Sebastian Kurz rechnet mit einer Anklage, nicht aber mit einer Verurteilung. Die mutmaßliche Falschaussage vor dem Untersuchungsausschuss betreffend, habe er „ein reines Gewissen“. Zudem hätten zahlreiche Gespräche mit „Juristen und Universitätsprofessoren“ gezeigt, dass an der Sache nichts dran sei – so der Kanzler. Ob das am Ende jedoch reichen wird, um einer möglichen Haftstrafe von bis zu drei Jahren zu entgehen, bleibt abzuwarten.

Für Österreich wäre der Wechsel eines amtierenden Regierungschefs vom Kreisky-Zimmer ins Haftzimmer jedoch ein Novum. Eines, dass sogar Ibiza um tausende Kilometer hinter sich lassen würde. Hallo Karibik. Hallo Bananenrepublik.
Bis dahin aber gilt für Kurz das, was für alle gilt: Die Unschuldsvermutung. Ganz einfach.
Dass man es in der Opposition dabei aber nicht belassen will, ist vor allem aus machtpolitischem Kalkül heraus nachvollziehbar. Ein Verfahren nämlich, könnte sich über viele Monate oder auch Jahre hinziehen, das Urteil innenpolitisch an Relevanz verlieren. Der Skandal abebben.
Zudem würde, wie Pamela Rendi-Wagner erklärt, die Staatsanwaltschaft nur dann Anklage erheben, wenn sie von einem Schuldspruch überzeugt sei. No-Na.
Nicht erst im Falle einer Verurteilung sei daher die rote Linie zu ziehen, sondern schon bei Anklageerhebung und Kurz spätestens dann rücktrittsreif – so die SP-Chefin.

Kanzler im Eck, SP kämpft mit sich selbst

Zweifellos hängt der Kanzler nun erstmals in den Seilen. Wer in Rendis Ansage aber die starke links-links-Kombination erkennen will, die ihn dort hält, der irrt. Mehr als dem übermächtigen türkisen Gegner, der bisher ganz gut damit fährt die Opposition zu ignorieren, galt diese nämlich ihren Kritikern im roten-Eck.
Sie mache, so Rendi im Kurier am Sonntag, nämlich keinen Unterschied, ob es dabei um sie selbst, Kurz oder auch um Parteifreund Landeshauptmann Hans Peter Doskozil ginge. Upps, wie passend.
Im Unterschied zur Parteichefin ist dieser nämlich nicht nur politisch erfolgreich und ein scharfer Kritiker der schlingernden Bundespartei, sondern – und hier wird’s interessant – selbst mit Ermittlungen der WKStA konfrontiert.

Dass Doskozils Fall „anders gelagert“ sei, wie dieser nicht müde wird zu betonen, überhört man in der Löwelstraße dabei gerne. Die Gesprächsbasis zum (fast) letzten erfolgreichen Sozialdemokraten scheint endgültig zerstört, Rendi und ihren Getreuen jedes Mittel recht, um sich des Kritikers zu entledigen.

Falter sucht den starken Mann

Am Ende wird aber selbst das aggressive Denunzieren der letzten erfolgreichen Kräfte innerhalb der SP, Rendi-Wagner nicht retten können. Längst von der Hoffnungsträgerin zur Lame-Duck mutiert, ist das selbst den treuesten Unterstützerinnen und Unterstützern klar. Oder um es mit den Worten von Falter-Chefredakteur Klenk zu sagen: „Die SPÖ wird Ihm (Anm.: Kurz) einen starken Gegner ins Rennen schicken müssen, wenn sie eine Mehrheit abseits Türkis-Blau erreichen will. Rendi-Wagner ist Sebastian Kurz nicht gewachsen.“

Mit nur 26 Jahren zieht Daniela Holzinger-Vogtenhuber erstmals in den Nationalrat ein. Bald als SPÖ-Rebellin bekannt, stellte sie sich mehrfach gegen den Klubzwang und trat letztlich erfolgreich für die Stärkung parlamentarischer Kontrollrechte ein. 2017 bricht sie endgültig mit ihrer ehemaligen Partei, kann ihr Mandat bei den vorgezogenen Neuwahlen jedoch behaupten. Diesmal parteiunabhängig über ein Ticket der Liste JETZT, wo sie zur „fleißigsten“ weiblichen Abgeordneten des Parlaments avancierte. Heute ist Holzinger-Vogtenhuber Seniorpartnerin einer Agentur für Politikberatung und leidenschaftliche eXXpress-Kolumnistin.