Pro EU

Gleich mal eines vorweg und nur damit kein falscher Eindruck entsteht: Ich finde unsere Europäische Union großartig. Denn wer sich nur ein kleines bisschen mit der Geschichte des Kontinents und der europäischen Einigung auseinandersetzt, der muss ganz einfach zu dem Schluss kommen, dass sie das Beste war und ist, was uns passieren konnte. Gerade in diesen Tagen, die uns erneut vor Augen führen was es bedeutet Teil eines „Friedensprojektes“ aber auch Teil einer starken Wirtschaftsgemeinschaft zu sein.

Aber natürlich gibt’s auch Fehlentwicklungen und berechtigte Kritik, die ernst genommen werden müssen – auch, ja vielleicht sogar besonders dann, wenn‘s um die vermeintlich kleinen Dinge des Alltags geht.

In der Plastikflut

Ein super Beispiel dafür: die EU-Richtlinie 2019/904 zur Bekämpfung der Wegwerf-Plastikflut. Alles super und toll, weil wenn unsere Meere im Müll versinken, dann muss man irgendwann anfangen dagegen etwas zu tun.

Beispielsweise durch ein Verbot von Kunststoff-Wattestäbchen – weil man die super durch Karton-Stäbchen ersetzen kann.

So wie auch das Einwegplastik-„Geschirr“. Als ich noch Fleisch aß, hab ich‘s immer gehasst wenn‘s das Kotelett mit Dosensalat auf so wabbeligen Plastiktellern gab. Meist auch noch mit gefährlich splitternden Kunststoffgabeln und -messern dazu, die sowieso keiner echten Flachsen gewachsen waren. Standard auf jedem Zeltfest – bis zum Verbot im letzten Jahr.

Vom Bananenblatt

Jetzt wird abgewaschen oder nachhaltig auf und mit kompostierbarem Bio-Kunststoff, Holz, Bananenblättern, Papier udgl. gespeist. Im direkten Zweikampf geht die Flachsen zwar auch da oft als Sieger vom Feld, aber was soll‘s, zumindest ist‘s nicht schlechter geworden.

Im Gegensatz übrigens zum Plastik-Strohhalm. Auch der ist seit 3. Juli 2021 hierzulande tabu und meist durch vermeintlich nachhaltige Pappe-Röhrchen substituiert. Die wahrscheinlich mieseste Entscheidung.

Wer Kinder hat, der weiß, wie lange man so einen Fruchtsaft im Trinkpäckchen genießen kann. Jedenfalls deutlich länger als die „Evolution des Strohhalms“ hält. Spätestens nach 5 Minuten hat dieser nämlich annähernd so viel Saft aufgesogen wie der Filius und sich gänzlich von seiner Geometrie verabschiedet. Statt einem strammen Röhrchen hängt jetzt ein, meist schon zur Unförmigkeit zerkautes, Stück Pappendeckel unmotiviert im Trinkpäckchen.

Und das ist nicht nur ungustiös, sondern ganz einfach sinnlos, weil‘s das ehemalige „Röhrchen“ beim Trinken dann auch noch zusammenzieht und nix mehr ankommt. Was folgt liegt auf der Hand: „Maaaamaaaa, einen neuen Saft!“

Wie vorausschauend von mir, dass ich noch ein paar gute alte Plastikstrohhalme wie Schätze horte, die uns dann retten. Weil hygienisch und robust. UND: aus Polypropylen auch noch wunderbar recycelbar.

100 bunte Trinkhalme

Ich kapier‘s nicht, warum man die „abgeschafft“ hat. Ich meine, schaut man sich das Trinkpäckchen als solches an, ist‘s schon absurd: Der Karton wiegt in meinem Fall hier 12g, ist mit Kunststoff und Aluminiumfolie beschichtet. Darauf aufgeklebt eine kleine Plastik-Tüte, die endlich den weltrettenden Pappe-Halm enthält. Sein Gewicht: unter 1 Gramm. Kunststoff-Einsparung also keine 7%. Und noch weniger, wenn man bedenkt, dass der Plastik-Strohhalm leichter als die Pappe ist und das 6er-Pack Trinkkartons praktischerweise nochmals extra in Plastikfolie verschweißt daherkommt.

Warum also gerade an dem Teil „sparen“, dessen Aufgabe es ist die physische Verbindung von Packungsinhalt zu Trinkgenuss herzustellen?

Das ist ungefähr so, als würde man bei den Autos die Reifen wegen des schädlichen Gummiabriebs durch – lasst uns progressiv bleiben – Holz ersetzen. Denn Holz wächst wieder nach! Fahrspaß und v.a. Sicherheit aber leiden. Enorm.

Nein, so geht das nicht, ich will meinen Plastik-Strohhalm zurück! Bittesehr.

PS: „100 bunte Trinkhalme“ (die von früher) sind auf Amazon gerade „Bestseller“. Kein Wunder!