Ob Aktien, Devisen oder Immobilien: Die Zukunft von Assets ist digital. Die Blockchain-Technologie ermöglicht, Vermögenswerte in kleine Einheiten, sogenannte Tokens, zu zerlegen. Vor allem Immobilien stehen im Fokus. Unbemerkt von der breiten Masse greift die Tokenisierung langsam um sich. Ronald Frankl von der Kanzlei Lansky, Ganzger & Partner spricht über die Perspektiven der innovativen Finanzierungsform und über regulatorische Entwicklungen.

Lässt sich die Digitalisierung von Assets noch aufhalten?

Nein, sicherlich nicht. Hätte man das aufhalten können, wären wir heute nicht in einer Situation, in der der Bitcoin im letzten halben Jahr von 9.000 auf zeitweise fast 50.000 Euro gestiegen ist. Und dieses Thema wird immer relevanter. Nehmen Sie nur das ABC, das Austrian Blockchain Center in Wien. Das ist das weltweit größte Blockchain-Kompetenzzentrum und bündelt die umfassenden interdisziplinären Kompetenzen im Bereich der Grundlagen und der Anwendung von Blockchain-Technologien. Vor kurzem hat dessen jährliche Konferenz stattgefunden, die online äußerst gut besucht war. Das Thema interessiert also sehr.

Natürlich gibt es auch heute immer noch Leute, die es totreden wollen und Bitcoin & Co. in die anrüchige Ecke drängen. Vielleicht war das mal so, aber heute werden Bitcoins bereits von großen institutionellen Investoren gekauft und die sind Teil des traditionellen Finanzsystems. Vor zwei Jahren haben die noch die Finger davon gelassen, in der Zwischenzeit aber entdeckt, was für ein Potenzial drinnen steckt.

Was braucht es derzeit, um dem Thema einen Schub nach vorne zu versetzen? Könnte Corona etwas Positives bewirken?

Es braucht ein Leuchtturmprojekt und dazu könnte die Pandemie, auf lange Sicht gesehen, etwas beitragen. Corona hat das Thema Digitalisierung jedenfalls in den Köpfen der Menschen beschleunigt. Um auch die Tokenisierung von Assets auf den Weg zu bringen, muss die massive Krise allerdings vorbei sein.

Was könnte denn so ein Leuchtturmprojekt sein?

Vor allem großvolumige Finanzierungen oder große Entwicklungsprojekte im Liegenschafts- und/oder Tourismusbereich, also solche Projekte, die zwar bereits beabsichtigt oder geplant, aber krisenbedingt vorerst „on hold“ sind.

Wie sind die regulatorischen Grundlage für die Tokenisierung? Gibt es hierzu schon etwas von Seiten der EU?

Nicht viele. Wir haben seit 2018 die fünfte Geldwäscherichtlinie. Mit ihr wird der Anwendungsbereich auf Plattformen zum Umtausch virtueller Währungen sowie Anbieter von elektronischen Geldbörsen (Wallets) bzw. Konten für virtuelle Währungen ausgedehnt.

Ansonsten hat die Europäische Kommission 2020 einen ersten Entwurf für eine Verordnung zur Regulierung der “Markets in Crypto-Assets” (MiCA) vorgelegt, die 2022 in Kraft treten soll. Hier muss ich aber gleich vorausschicken, dass diese Verordnung für die Tokenisierung irrelevant ist.

Und warum?

Weil die Tokens, von denen wir hier reden, also klassische Security Tokens, die im Rahmen von Security Token Offerings (STO) ausgegeben werden, als Finanzinstrumente ausdrücklich von der MiCA-VO ausgenommen sind. Sie unterliegen weiterhin insbesondere dem Regime der MiFID II, in Österreich also dem WAG 2018.

Die MICA-VO regelt hingegen drei Typen von Tokens: den Asset-Referenced Token, den E-Money Token und den Utility Token. Asset-Referenced Tokens sind wertstabile Tokens, nicht zu verwechseln mit Asset Tokens, über die wir bei der Tokenisierung reden, denn letztere vermitteln wertpapierähnliche Rechte. E-Money Tokens sind sogenannte Stable Coins, die direkt an gesetzliche Währungen gebunden sind und sich daher auch als Zahlungsmittel eignen. Utility Tokens kennen wir am längsten, die haben eine Art Gutscheinfunktion. Diese drei Token-Typen sind derzeit noch nicht geregelt. Für die Ausgabe der Asset Tokens ist dagegen das jetzige Kapitalmarkt-/Aufsichtsrecht sehr wohl anwendbar, wiewohl nach meiner Ansicht hierzu maßgeschneiderte Bestimmungen gegenüber den derzeitigen MIFID-Regeln ebenso zu bevorzugen wären. Also 1:1 die derzeitige Regulierung darüberzustülpen, das ist meiner Meinung nach nicht die, auf lange Sicht, optimale Lösung. Hier braucht es vielmehr eine smarte Regulierung.

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