Der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte Abbas in Berlin empfangen. Bei der anschließenden Pressekonferenz wurde der Palästinenserpräsident nach einer möglichen Entschuldigung der Palästinenser für das Olympia-Attentat in München 1972 gefragt. Darauf antwortete er nicht, erhob aber stattdessen schwere Vorwürfe gegen Israel: “Israel hat seit 1947 bis zum heutigen Tag 50 Massaker in 50 palästinensischen Orten begangen”, sagte Abbas. “50 Massaker, 50 Holocausts”, fügte er hinzu.

Späte Antwort von Scholz

Danach hatte sich Scholz empört über die dabei von seinem Gast erhobenen “Holocaust”-Vorwürfe gegen Israel gezeigt. “Gerade für uns Deutsche ist jegliche Relativierung des Holocaust unerträglich und inakzeptabel”, sagte Scholz  “Bild”-Zeitung.

Für viele kommen diese Worte zu spät. Ungestört ließ Scholz Abbas bei der Pressekonferenz reden, ging selbst nicht auf die Worte des Palästinensers ein.

"Unfassbarer Vorgang im Kanzleramt"

Die Union kritisierte Scholz wegen seines Umgangs mit dem Holocaust-Vorwurf. “Ein unfassbarer Vorgang im Kanzleramt”, schrieb CDU-Chef Friedrich Merz auf Twitter. Der Kanzler hätte dem Palästinenserpräsidenten “klar und deutlich widersprechen und ihn bitten müssen, das Haus zu verlassen!”, argumentierte er.

Die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Karin Prien schrieb mit Blick auf Scholz auf Twitter: “Zu wenig, zu spät”. Der FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff erklärte hingegen, eine breitere Öffentlichkeit erfahre endlich, “wie die Palästinenser und Abbas – Israels angebliche “Partner” – drauf sind. Das ist wichtiger als Kritik am @Bundeskanzler, dessen Empörung klar sichtbar war”.

Scharfe Kritik

Der israelische Ministerpräsident Yair Lapid wies den Holocaust-Vorwurf des Palästinenserpräsidenten gegen Israel mit deutlichen Worten zurück. “Dass Mahmud Abbas Israel beschuldigt, “50 Holocausts” begangen zu haben, während er auf deutschem Boden steht, ist nicht nur eine moralische Schande, sondern eine ungeheuerliche Lüge”, schrieb Lapid Dienstagabend auf Twitter und verwies auf die sechs Millionen Jüdinnen und Juden, die im Holocaust ermordet wurden. Die Geschichte werde Abbas niemals verzeihen. Lapid ist selbst Sohn eines Holocaust-Überlebenden.

Scharfe Kritik kam auch vom Internationalen Auschwitz-Komitee. Zu Abbas‘ Äußerungen sagte der Exekutiv-Vizepräsident Christoph Heubner, der Präsident habe “die politische Bühne Berlins gezielt genutzt, um die deutsche Erinnerungskultur und die Beziehungen zum Staat Israel zu diffamieren. Mit seinem schändlichen und unangemessenen Holocaust-Vergleich hat Abbas erneut versucht, antiisraelische und antisemitische Aggressionen in Deutschland und Europa zu bedienen.”

Am 5. September 1972 war ein palästinensisches Terrorkommando in das Münchner Olympiagelände eingedrungen und hatte dort Mitglieder der israelischen Mannschaft als Geiseln genommen. Bei der Geiselnahme und einer missratenen Befreiungsaktion starben elf israelische Sportler und ein deutscher Polizist.