
Der grüne Sündenfall: Die ganze Anklage gegen Chorherr
Der grüne Korruptionsskandal: Ex-Parteichef Christoph Chorherr (60) sowie millionenschwere Bauunternehmer sind im Afrika-Spenden-Krimi nun angeklagt. Der eXXpress bringt die ganze Anklageschrift – die Zahlungen, die Zeugen, die politische Brisanz.
Auf 47 Seiten beschreiben die Ermittler der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ein System aus Spendengebern und Spendennehmern, ein System aus millionenschweren Immobilienentwicklern und Investmentbankern, aus Lobbyisten – und einem Wiener Politiker: Die Anklageschrift liest sich wie ein Krimi.
Die wichtigsten Punkte der WKStA-Anklage gegen den jetzigen Bäckerei-Unternehmer und Ex-Politiker Christoph Chorherr (60):
Die Zahlungen: An den Verein s2Arch (Kto 2834727xxxx) wurden ab dem Jahr 2011 gewaltige Summen überwiesen (siehe Screenshot). Mit den Eingängen von 25.000, 50.000 oder sogar 300.000 € kam der kleine Wiener Charity-Verein auf Einkünfte von weit über eine Million Euro. Es geht also bei dem kommenden Korruptions-Prozess sicher nicht um kleine Beträge.
Keine Anklagen gegen Wiener Beamte
Die Beschuldigten: Die Anklage nennt nicht nur Christoph Chorherr, sondern sie führt auch prominente Bauunternehmer als Beschuldigte. Darunter: Der Milliardär Michael Tojner, vielen Lesern durch sein umstrittenes Heumarkt-Projekt in Wien bekannt. Ebenso der grün-nahe Wiener Top-Immobilinentwickler Günter Kerbler, der vor Jahren auch an der Wochenzeitung “Falter” beteiligt war. Unter den Beschuldigten finden sich auch die Namen des Bau-Tycoons Erwin Soravia sowie von dessen Branchenkollegen und Kaufhof-Boss Rene Benko. Was im Schriftsatz der WKStA auffällt: Gegen alle anfangs tatverdächtigen Beamten der Stadt Wien wird nicht Anklage erhoben.
Grüne Ex-Vizebürgermeisterin als Zeugin
Die Zeugen der Anklage: Die WKStA nennt als Zeugen für die Vorwürfe die NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger – sie soll vermutlich über ein irritierendes Angebot von Michael Tojner beim Prozess aussagen. Auch Zeugin der WKStA: Die frühere grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou. Ihr Auftritt – unter Wahrheitspflicht – beim Korruptionsprozess wird besonders spannend: Sie könnte vermutlich viel über die Hintergründe zum bekannten und umstrittenen Heumarkt-Projekt sowie auch zu den Vorgängen rund um den Umbau der Mariahilfer Straße und auch über Genehmigungsverfahren für Großbau-Projekte wissen.
Ebenfalls als Zeugin vorgeladen: Daniela Enzi, die langjährige Mitarbeiterin von Michael Tojner und Lebensgefährtin eines “Falter”-Redakteurs. Sie wird vor Gericht vermutlich den genauen Inhalt einiger aufgetauchter Textnachrichten über Chorherrs Verein erklären müssen. Auch der Wiener Unternehmer Peter Schaider, der stets klar gegen das “System Chorherr” auftrat, wird als Zeuge geladen.
Und auch eXXpress-Chefredakteur Richard Schmitt wird im Zeugenstand befragt: Schmitt recherchiert bereits seit 2017 umfassend zu den Vorgängen der Afrika-Spenden und sagte auch bereits beim Bundesamt für Korruptionsbekämpfung in diesem Fall aus. Der eXXpress-Chefredakteur hat auch zahlreiche Aufzeichnungen zum Widmungs-Thema für das Heumarkt-Projekt und zur Neugestaltung der Mariahilfer Straße. Schmitt schrieb schon 2019 über die Spenderliste und über weitere zahlreiche Indizien in diesem Politkrimi.
