Mit Grausen erinnert sich da manch einer noch an den Knittelfelder Pöbelaufstand – heute würde man wohl „Tea-Party“ sagen – als vor fast 20 Jahren ein „einfaches Mitglied“ Partei und Regierung in die Luft jagte. Aber nicht nur für Jörg Haider war die Bühne des roten Murtaler Kleinstädtchens ein prägender Moment seiner, im Niedergang befindlichen, Karriere. Auch HC Strache, damals noch ausgewiesener Haider-Fanboy und aufstrebender Wiener Gemeinderat, sollte die verhängnisvolle Delegiertenversammlung als eine Art Erweckungsmoment in seine politische Legende schreiben. Er selbst hätte diesen Prozess der Reinigung initiiert, wird Strache Jahre nach Haiders Tod behaupten, um „mit einer Funktionärsschicht abzurechnen, die den Verlockungen der Macht erlegen sei, sich von freiheitlichen Grundsätzen verabschiedet und schamlos bereichert habe.“
Nach Ibiza und Spesenskandal wohl der Treppenwitz des Jahrhunderts.

Erfolglose Doppelspitze

Tatsächlich aber zeigen sich in der aktuellen freiheitlichen Krise viele Parallelen zu damals. Die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Neustart sind jedoch denkbar schlechter. So fehlt beispielsweise eine klare Trennung der „Streitparteien“.

Bis auf Strache, Gudenus und einige eher unbedeutende Figuren, der dritten und vierten Reihe (DAÖ), hat niemand die Partei verlassen. An den Schaltstellen werkt das alte Strache-Kader, dem es wohl nicht gelingen wird, sich von jeder Mitwisserschaft freizusprechen – nicht von Ibiza und nicht vom Luxusleben des Ex-Chefs auf Kosten der eigenen Partei.

Mittel- und langfristig gesehen, dürfte sich jedoch die Doppelspitze Hofer – Kickl zum wirklichen Problem entwickeln. Denn waren beide als rechte und rechts-rechte Hand Straches bestens geeignet, um die jeweiligen Flügel der Partei zu bedienen, zeigt sich ohne überbrückendes Element wie weit auseinander der Wolf und sein Schafspelz liegen.
Hält man sich da vor Augen, dass aktuell sogar „Auffassungsunterschiede“ zum Maskentragen im eigenen Parlamentsklub genügen, um die Führungsdebatte auf offener Bühne eskalieren zu lassen, dann hat man einen ungefähren Eindruck davon, wie es um die Freiheitliche Partei bestellt ist.

Straches Avancen

Kein Wunder also, dass der Ex-Chef seine Chance wittert, um möglicherweise als lachender Dritter an die Spitze der Partei zurückzukehren. Zumal sich Strache durch einige Passagen des, nun Großteils veröffentlichten, „Ibiza-Videos“ als mehr oder minder entlastet sieht.

Klubobmann Herbert Kickl – zuletzt Adressat von Straches Avancen – wies dessen „ausgestreckte Hand“ zwar noch zurück, ließ aber auch versöhnliche Töne und Verständnis für die „persönliche Situation“ seines ehemaligen Weggefährten anklingen. Als Stratege ist Kickl nämlich durchaus bewusst, dass mit jeder Wahlniederlage die Stimmen derer, die eine Rückkehr fordern lauter werden. Auf Dauer sind dem blauen Funktionär an der Basis die Erfolge, deren Garant Strache über 14 Jahre hindurch war, nämlich mit Sicherheit wichtiger als eine überzogene Spesenrechnung.

Mit Blick etwa auf die heurigen Wahlen zum OÖ Landtag, kann man es also durchaus mit Wilhelm Busch halten und Max & Moritz warnen: „wehe, wehe, wehe! Wenn ich auf das Ende sehe!!“