Als erste Medien können das neue Newsportal eXXpress und die Aufdeckerplattform eu-Infothek.com das ganze, bisher geheim gehaltene Mail des Ibiza-Detektiv Julian H. veröffentlichen, das der seit Wochen in U-Haft sitzende Haupttatverdächtige im Mai 2019 verfasst und abgeschickt hat: In diesem Brief an Bundespräsident Alexander Van der Bellen erklärt H. deutlich, dass er sich “in ein heikles Medienprojekt” eingebracht hat. Diese Klarheit der Aussage erzwingt die Frage, was die Mitarbeiter des Präsidenten daran nicht verstanden haben sollen: Was könnte ein “Medienprojekt”, das die “Korruptionsanfälligkeit der FPÖ” zeigen soll, jetzt sein? Und wenn noch ein gewisses Manko im Verständnis der Sachlage in der Präsidentschaftskanzlei geherrscht hätte – warum wurde nicht bei der E-Mail-Adresse rückgefragt?

Der Brief wurde im Mai 2019 versendet

Ex-Mitarbeiter von VdB hat Ibiza-Detektiv zuvor getroffen

Die Mitarbeiter in der Hofburg hätten jedenfalls das Mail “archiviert”, also irgendwo in eine Mappe gelegt, diese dann in einen Ordner und den dann in einen Schrank gestellt. Das kann natürlich so gewesen sein. Allerdings könnte dieses Mail die Präsidentschaftskanzlei auch nicht sonderlich überrascht haben und war vielleicht deshalb nicht von größerer Bedeutung: Immerhin hatte ein früherer Wahlkampfhelfer von Alexander Van der Bellen bereits in der Vorwoche Kontakt zum Haupttatverdächtigen im Video-Krimi. Der grüne Regionalpolitiker, der jetzt im Kabinett von Vizekanzler Werner Kogler arbeitet, hat Detektiv Julian H. im Hotel “Melia” auf der Wiener Donauplatte getroffen. Unter seltsamen Umständen und nach Unterzeichnung einer “Schweigeverpflichtung” durfte der Grüne dann Sequenzen aus dem Strache-Video sehen. Auch bei der Zeugeneinvernahme durch das Bundeskriminalamt hat der Grüne beteuert, niemanden außer seiner Lebensgefährtin von dem Video erzählt zu haben.

Der Haupttatverdächtige schreibt von einer "drohenden Prognose" - die Hofburg ignorierte das Mail.

Der mollige Ibiza-Detektiv dürfte aber bei dem kurzen Treffen auf Koglers jetzigen Kabinett-Mitarbeiter irgendwie beeindruckt haben: Wie der Grüne dann bei der Einvernahme vor dem Bundeskriminalamt zugegeben hat, hatte er noch elf Monate lang über die Verschlüsselungs-Nachrichtendienste Threema und Signal “immer wieder” Kontakt mit dem mittlerweile per europäischen Haftbefehl gesuchten Detektiv. Dass sein Handy von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt worden ist und dieser Chat-Verlauf von Forensikern der Kripo ausgewertet wird, ist bisher nicht bekannt – vielleicht sind aktuell auch alle Kapazitäten bei der Suche nach weiteren Emoji-SMS von Mitgliedern der Bundesregierung ausgelastet.

Der gesamte Brief im Wortlaut