Kann eine Grüne weiterhin Justizministerin sein, wenn gegen einen Ex-Parteifreund ein Korruptionsprozess läuft?
Die politische Brisanz: Für Österreichs Grüne ist diese Anklage eine Image-Katastrophe – das Thema “Anstand” wird, auch wenn die Unschuldsvermutung gilt, kaum noch zu plakatieren sein. Auch die Involvierung der früheren grünen Wiener Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou in viele Projekt-Entscheidungen könnte die Partei vielleicht langfristig belasten.
Außerdem halten viele Juristen einen Verbleib von Alma Zadic (Grüne) als Justizministerin nun für unmöglich: Eine Grüne, die gegenüber der WKStA weisungsberechtigt ist, müsste nun sofort ihr Amt ruhend legen, wenn nun gegen einen früheren Parteifreund Anklage erhoben wird und dieser demnächst vor Gericht steht. Alleine die Möglichkeit eines Anscheins der Parteinahme muss vermieden werden, damit das Ansehen der Justiz keinen Schaden nimmt. Vizekanzler Werner Kogler müsste als Parteichef nun unverzüglich eine Regierungsumbildung vorschlagen.
Kommentare
Was soll Zadic mit Chorherr zu tun haben? Sie arbeitet in der Bundesregierung. Ist sie da noch für die Kontrolle eines Wiener Stadtpolitikers zuständig, der in dem Jahr zurückgetreten ist, als sie Justizministerin wurde?
Da die Ministerin gegenüber der Staatsanwaltschaft Weisungsrecht hat, ist sie sehr wohl für die Fortführung der Untersuchungen und Prozessverfolgung verantwortlich.
Hat der Express jetzt auch schon gute Kontakte zur WKStA? Oder kommt das alles „aus Anwaltskreisen“? Meines Wissens nach bekommen Zeugen nicht die Anklageschrift zugeschickt.
Sie werden enttäuscht sein: Die Anklage stammt tatsächlich aus Anwaltskreisen – mit den besten Grüßen aus der Chefredaktion.
… und dem haben wie die Fahrradwege auch noch zu verdanken!
Eines fällt schon auf!!!! Lange wurde umhergetüftelt, ob Anklage oder nicht. Absicht?, damit sich die Beschuldigten und Zeugen zeitgerecht einiges zu rechtlegen oder vertuschen konnten? Warum hat man nicht wie bei Kurz vor Jahren nicht gleich eine Hausdurchsuchung mit Handybeschlagnahme durchgeführt.
Wenn es eine solche gegeben hätte, denkst du, diese Sau wäre durchs Pressedorf getrieben worden? Welche Klientel hat denn die Medienredaktionen unterwandert (Ausnahmen wie exxpress bestätigen die Regel)?
Zadic sollte sich vorübergehend vom Amt zurückziehen resp. dazu aufgefordert werden, da sie offenbar nicht selbst auf die Idee kommt. Aber wegen der 1683er-Sache.
Jedenfalls für mich schaut das mit Chorherr korrekt aus.
Es war halt ungewohnt diskret. Wenn das jemand von FPÖ oder ÖVP wäre, dann hätte es mindestens monatlich PR-Aussendungen mit Akten vom Falter gegeben.
Diese Causa finde ich spannend. Da gibt es S2arch, Ithuba school, Ithuba skill college und Ithuba capital AG.
Einfach Flugticket kaufen und in SA nach schauen wo und was wirklich gebaut wurde.
Kleines Detail Ithuba bedeutet in Zulu Hoffnung.
Ich erlebte den Vater von Chorherr als Uniprofessor – ein toller Mensch.
Gut, dass er diese Schande nicht mehr miterleben muss.
Sehr erfrischend finde ich die Tatsache, dass Exxpress alle Beteiligten mit vollständigem Namen nennt. Ist ja eher ungewöhnlich, obwohl der Steuerzahler grundsätzlich ein Recht darauf haben sollte, v. A. wenn es um von ihm bezahlte Politiker geht. Danke!
