Die Truppen, die Putin in seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine schickt, sind Söhne, Ehemänner und Väter. In der “Welt” teilt Durkot sein Tagebuch – und darin Gespräche russischer Soldaten. Zwar werden von allen durch ukrainische Nachrichtendienste abgehörten Telefonaten gezielt diejenigen ausgewählt und veröffentlicht, die besonders tiefe Abgründe zeigen. Sie verlieren dadurch aber nichts von ihrem Schrecken.

"Zum 9. Mai nehmen wir Kiew ein"

„Hi, wo steckst du? Ich habe dich angerufen und dir geschrieben“, heißt es in einem Chat zwischen einem Soldaten und seinem Bruder. – „In der Ukraine, Region Cherson.“ – „Wie läuft’s? Alles klar? Wann kommst du nach Hause?” – „Was heißt nach Hause? Man muss das hier erst mal überleben.“ – „Was soll das bedeuten?“ – „Es ist ein Graus hier. Wir sterben zu Dutzenden, so viele Leichen habe ich noch nie gesehen. Als mein Freund zerfetzt worden war, habe ich eine halbe Stunde gekotzt …“ – „Ich habe die Nachrichten im Fernsehen geguckt. Wenn ich es richtig verstanden habe, gibt es Fortschritte. Zum 9. Mai werden wir Kiew einnehmen.“ – „Was für Kiew??? Wir haben uns vor einer Woche aus Tschornobajiwka zurückgezogen. Dort ist die Hölle …“ – „Ich kann es kaum glauben“ – „Ich schwör‘s! Bruder, wenn ich sterbe, pass auf Tjoma auf, er ist ja erst vier …”

Der Übersetzer Juri Durkot berichtet aus dem Krieg

"Erschießt die Ärzte, erwürgt die Kinder"

Neben der Angst sind die Nachrichten der jungen Russen vor allem vom Hass dominiert. Da wird auch einmal das Töten von unschuldigen Zivilisten, sogar von Kindern, gefeiert. „Ihr macht’s genau richtig, Brüder! … Die Zivilisten sind die Stütze der Armee, sie sollen in erster Linie bombardiert werden. Dann wird sich die Armee ergeben. Und die Stütze der Zivilisten sind Kinder und Ärzte. Erschießt die Ärzte, erwürgt die Kinder … Die niedrige Rasse der Ukrainer soll als Nation aussterben. Alle 40 Millionen.“

Kiew meldet Tote und Verletzte nach Kampfhandlungen

Die Ukraine hat nach neuen russischen Angriffen unterdessen weitere Tote und Verletzte in mehreren Regionen des Landes beklagt. Im Gebiet Donezk im Osten seien bei drei separaten Zwischenfällen drei Zivilisten getötet worden, so der Gouverneur der Region, Pawel Kyrylenko, am Dienstagabend auf Telegram. Mindestens sechs Personen seien verletzt worden. Auch in der Großstadt Charkiw im Osten des Landes seien infolge von Beschuss drei Menschen getötet und weitere sieben verletzt worden.

Das teilte der Gouverneur der Region, Oleh Synjehubow, auf Telegram mit. Aus der Region Sumy im Nordosten des Landes hieß es, am Dienstag sei erneut ein Ort an der Grenze zu Russland von russischer Seite beschossen worden.

In den vergangenen Tagen habe es praktisch in der gesamten Gegend an der Grenze Beschuss mit schwerer Artillerie gegeben, postete der Gouverneur der Region, Dmytro Schywyzkyj, auf Telegram. Über Schäden oder Opfer war zunächst nichts bekannt.

Der Bürgermeister der zentralukrainischen Stadt Poltawa berichtete, in der Nacht auf Mittwoch seien in der Stadt Explosionen zu hören gewesen. Er bat die Bewohner, keine Fotos zu veröffentlichen. Details gab es zunächst nicht. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.