Es ist ein bedrohlich erscheinender massiver NATO-Stacheldraht, den Slowenien zum Schutz vor illegaler Zuwanderung an einem Teil seiner idyllischen Grenze zu Kroatien ausgerollt hat.

Doch was auf den ersten Blick ausgesprochen abschreckend wirkt, ist es auf den zweiten überhaupt nicht. Denn alle paar hundert Meter haben Unbekannte die stacheligen Rollen durchgeschnitten und damit leicht passierbar gemacht. Und wem auch das zu anstrengend ist, kann einfach einen der kleineren Grenzübergänge in der Gegend für einen illegalen Übertritt benutzen, an denen nach Auskunft der Einheimischen praktisch nie kontrolliert wird.

Wer will, kommt weiterhin zu uns

Der slowenische Stacheldraht ist freilich die perfekte Metapher dafür, wie die EU und die meisten ihrer Mitglieder den Schutz der Grenzen vor illegaler Zuwanderung nach wie vor handhaben: Wir tun so, als ob – und es kommt weiter, wer will, woran auch die jüngsten EU-Beschlüsse in dieser Angelegenheit noch nichts ändern.

Die Folgen dieses Politikversagens, von Kriminalität, Überlastung des Sozialstaates bis hin zu grassierendem Judenhass, machen immer mehr Wähler, nicht nur in Österreich, zu Recht ziemlich unrund.

Natürlich leiden sie auch unter der hohen Inflation, der zerbröselnden medizinischen Versorgung, dem Wohnungsmangel und anderen von der Politik verursachten Problemen, aber die Massenmigration aus der muslimischen Welt und aus Teilen Afrikas wird das wohl stärkste Wahlmotiv der Bürger in den nächsten Jahren sein. Die Zuwanderung von Menschen, die hier nichts verloren haben, und die anhaltend hilflose Reaktion der politischen Eliten darauf sind der Weiße Elefant im Raum; ein Problem, das jeder sieht, das aber trotzdem nicht gelöst oder auch nur ausreichend klipp und klar adressiert wird.

Wie wird man unerwünschte Gäste los?

Ein besonders delikates Thema, das von der Politik entsprechend gerne gemieden wird, ist der Umgang mit jenen mittlerweile vielen illegal Eingereisten, deren weiterer Aufenthalt bei uns aus verschiedenen Gründen nicht gewollt ist. Salopp gesagt: Wie wird man Gäste los, die nicht erwünscht sind?

Wie verlogen der Umgang mit dieser Frage ist, zeigten jüngst die Berichterstattung und die teils unverhältnismäßigen politischen Reaktionen auf ein privates Treffen einiger mehr oder weniger rechtsextremer Akteure ohne jegliches politisches Gewicht, teils von AfD und »Identitären«, in Potsdam. Dort wurde offenbar über die sogenannte Remigration von Millionen Menschen aus Deutschland im Verlauf der nächsten Jahrzehnte fantasiert, sichtlich ohne jede Rücksichtnahme auf Grundgesetz und Menschenrechte.

Ein besonders dummer Vergleich

Nun kann man derartiges Gerede mit gutem Grund für grundrechtswidrig, inhuman oder was auch immer halten, aber ein Treffen dieser Art umgehend mit der Wannseekonferenz in einem Atemzug zu nennen, wie es etwa das WDR-Fernsehen für nötig hielt, ist schlicht und ergreifend Unfug und relativiert damit letztlich jene Konferenz, auf der die Nationalsozialisten die Logistik des Holocaust planten, der sechs Millionen Juden das Leben gekostet hat.

Zu vermuten ist leider: Nachdem die AfD in Deutschland genauso wie die FPÖ hierzulande enorm vom Versagen der etablierten Parteien profitiert, soll nun mithilfe einer besonders wuchtigen Nazikeule ein bereits diskutiertes Verbot der AfD vorbereitet werden.

Wie man die Demokratie ruiniert

Man muss kein Anhänger dieser Partei sein, um das demokratisch eher bedenklich zu finden. Eric Gujer, Chefredakteur der Neuen Zürcher Zeitung, schrieb dazu: »Nichts ruiniert das Ansehen der Demokratie so treffsicher wie ihre Verteidigung mit Mitteln, denen jedes Augenmaß fehlt. (…) Die SPD, die in Sachsen laut einer Umfrage bei drei Prozent liegt und damit an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern würde, möchte eine Partei verbieten, der knapp vierzig Prozent vorhergesagt werden. Je schriller der Verfassungsschutz vor der AfD warnt, umso mehr Anhänger findet sie.«

Doppelmoral, wie immer

Das gilt umso mehr, als hier wie so oft in diesem Zusammenhang mit zweierlei Maß gemessen wird. Denn eher wuchtige Ansichten zum Umgang mit hierzulande unerwünschten Personen aus dem Ausland haben im Laufe der Jahre Politiker unterschiedlichster Couleurs deponiert, ohne dass man sie deshalb als Nazis denunziert hätte.

»Wir müssen endlich in großem Stil abschieben«, forderte erst im vergangenen Jahr ein prominenter Politiker vom Cover des Spiegel, allerdings nicht einer der AfD, sondern Bundeskanzler Olaf Scholz von der SPD. Die »Abschiebung von Clanmitgliedern auch ohne Straftat« urgierte seine Parteigenossin und Innenministerin Nancy Faeser, was wohl so eine Art Sippenhaft sein dürfte.

Noch etwas weiter ging in diesem Zusammenhang die CDU, die in einem Papier formulierte: »Zu prüfen ist, ob Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit, die an Organisierter Kriminalität nachweisbar mitwirken, die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen werden kann.« Das ist schon ziemlich in der Nähe dessen, was offenbar von den Teilnehmern des Privattreffens in Potsdam erörtert worden ist, und zwar ohne dass im Fall der CDU irgendein Hahn danach gekräht hätte.

Staatsbürger auf Probe

Tatsächlich wird es in den kommenden Jahren notwendig sein, in dieser Frage auch unkonventionelle Wege zu gehen. Denkbar wäre zum Beispiel, die Verleihung der Staatsbürgerschaft mit einer Probezeit von fünf oder zehn Jahren zu verknüpfen, innerhalb derer sie wieder entzogen werden kann, wenn der Neubürger etwa in terroristische Akte verwickelt ist oder andere schwere Straftaten begeht.

Darüber nachzudenken ist überhaupt nicht rechtsextrem oder gar Nazi, sondern ein Weg, das weitere Vordringen des Rechtsextremismus zu bekämpfen. Oder, wie jüngst der CDU-Politiker Jens Spahn so trefflich meinte: »Entweder beendet die demokratische Mitte die illegale Migration, oder die illegale Migration beendet die demokratische Mitte.«