Seine Rolle als Zünglein an der Waage macht den Senator aus West Virginia derzeit zu einem der mächtigsten Politiker in Washington. International ist Manchin dennoch weitgehend unbekannt. Dass der Name seines relativ kleinen und wenig entwickelten Bundesstaats im Ausland mehr Wiedererkennungswert hat als sein eigener, dürfte dem Song “Take Me Home, Country Roads” geschuldet sein. West Virginia ist der zweitgrößte Kohleproduzent der USA, dort leben aber nur knapp 1,8 Millionen der rund 330 Millionen Amerikaner. Weniger als 20.000 Menschen in dem US-Staat arbeiten im Bergbau. Manchins Blockadehaltung könnte Folgen für die Weltbevölkerung haben. “Er plant, Bidens Klimaplan und damit die Chancen für einen raschen globalen Fortschritt zunichte zu machen”, schrieb der Umweltaktivist Bill McKibben kürzlich auf Twitter. “Das steht weit oben auf der Liste der folgenreichsten Maßnahmen, die jemals von einem einzelnen Senator ergriffen wurden; die Auswirkungen dieses eitlen Mannes wird man in den erdgeschichtlichen Aufzeichnungen sehen können.” Poppiger, aber nicht weniger dramatisch formuliert es die Zeitschrift “Rolling Stone”: “Joe Manchin hat gerade den Planeten gekocht”, hieß es dort – und das sei nicht im übertragenen Sinne gemeint.

Richtungsentscheidung

Biden kämpft derzeit darum, seine wichtigsten Vorhaben seit seinem Amtsantritt durch den Kongress zu bekommen. Die beiden Gesetzespakete sehen den Ausbau von Infrastruktur und Sozialleistungen vor, aber längst nicht nur: “Zusammen enthalten sie die bedeutendsten Klimaschutzmaßnahmen, welche die Vereinigten Staaten je ergriffen haben”, schrieb die “New York Times”. Besonders eine Maßnahme – die wichtigste in Sachen Klimaschutz – will Manchin verhindern: Ein Programm für “saubere Elektrizität” mit einem Volumen von 150 Milliarden Dollar (129 Milliarden Euro), das Versorger für einen Ausbau solcher Stromquellen belohnen und andernfalls bestrafen würde.

Biden droht eine Schlappe

Die USA sind im Kampf gegen den Klimawandel extrem wichtig: Sie sind die weltgrößte Volkswirtschaft und – hinter China – der zweitgrößte Verursacher von CO2-Emissionen. Schon an seinem ersten Tag als Präsident leitete Biden die Rückkehr der USA zum Klimaabkommen von Paris ein, aus dem sein Vorgänger Donald Trump ausgestiegen war. Seit seinem Einzug ins Weiße Haus ruft Biden andere Regierungen dazu auf, ihre Anstrengungen für den Klimaschutz zu verstärken und dem Vorbild der USA zu folgen. Wenn Biden aber nicht einmal seine eigenen Vorhaben durch den Kongress bringen kann, dürfte das seine Position bei der Weltklimakonferenz in Glasgow erheblich schwächen.

Sollte Biden mit leeren Händen anreisen, wäre das “schlecht für die US-Führungsrolle, schlecht für die Gespräche und katastrophal für das Klima. Einfach katastrophal”, warnte der demokratische Senator Sheldon Whitehouse im “Guardian”. Whitehouse sagte auch: “Die große Mehrheit der Demokraten im Senat ist sich darüber im Klaren, dass dies unsere letzte Chance zum Handeln ist.”

In gut einem Jahr stehen Kongresswahlen in den USA an, dann könnte es mit den knappen Mehrheiten der Demokraten im Senat und im Repräsentantenhaus vorbei sein. Ehrgeizige Gesetzesvorhaben zum Klimaschutz gegen einen von Republikanern kontrollierten Kongress dürfte Biden dann nicht durchsetzen können – erst recht nicht, wenn er damit jetzt schon an seiner eigenen Partei scheitern sollte. (APA/red)