Der italienische Vizepremier und Verkehrsminister Matteo Salvini betrachtet die massive Migrationswelle in Richtung Lampedusa als “Kriegsakt” gegen Italien. “Wenn 120 Boote zur gleichen Zeit auf Lampedusa ankommen, ist dies kein einzelner Vorfall, sondern ein Kriegsakt. Das führt nicht nur Lampedusa, sondern die gesamte italienische Gesellschaft zum Zusammenbruch”, so Salvini im Gespräch mit ausländischen Journalisten am Mittwoch.

“Ich bin davon überzeugt, dass hinter diesem Exodus eine Regie steckt. Wir werden innerhalb der italienischen Regierung darüber diskutieren, aber wir dürfen nicht Zeuge weiterer ähnlicher Szenen werden”, sagte Salvini, Chef der rechten Regierungspartei Lega. Die Regierung werde “keine Art der Intervention ausschließen”, um den Migrationsstrom zu stoppen. “Wenn man allein gelassen wird, kann man nicht anders handeln”, erklärte Salvini.

Spricht von einem Kriegsakt: Italiens Vizepremier Matteo Salvini

Deutschland kehrt Italien den Rücken

“Ich glaube, dass hinter den Landungen ein organisiertes kriminelles System steht, auf das wir mit allen verfügbaren Mitteln reagieren werden. Kein Mittel ist ausgeschlossen. Ich habe meine eigenen Ideen und operativen Vorschläge, aber wir handeln als kollegiale Regierung”, so Salvini. Die italienischen Geheimdienste seien im Einsatz, um die Regie hinter den massiven Migrationsströmen in Richtung Italien zu prüfen. Die Anlandungen seien “das Emblem eines Europas, das nicht da ist, abgelenkt und mitschuldig ist und Italien im Stich lässt”.

Premierministerin Giorgia Meloni habe alle diplomatischen Wege beschritten, um für Italien Hilfe zu bekommen. “Sie hat alle diplomatischen Wege versucht, aber wenn die Anlandungen in diesem Tempo weitergehen und wenn Frankreich und Deutschland uns den Rücken kehren, dann müssen wir selbst handeln”, so Salvini.

Deutschland hat die freiwillige Migrantenaufnahme aus Italien ausgesetzt. Wie “Die Welt” aus Kreisen der deutschen Innenbehörden erfuhr, wurden die Auswahlprozesse für in Italien ankommende Asylsuchende im Rahmen des “freiwilligen Solidaritätsmechanismus” eingestellt und dieser Schritt Rom in einem Brief mitgeteilt. Hintergrund der Aussetzung sei die anhaltende Weigerung Italiens, sogenannte Dublin-Überstellungen aus Deutschland zu ermöglichen.

Bürgermeiste fordert Hilfe der Armee

Georgia Meloni erklärte in einem TV-Interview am Mittwochabend, sie sei über diesen Schritt nicht verwundert. “Ich hatte damit gerechnet, denn wir haben unseren EU-Partnern schon vor einiger Zeit gesagt, dass wir die sogenannten Dublin-Überstellungen nicht mehr automatisch zurücknehmen können, weil unsere Hotspots voll sind”, so die Ministerpräsidentin.

Derzeit befinden sich Tausende Migranten im Hotspot von Lampedusa. Bei der Verteilung von Lebensmitteln kam es am Mittwochabend zu chaotischen Zuständen. Der Bürgermeister von Lampedusa, Filippo Mannino, forderte die sofortige Verlegung der Migranten nach Sizilien und aufs italienische Festland. Er forderte den Einsatz von Marineschiffen, die Migrantenboote vor der Küste Lampedusas aufgreifen sollen, bevor sie die Insel erreichen können.

Die italienische Küstenwache ist von den mehr als 120 gleichzeitig ankommenden Boote überfordert