3650 Mandate in 274 Gemeinden wurden gewählt. Obwohl die Wahl in der eigenen Gemeinde bei vielen Wählern als die wichtigste gilt, da man ihre Auswirkungen sehr oft direkt im eigenen Lebensbereich spürt, war die Wahlbeteiligung mit 66,3 Prozent mehr als überschaubar. Es zeigt sich damit, dass die Parteien- und Politikverdrossenheit nun auch im „heiligen Land Tirol“ mit im Vergleich tendenziell hoher Wahlbeteiligung angekommen ist. Dank lokaler Emotionen tobte in einigen Gemeinden ein spannender Wahlkampf, der allerdings in einigen Überraschungen für die etablierten Landtagsparteien endete.

Opposition spielte bei diesen Wahlen eine untergeordnete Rolle

Ein großes Glück für die Volkspartei war und ist es, dass in Tirol weniger Parteien als Wahllisten auf lokaler Ebene antreten. Zwar stellt die Volkspartei mit 232 „VP-nahen“ Bürgermeistern die weitabgeschlagene Mehrheit. Von den rund 475 Listen (von insgesamt 856 Listen) die ihr zugrechnet werden, traten jedoch nur 25 Gruppierungen als reine ÖVP-Listen an. Alle anderen Listen deklarieren sich als parteifrei oder überparteilich. Kein Novum in Tirol, dies etablierte sich bereits in den 90er-Jahren. Einheitliches aber gleichzeitig utopisches Ziel aller Gegner der ÖVP, die vorherrschende Allmacht der Volkspartei zu zerstören. Es waren schlussendlich aber dennoch nur kleinere Verschiebungen, die vor allem für den Landesparteiobmann und Landeshauptmann Günther Platter relevant sind, aber dazu später noch ausführlich.

Die Opposition spielte bei diesen Wahlen eine weitestgehend untergeordnete Rolle. Die SPÖ setzte primär darauf, ihre 25 Ortschefs zu verteidigen. Mangels Gegenkandidaten wurde Parteichef Georg Dornauer in seiner Heimatgemeinde als Bürgermeister schon im Vorfeld bestätigt, was seiner Person zusätzlichen Aufschwung für die nächsten Monate liefern wird. Auch wenn bei der FPÖ die Bäume nicht in den Himmel wuchsen, konnten die Freiheitlichen ein solides Ergebnis eingefahren. Für Parteiobmann Markus Abwerzger eine klare Bestätigung als Steuermann. Selbst während der IBIZA-Krise 2019 hat er kaum Verluste in der Wählergunst hinnehmen müssen. Das Ergebnis auf Gemeindeebne stärkt nun einmal mehr den innerparteilichen Rückhalt.

Für die Grünen war es eine Frage um die oberste Spitze – und somit um die amtierende Landeshauptmann-Stellvertreterin Ingrid Felipe. Trotz klarer Zugewinne dürfte ihr das allerdings gegen ihre internen Kritiker nichts genutzt haben. Noch vor der Stichwahl in 27 Gemeinden erklärte sie ihren Rückzug aus der Politik. Der allerdings wichtigste Bürgermeister der Grünen stand nicht zur Wahl: Georg Willi, Bürgermeister in der Landeshauptstadt Innsbruck, dort wird erst im kommenden Jahr gewählt.

Besonders wichtig: Zams im Tiroler Oberland

Die NEOS verloren in der Kleinstgemeinde Mils bei Imst ihren für lange Zeit einzigen Bürgermeister in Österreich – das hat weh getan. Die impfkritische Bewegung MFG war in 51 Gemeinden angetreten und zog auf Anhieb in 47 Gemeinderäte ein. Die angekündigten Erfolge zeigten sich aber nicht.

Kommen wir aber nochmals auf die Situation in der Volkspartei zu sprechen: Nehmen wir uns zwei landesweit wichtige Gemeinden heraus. In Thaur bei Innsbruck konnte Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Walser seine Zustimmungswerte als Bürgermeister mit annähernd 70 % weiter ausbauen. Er gilt schon lange als möglicher Nachfolger von Günther Platter.

Besonders wichtig war der ÖVP die Gemeinde Zams im Tiroler Oberland. Dort startete Günther Platter seine politische Karriere als Gemeinderat und in weiterer Folge auch als Bürgermeister. Aber genau diese Schlüsselgemeinde wurde trotz massiven Einsatzes hauchdünn an die SPÖ verloren. Ein Stich ins schwarze Herz und es zeigt, dass auch der Platter-Stern mit der Zeit vergänglich ist.

Stresstests zeigen Risiken auf und stellen gleichzeitig den Handelnden ein aktuelles Zeugnis aus. Das gilt speziell auch für die Politik. Schließlich ist nach der Wahl vor der Wahl. Die letzten Monate mit Corona, Inseraten-Affäre & Co. haben nicht nur der Volkspartei – ihr aber im besonderen Maße – geschadet. Ein Weiter so – selbst von den Landeshauptleuten verordnet – wird von den Wählerinnen und Wählern nicht akzeptiert werden. Was aber werden die Konsequenzen nach diesem Stresstest sein? Es bleibt spannend bei uns im Heiligen Land Tirol.

Zum Autor: Der Tiroler Dominik Schrott, MSc war von 2004 bis 2018 in unterschiedlichen Funktionen politisch aktiv – zuletzt als Nationalratsabgeordneter. Er galt von Beginn an als Mitstreiter an der Seite von Sebastian Kurz, aktuell betreute er ehrenamtlich einige Wahlwerber in Tirol.