Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hat den vierten harten Lockdown in Wien ein weiteres Mal verlängert, und zwar um zwei Wochen bis zum 2. Mai. Der Handel ist fassungslos und verzweifelt. Er bleibt nach dem jetzigen Stand der Dinge bis dahin geschlossen. Erst im Mai sollen erste Öffnungsschritte folgen.

Zehntausende Arbeitsplätze gefährdet

Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will meldete sich im Namen tausender verzweifelter Unternehmen in Wien nach Ludwigs verkündeter Lockdown-Verkündigung umgehend zu Wort:

“Die von der Schließung betroffenen Händler müssen nun zusätzliche Umsatzverluste von rund 420 Millionen Euro verkraften.” In weiterer Folge bedeutet das, dass sich “die Gesamtkosten für den vierten Lockdown allein im Wiener Handel auf rund 1 Milliarde Euro” summieren. Dadurch sind zudem zehntausende Arbeitsplätze gefährdet. “Welcher Betrieb kann es sich leisten, immer geschlossen zu haben und dabei kaum Hilfen zu bekommen?”, fragt Will.

"Man verlagert Ansteckungsgeschehen ins Private"

Unter Branchenvertretern herrscht Unverständnis. Bereits Wiens erste Lockdown-Verlängerung war Will zufolge “kaum noch argumentierbar” – der eXXpress berichtete: “Mit jeder weiteren Einschränkung des öffentlichen Raums verlagert man das Ansteckungsgeschehen noch stärker ins Private – wo man eben nicht kontrollieren kann.” Gemäß den AGES-Clusteranalysen geschehen aber 70 Prozent aller Corona-Infektionen im Privatbereich und weitere 15 Prozent in der Freizeit. “Den Handel, der kein Corona-Hotspot ist, zuzusperren, nur um die Mobilität der Menschen zu reduzieren – das ist nicht verhältnismäßig und das kann nicht der richtige Weg sein.”

Das zeigt auch der Blick nach Deutschland, wo aus denselben Gründen Wissenschaftler gerade in einem offenen Brief die Maskenpflicht im Freien kritisiert haben: Obwohl sich das Land im Dauerlockdown befindet und der stationäre “Non-Food Handel” geschlossen ist, steigen die Corona-Zahlen seit Wochen stark an. Rainer Will verweist darüber hinaus auf aktuelle Studien, denen zufolge die Strategie “harter Lockdown” nicht mehr hinreichend funktioniert: Während des ersten harten Lockdowns im März 2020 reduzierte sich in Österreich der Bewegungsradius demnach um 57 bis 80 Prozent, im zweiten Lockdown waren es zwischen 33 und 50 Prozent und im dritten Lockdown nur noch zwischen 12 und 42 Prozent.

Lockdown nützt sich ab

“Wir sehen längst, dass weite Teile der Bevölkerung nach mehr als einem Jahr Corona-Krise nicht mehr bereit sind, Ausgangssperren hinzunehmen”, unterstrich Will. “Auf der Praterwiese konnte man am Wochenende hunderte Gruppentreffen beobachten, der Zwei-Meter-Abstand wurde dabei nur in den seltensten Fällen eingehalten. Alle Mobilitätsanalysen belegen, dass es einen massiven Lockdown-Abnützungseffekt gibt, der sich mit jedem weiteren Lockdown-Tag verstärkt.”

Jeder zusätzliche Lockdown-Tag verschlimmert auch die Lage der betroffenen Handelsbetriebe. Viele stehen vor dem Ende ihrer wirtschaftlichen Existenz. Daher fordert der Handelsverband erneut ein Nachbessern bei den Corona-Hilfen, konkret eine Ausweitung des Kurzarbeitsbonus pro Mitarbeiter für die Händler im Osten sowie eine Erhöhung des Ausfallsbonus, um die bestehende Deckelungsproblematik zu entschärfen.

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