Danke Exxpress, das ist Qualitätsjournalismus
Wo sind die Chats ??!!!
S.W.
Die werden genauso gelöscht, wie ALLES , was ich schreibe. Löscht doch gleich meinen Account, dann spar ich mir das Getippe! Und ihr sudert über den Falter? Mit der ewigen Zensur seid ihr kein Stück besser!
zadic und chorherr waren nie parteifreunde. sie schreiben unsinn
Gerhard, wer spricht von inniger Freundschaft? Aber ich engagiere mich nicht in einem Club, in dem Dinge passieren, die ich angeblich verachte und die ich zumindest jahrelang gebilligt habe . Und das noch als Justizministerin. Somit ist die Kritik durchaus berechtigt
Sondern? Beide sind/waren Grüne.
Im Juli 2019 trat Zadic den Grünen bei.
Chorherr trat im September 2019, nachdem das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung aufgrund einer anonymen Anzeige Ermittlungen gegen ihn aufgenommen hatte, aus der Partei aus.
Quelle: wikipedia
Das hat ja eine urgewaltige Dimension, was da alles passiert ist. So umfangreich hatte ich mir das nicht vorgestellt.
Interessant finde ich, dass man da auf zahlreiche bereits bekannte Familiennamen stößt. Da sind manche Familienclans recht gut vertreten.
Wie heißt es doch im volksmund: irgendwann kommt alles zurück!
Mein Verdacht hat sich bestätigt, rote Politiker werden nicht geklagt. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ein Ludwig, einst Wohnbaustadtrat, da nicht involviert war …
“halten viele Juristen einen Verbleib von Alma Zadic (Grüne) als Justizministerin nun für unmöglich”
Wer sind “viele”…? Irgendwie scheint das immer eher der Feder vom Richie zu entspringen, der sich fast schon obligatorisch bei jedem Justizartikel den Rücktritt von Zadic wünscht wie ein kleines Kind (da würde ohne diese völlig weltfremde Forderung auch fast schon was fehlen). Zudem ironischerweise grade die Anklage gegen C. jetzt hier das Gegenteil von mancher hier verbreiteter These belegt; nämlich, dass sehr wohl auch gehen “Linke” ermittelt wird…
Wenn etwas erstmals überhaupt oder seit Ewigkeiten passiert, wird dadurch gar nichts widerlegt, sondern ein zarter Schritt in Richtung Normalität gesetzt – ganz unironischerweise.
@Donnie.
Ja, mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass die Grünen vergleichsweise erst seit einer lapidaren Zeitspanne überhaupt erst politisch relevant genug sind, um was zu drehen. Allzu viel gab’s da alleine machtpolitisch gar ned erst aufzudecken, wodurch die Sache erst recht ironisch verbleibt. Vergleichen’s das mal mit den Jahrzehnten, wo die ÖVP an der Macht war – und noch immer ist – und auch den Justizminister gestellt hat, wo in vielen Fällen genau “nix” passiert ist…. Dann red ma weiter…, gut?
Super recherchiert, wenn es den eXXpress nicht geben würde, man müsste ihn erfinden 🙂
Es gibt keinen Anstand, der Grün wählt. Aber es gibt zu viele Gehirngewaschene, welche dies tun 😉
PS: Korruption kennt keine Farbe, keine Partei und hat keine bevorzugte Ideologie.
Ja, der japanische Wirtschaftsphilosoph und Gründer von Panasonic Konosuke Matsushita sagt, dass pro 80 Leuten ein Schwarzes Schaf dabei ist. Er sagt übrigens auch, dass es nichts bringt, das zu entfernen, weil dann kommt ein neues. Es hat auch den Vorteil, dass man es bereits kennt. Das scheint quasi ein Naturgesetz zu sein.
Es ist aber halt schon ungewöhnlich, dass aus einer Partei, die sich als so besonders anständig darstellt, sozusagen schon bei der ersten Gelegenheit mit bedeutenderen Ämtern zugegriffen wird.