Insgesamt 46 Länder haben bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft eine Medaille geholt. Im Medaillenspiegel finden sich etwa Grenada, Barbados oder die Britischen Jungferninseln wieder. Doch eine Nation fehlt. Nämlich Deutschland! Die deutsche Leichtathletik-Delegation reiste mit null Medaillen nach Hause. Das hat es in der Geschichte zuvor noch nie gegeben.

Der deutsche Leichtathletik-Sport ist damit endgültig am Tiefpunkt angelangt. Dementsprechend hart gingen die deutschen Medien mit den eigenen Athleten ins Gericht. So schrieb die “Bild” von einer “WM der Schande”. In einem Kommentar der “Sportschau” hieß es etwa: “Scheinriese Deutschland läuft der Weltspitze hinterher.” Das Sportportal “Spox” bezeichnete die Leichtathletik-WM aus deutscher Sicht als “Trauerspiel”.

Tiefpunkt ein Jahr vor Paris

Das historisch schlechteste Ergebnis kommt für Deutschland auch zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Schon in einem Jahr finden in Paris die Olympischen Sommerspiele 2024 statt. Am ehesten griff noch Julian Weber an einer Medaille. Der Speerwurf-Europameister musste sich am Ende allerdings nur mit Platz vier begnügen – wie schon bei den letzten Olympischen Spielen und der WM im vergangenen Jahr.

Die Krise des deutschen Leichtathletik-Sports spitzte sich bei der diesjährigen WM in Budapest zu. Die meisten Athleten konnten mit der Weltspitze nicht mithalten. Jörg Bügner betonte dabei: “Wir müssen uns noch mal mehr anstrengen.” Der neue Sportdirektor skizzierte dabei mögliche Lösungsansätze: “Wir brauchen hochtalentierte Athletinnen und Athleten, die auf dem Zenit ihres Könnens sind. Wir brauchen hoch qualifizierte Trainer mit reichhaltiger Erfahrung. Und wir brauchen optimale Rahmenbedingungen.”

Enorme Bürokratie im deutschen Sportsystem

Bei der Leichtathletik-WM 2022 holte das deutsche Team (immerhin) noch zwei Medaillen. Allerdings wurden schon damals Reformen angestoßen. Doch das sei laut Bügner ein Langzeit-Projekt. Zudem beklagt man die “enorme Bürokratie” im deutschen Sportsystem. Der Sportdirektor bat die Fans darüber hinaus um Geduld. Reformen würden in einem so komplexen System Zeit brauchen, betonte Bügner. Wir nehmen tiefe Einschnitte ins System vor, die erst nach einer gewissen Wirkzeit greifen können,” hieß es nach dem Debakel bei der Leichtathletik-WM in Budapest.

Doch Zeit ist genau das, was das deutsche Leichtathletik-Team nicht hat, zumal wie schon vorhin erwähnt bereits in einem Jahr die Olympischen Spiele in Paris auf dem Programm stehen. Ein Lichtblick war die U20-EM in Jerusalem, wo Deutschland ganz oben an der Spitze stand. Doch an der Spitze sieht die Situation anders aus.