Wer hat, dem wird gegeben.

In der Krise immer auch die Chance erkennen zu können ist eine Gabe, die ganz wesentlich von der Größe des Geldbeutels abhängt. Wer beispielsweise genug auf der Seite hat, um in erneuerbare Energien zu investieren, der kann sich dieser Tage zum grünen Gewissen auch noch die goldene Nase verdienen.

Gab‘s vor zwei Jahren lediglich 3,2 Cent für die ins Netz eingespeiste Kilowattstunde Ökostrom, sind‘s Mitte 2022 schon atemberaubende 30,7 Cent. Ein Zuwachs um schlanke 1000%. Tendenz steigend.

Wer hat, dem wird also gegeben – besonders in Krisenzeiten.

Die Kehrseite der Medaille aber lautet, dass nicht nur Ökostrom plötzlich etwas wert ist, sondern Energie in Summe fast schon unbezahlbar wird. Einkommensschwache Familien geraten zunehmend an ihre Grenzen und da reden wir noch nicht vom Worst-Case eines russischen Gas-Stopps.

Merit Order.

Doch warum das Ganze eigentlich? Mit 75% Erneuerbaren-Anteil am Rot-Weiß-Roten Strommix sollte man doch meinen, dass wir fein raus wären. Dem bergig-regnerischen Wasserkraft-Wunderland sei Dank. Und tatsächlich hat der Verrückte im Kreml damit relativ wenig zu tun.

Das eigentliche Problem ist wie so oft hausgemacht, lautet „Merit Order“ und wird an Europas Strombörsen täglich zum Krisenturbo.

Maßgeblich für die Preisbildung sind nämlich nicht etwa die Kosten der Stromerzeugung in Summe, sondern lediglich jene, des teuersten Kraftwerks. Dementsprechend also die Gasbrenner, die nach wie vor zur Spitzenlastabdeckung notwendig sind.

Der Rest schwimmt mit, räumt ab und uns die Taschen leer. Natürlich mit einer Träne im Knopfloch und voller Verständnis für die schwierige Situation der Verbraucher (schluchtz).

Alleine im ersten Quartal konnte Wasserkraft-Riese Verbund seinen Nettogewinn um 256% auf 514,4 Millionen steigern. Einfach so.

In meinen Augen ein Skandal! Anstatt durch eine vorteilhafte Preisbildung Anreize zum Ausbau Erneuerbarer zu setzen, heizt die Merit Order buchstäblich den (Krisen-)herd an. Weg damit!

Machtlose Politik.

Einmal mehr aber scheint unsere Buffetpolitische-Kaste von realen Herausforderungen wie paralysiert zu sein. Gefangen im Teufelskreis von „genauem Beobachten“, der vermeintlichen Einsicht „nationalstaatlich eh nix ausrichten zu können“ und dem geduldigen herbeisehnen einer „gesamteuropäische Lösung“, macht man das, was man immer macht:

Politisches Klein-Kleingeld wechseln, sich gegenseitig den schwarzen Peter zuschieben und darauf hoffen, irgendwie die nächsten Wahlen zu überstehen, oder – so unverdient wie der Verbund sein Körberlgeld – sogar zu gewinnen!

Heißeste Anwärterin auf den Titel: PRW und ihre SPÖ. Kein Wunder also, dass die Bundesroten jetzt auch eine „Forderung“ nach der anderen auf den Tisch knallen: Preise auf Lebensmittel, Energie und Wohnen müssten gesenkt, Übergewinne der Konzerne abgeschöpft, die Gasversorgung gesichert und eh klar: Pensionen und Arbeitslosengeld kräftig erhöht werden.

Es würde mich nicht wundern, wenn der eine oder die andere, geplagt vom Gedanken dieses Programm tatsächlich umsetzen zu müssen, des Nächtens schweißgebadet hochschreckt.

An den richtigen Schrauben drehen.

Tatsächlich wäre es aber gar nicht so schwer an den richtigen Schrauben zu drehen. >Kurzfristig beispielsweise durch einen Energiekostenzuschuss, abgewickelt über den Lohnsteuer- bzw. Einkommenssteuerausgleich. Da braucht‘s dann keinen Postwurf um 90 Mio.

>Kurz- bis mittelfristig durch Subventionen für Strom-Gas, wie WIFO-Präsident Gabriel Felbermayr vorschlug. Das nämlich würde den Spieß umdrehen und die Merit Order als Hebel nutzen, um mit vergleichsweise geringen Kosten, den gesamten Energiemarkt zu moderieren.

>Mittel- und langfristig: Über eine Reform der Strom-Bepreisung. Weil‘s nicht sein kann, dass man mir den Super Öko-Strommix zum super Gas-Preis verkauft und Abhängigkeiten schafft, wo keine sind. Notfalls auch im nationalen Alleingang wie Ex-Kanzler Kern vorschlägt.

>Langfristig über den Ausbau der Erneuerbaren Made in Austria und die Unabhängigkeit von fossilen Energien.

Also, worauf noch Warten? Herr Nehammer? Herr Kogler? Bleiben im Winter die Wohnungen kalt wird’s eng. Dann bleiben auch Ihnen nurmehr Alkohol und Psychopharmaka (übrigens: ein unterirdischer Vergleich).