letzten Wien Wahlen – zufällig tauchten alle paar Tage irgendwelche skandalösen Chats auf, genau plaziert. Und nun ist es nicht anders. Man kann den Gedanken nicht wegwischen, dass da systematisch agiert und agitiert wird.
Wie war das doch gleich mit einem Herrn Olah und der Million Schillig für eine Krone?
Kennt das wirklich niemand mehr?
Olah ist eingesperrt worden !
Schlimm genug, aber so weit ich mich erinnere war war das keine Zuwendung sondern ein Sparbuch als Sicherheit für einen Bankkredit, die nicht schlagend geworden ist. Und ich glaube, es waren zwei Millionen.