Eigentlich wäre diese Woche ja das Sommergespräch mit Bundeskanzler Nehammer fix gesetzt gewesen. Aber was soll ich sagen, es geht sich nicht aus. Zumindest heute nicht. Überhaupt fühle ich mich beim Auswählen des Themas oft an die legendäre Simpson-Folge „Homer und der Revolver“ erinnert.

Nachdem sich Neu-Waffennarr Homer das Schießeisen seines Herzens zugelegt hat, muss der Arme noch eine ganze Woche Wartefrist einhalten, bevor es endlich ans Ballern geht.

Zur Untätigkeit verdammt, sitzt er auf einem Klappstuhl im Vorgarten, während ein lohnendes Ziel nach dem anderen an ihm vorüberzieht. Enten, Hasen, seine verhassten Schwägerinnen und eh klar, „Lieblingsnachbar“ Flanders im Streber-Pullover. Dazu Tom Petty and the Heartbreakers mit „Waiting is the hardest Part”. Mir gehts fast genauso. Das harte Los der Kolumnistin. Sogar im Sommerloch.

Freiheitliche Videoschmiede

Was nämlich gar nicht geht, ist das neue Video der freiheitlichen Jugend anzuschauen und nix dazu zu sagen. Sorry Karl! Ich check‘s einfach nicht wer sowas freigibt? Müsste ich Kickl und Co. eine Strategie empfehlen, würde ich sagen: Bitte einfach nichts angreifen!

Bessere Wahlhelfer als Türkis-Grün, mit Schützenhilfe von Oppositionsführer Andreas – 100km/h und a woame Mahlzeit – Babler, kann man sich doch gar nicht wünschen, oder?

Noch immer 7% Inflation – weit über dem Schnitt der Eurozone. Dazu ein Showpreisdeckel pardon „Mietpreisdeckel“, der selbst von wohlwollenden Kommentatoren als wirkungsloses Placebo zerrissen wird. Ein Stromkostenergänzungszuschuss für Mehrpersonenhaushalte, den wieder viele nicht abrufen können – weil an die Stromzähler gebunden. Energiepreisabzocke, Zinswucher und jetzt auch noch schwarz auf weiß: Ein Wirtschaftseinbruch – fast viermal so hoch wie prognostiziert. Oder anders formuliert: Die Regierung arbeitet scheinbar daran Österreich bis 2040 nicht nur CO2-neutral, sondern auch BIP-neutral zu machen.

Heißt für die Freiheitlichen eigentlich: Zurücklehnen und sich wundern, wie der eigene Balken von Sonntagsfrage zu Sonntagsfrage in die Höhe wächst.

Etwas zu tun befiehlt die Eitelkeit

Doch ruhig sitzen ist schwierig. Das hatten wir oben schon. Nicht umsonst heißt‘s auch bei STS: “Noch was zu tun befiehlt die Eitelkeit.“ Also, haben sie sich gedacht, drehen wir ein kleines Video. Zeigen wir den Leuten, wer wir sind, wie wir sind und was wir so vorhaben.

Ein Video im Stile längst vergangener Zeiten. Schwarz gekleidet, schneidig frisiert, die abendliche Flur durchwandernd, so ist sie, die freiheitliche Jugend. Das selbsternannte „Bindeglied zwischen der großen Vergangenheit und der ebenso großen Zukunft unseres Volkes“. Martialisch erleuchtet strahlen die Gesichter im Lichte des Fackelmarsches und bilden sich die Geister beim Lesen alter Frakturschriften „Gegen den Liberalismus“.

Detailliert wird kritisiert, von „Kriminalität und Massenmigration“, über „Vereinzelung und Egoismus“, bis hin zu „Islamisierung und Bevölkerungsaustausch“. Wenn die herrschende Politik Europas dafür sorgt, dass „wir keine Zukunft mehr haben“, wollen sie drauf schauen, nicht zu verzweifeln – und auf den „Hitlerbalkon“.

Das Video, produziert im Überschwang des Siegestaumels, ein Jahr vor der Wahl. Nein, sie wollen sich nicht länger verstecken, wollen endlich zeigen wer sie sind und nicht mehr länger von „Linken die Themen vorgeben lassen“, sondern endlich „bestimmen und ihre Vision einer besseren Zukunft formen“. Bei der freiheitlichen Jugend scheinen Korken und Sicherungen gleichermaßen zu knallen.

Gemäßigte Mitte

Was sie nämlich vergessen, oder ignorieren: Knapp 30% Zustimmung in aktuellen Umfragen kommen nicht von einem Häufchen Ultrarechter, die sich daran aufgeilen einen Balkon anzugaffen, von dem aus ein Massenmörder die Auslöschung unseres Staates, unserer Heimat verkündete.

Nein, 30% Zustimmung liefern Menschen, die es satt haben einer Parteipolitik ausgeliefert zu sein, die nur auf „ihre Leute“ schaut und restlos unfähig zur Problemlösung scheint. Eine Politik, die zudem vergessen hat, wem sie verantwortlich ist und was Selbstkontrolle und Selbstbeschränkung bedeuten könnten. Stichwort Postenschacher.

Kurioserweise gelingt es der FPÖ – obwohl selbst nicht frei von diesen Dingen – sich am Ende des Tages immer wieder erfolgreich als einzige echte Alternative zum „System“ zu präsentieren.

Einmal an der Macht dauerte es dann aber nicht lange, bis das Kartenhaus wieder zusammenkrachte: Innsbruck 1986 – Knittelfeld 2002 – Ibiza 2019. Die freiheitliche Jugend kanns scheinbar gar nicht mehr erwarten, bis es wieder so weit ist. Denn auch wenn Obmann Kickl das Machwerk seiner Jugend „Großartig“ findet – tun hunderttausende gemäßigte Wähler das mit Sicherheit nicht.