Bei Maßnahmen zur Schonung des Klimas denken Politiker oft an Verbote. Keine Inlandsflüge, lautet etwa eine Forderung. Warum das kaum sinnvoll ist, CO2-schonendes Fliegen aber künftig sehr wohl Realität werden kann, erläutert Günther Ofner, der Vorstandsdirektor der Flughafen Wien AG, im hochspannenden Wirtschaftstalk mit eXXpress-Herausgeberin Eva Schütz. Klar wurde dabei: Mit Innovation kommt man wesentlich weiter und findet sogar wesentlich nachhaltigere Lösungen als mit Verboten.

Wien-Schwechat soll einer der ersten CO2-neutral geführten Flughafen der Welt werden

Höchst ambitioniert sind die Pläne des Flughafens Wien-Schwechat bei der Reduzierung des CO2-Verbrauchs, wie Ofner deutlich macht. Man wolle “einer der ersten großen Flughafen der Welt sein, der seinen Betrieb CO2-neutral führt.” Dafür gebe es weit “schlauere Maßnahmen” als Gebote und Verbote. Der Flugverkehr werde nämlich nicht abnehmen, im Gegenteil: 60 Prozent des heimischen BIP liegen im Export. “Wir sind darauf angewiesen, mit der Welt vernetzt zu sein”, unterstreicht Ofner.

Auch global gesehen werden die Menschen nicht weniger, sondern mehr fliegen. Mit wachsendem Wohlstand wird die Anzahl der Flugpassagiere zunehmen. “Bis jetzt sind nicht einmal 20 Prozent der heute lebenden Menschen jemals in einem Flugzeug gesessen”, berichtet Ofner. Doch angesichts des weltweit wachsenden Wohlstands wird ihre Zahl noch erheblich steigen. Immerhin sind bereits drei Milliarden Menschen in den vergangenen Jahrzehnten aus bitterer Armut in den Mittelstand aufgestiegen. “Die Welt wird wohlhabender, und das bedeutet: Die Menschen wollen reisen.” Deshalb ist für Ofner klar: “Die Strategie ‘Fliegt weniger’, löst das Problem nicht.”

Umfrage belegt: Grün-Wähler fliegen am häufigsten, wenn auch mit schlechtem Gewissen

Manche Forderungen sind auch nicht glaubwürdig. Der Vorstandsdirektor verweist auf eine Umfrage in Deutschland, die ergab: Die Grün-Wähler fliegen am häufigsten. “Sie haben zwar Gewissensbisse, aber sie sind auch die begüterten und wohlhabenden.” Fliegen könnte aber in Zukunft auch ohne schlechtes Gewissen gehen: “Fliegen muss möglich sein, ohne dass ich die Umwelt belaste” – und dafür gebe es Wege: “CO2-neutraler Treibstoffen. Das wird die Zukunft.”

Ofner nennt im Gespräch mit Eva Schütz österreichische Unternehmen, die gerade hier Pionierarbeit leisten und schon an der Herstellung von synthetischem Kerosin arbeiten: “Das CO2 wird hier aus der Luft genommen und in synthetisches Kerosin umgewandelt. Was ich der Luft an CO2 entnehme, wird dann wieder freigesetzt. Wenn dazu noch erneuerbare Energie für diesen Prozess eingesetzt wird, ist man de facto bei null CO2.”

Flugverkehr setzt wieder ein, allerdings fehlen noch die Langstrecken

Dass die Menschen mit dem Fliegen nicht aufhören werden, zeichnet sich gerade jetzt ab: Mit dem Sommer und dem Lockdown-Ende kehrt die Sehnsucht nach Urlaub und Reisen zurück. Das schlägt sich mittlerweile im Flugverkehr nieder. Allerdings fehlt noch die Langstrecke nach Asien und in die USA, und ebenso Kongresse, Messen und große Seminare. Man sei daher erst auf 30 bis 35 Prozent des Vorkrisen-Niveaus. Ofner ist aber zuversichtlich: “2022/23 wird Normalität einkehren.”

Wichtig seien einheitliche Reisebestimmungen, die zuletzt gefehlt haben. “Die Erfahrung des Fleckerlteppichs in Europa war sehr schmerzhaft. Internationale Abstimmung ist unerlässlich. Zuletzt hat sie leider nicht funktioniert. Mit dem Grünem Pass wurde aber ein Meilenstein gesetzt.”