1982, also vor 41 Jahren, stellte nur die SPÖ sämtliche Minister der Bundesregierung Bruno Kreisky IV, auch den Außenminister und den Innenminister. In diesem Jahr soll Jeffrey Epstein, der damals erst 29 Jahre alt war, einen echten österreichischen Reisepass erhalten haben – nur das Innenministerium, im Jahr 1982 unter der Führung von Minister Erwin Lanc (SPÖ), hätte dies wohl durchführen können.

Das damals ausgestellte Dokument wurde 2019 bei einer Hausdurchsuchung in seinem Penthouse in New York gefunden – neben Tausenden Kinderpornos. Im noch grünen österreichischen Reisepass ist zwar Jeffrey Epsteins Passbild zu sehen, aber ein anderer Name.

Epsteins Anwalt sagte vor vier Jahren, dass der 66-jährige Milliardär den Pass in den 1980er-Jahren nur für den Fall hatte, bei einer Flugzeugentführung als Geisel genommen zu werden. Die Gefahr dafür sei damals Jahren bei Flügen in den Mittleren Osten hoch gewesen. Jetzt tauchten aber Aussagen im aktuellen Prozess in New York auf, dass dieser österreichische Reisepass nicht nur für einen Notfall gedacht gewesen sei, sondern auch tatsächlich verwendet worden ist – und zwar für Reisen nach Frankreich, nach Großbritannien, Spanien und Saudi Arabien, das würden die Stempel der Zollbehörden belegen.

Jeffrey Epstein mit seiner langjährigen Lebensgefährtin Ghislaine Maxwell.

Warum war Epstein im Jahr 1982 für Österreichs Regierung von Bedeutung?

Die Frage, die sich jetzt aufdrängt, hat enorme Brisanz: Warum hat der damalige US-Finanzexperte Jeffrey Epstein, der noch von 1973 bis 1975 Mathematik und Physik an der Dalton School, einer exklusiven Privatschule an der Upper East Side in Manhattan, unterrichtet hat und erst im August 1981 seine in New York ansässige Vermögensverwaltung (spezialisiert auf Geldanlagen für Milliardäre) gegründet hat, schon vor 41 Jahren eine derartige Bedeutung, dass er von der österreichischen SPÖ-Alleinregierung einen Reisepass erhielt? Noch dazu musste jemand – vermutlich im Innenministerium – dafür sorgen, dass auch ein falscher Name in diesen Reisepass eingetragen wird. Ein Abteilungsleiter des Referats III (Passwesen) wird das wohl nicht alleine bestimmt haben.

Warum war der US-Finanzexperte schon im Jahr 1982 derart bedeutend (oder was wusste Jeffrey Epstein?), damit ein Mitglied der Bundesregierung unter Bruno Kreisky dafür sorgte, dass er einen falschen österreichischen Pass erhält? Stand die Republik Österreich unter dem Druck der damaligen US-Regierung von Ronald Reagan?

Erst danach, also ab 1982, begannen die “goldenen Zeiten” des US-Finanz-Experten: Als Vermögensverwalter verlangte er eine umfassende Vollmacht und übernahm somit die vollständige Kontrolle über das Kundenvermögen. Nach eigenen Angaben vereinte er die Rollen eines Immobilienmaklers, Buchhalters, Anwalts, Geldverwalters, Treuhänders und Vertrauten, um den Umbau der Vermögensstrukturen seiner individuellen oder familiären Kunden neu zu gestalten. Falls Epstein dafür 0,5 % Gebühr verlangte, hätte er so bei den verwalteten Kundengeldern in Höhe von etwa 15 Milliarden US-Dollar jährlich eine Verwaltungsgebühr von 75 Millionen US-Dollar kassiert. Einer seiner ersten Kunden: Adnan Kashoggi, der Milliardär, der auch für die USA Waffen von Israel in den Iran brachte (Iran-Contra-Affäre).

Und – welch zeitlicher Zufall: Just in der Zeit der Pass-Vergabe an Epstein beliefert das VOEST-Tochterunternehmen Noricum zwischen 1981 und 1983 belieferte den Irak über das getarnte Empfängerland Jordanien mit Artilleriegeschützen des Typs Gun Howitzer Noricum (GHN-45). Dies war, ebenso wie die späteren Waffenlieferungen an den Iran über Libyen, ein klarer Verstoß gegen ein eben erst verschärftes Bundesgesetz, das Waffenlieferungen an kriegsführende Staaten untersagte, und in der Folge auch gegen das Strafrecht.

Die beiden Golfkriegsparteien Iran und Irak sollen mit 340 Geschützen GHN-45 beliefert worden sein, wovon an den Iran 140 Stück gegangen sein sollen, für dessen Aufrüstung auch Kashoggi gesorgt haben soll.

Am 10. August 2019 tötete sich Jeffrey Epstein in der Untersuchungshaft – er war damals bereits angeklagt, einen Ring zur sexuellen Ausbeutung  Minderjähriger unterhalten zu haben, an einem Selbstmord zweifeln viele, die USA wurden von dem Justizskandal massiv erschüttert.

FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker hat bereits am 20. Jänner 2022 eine parlamentarische Anfrage zur Causa Epstein-Pass an den jetzigen Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) gestellt. Die Antwort auf die Frage nach nun laufenden Ermittlungen beantwortete Karner so: “Die Erhebungen konnten die Existenz des gegenständlichen österreichischen Reisepasses bislang nicht bestätigen, weshalb auch keine entsprechenden Erkenntnisse vorliegen.” Und der Minister bestätigt, dass es illegal gewesen sein könnte, dass Epstein zu einem österreichischem Pass gekommen ist: “Gemäß § 4 Passgesetz 1992, BGBl. Nr. 839/1992 idgF, dürfen sowohl gewöhnliche Reisepässe als auch Dienstpässe und Diplomatenpässe nur für Personen ausgestellt werden, die die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen. Somit stellt sich die Frage nach der Ausstellung derartiger Pässe an Fremde nicht.”

Das schreibt die Staatsanwaltschaft im aktuellen Prozess in New York über den österreichischen Pass.