Eine „restriktive, pragmatische Asylpolitik“, Lager an den EU-Ausgrenzen, gegen 32-Stunden-Woche, gegen Klimakleber, kein „Nein“ zu einer Koalition mit der ÖVP, keine „politische Korrektheit“, kein „erhobener Zeigefinger: Tirols SPÖ-Chef und Landeshauptmann-Stellvertreter Georg Dornauer lässt aufhorchen. Er schlägt nun bundespolitische Pflöcke und setzt damit einen deutlichen Kontrapunkt zur jetzigen SPÖ-Führung auf Bundesebene. Ohne zu zögern fordert der Tiroler Politiker eine „Neuausrichtung“ der Bundes-SPÖ, „hin zu den Lebensrealitäten der Menschen“.

Migration: „Toleranz der heimischen Bevölkerung nicht überstrapazieren“

Dabei pocht Dornauer mit Nachdruck vor allem auf eine restriktive Asyl- und Migrationspolitik. Hier brauche es eine „pragmatische, restriktive Politik“, die der Landeshauptmann-Stellvertreter auch von der Bundespartei einmahnte. Denn für ebenjene stehe er, „da können sich die Tiroler darauf verlassen“, erklärte er. Dass er hier mit dem neuen SPÖ-Vorsitzenden Babler mitunter nicht auf einer Linie sei, „kann durchaus sein“, räumte Dornauer ein.

Auch als Pamela Rendi-Wagner (l.) SPÖ-Bundesparteivorsitzende war, sparte der Tiroler SPÖ-Landeschef teils nicht mit Kritik.APA/EXPA/JOHANN GRODER

Auch mit Lagern bzw. Asylverfahren an den EU-Außengrenzen hat Dornauer weit weniger Probleme als Babler: „Ich bin für kurze, sichere und rechtssichere Asylverfahren. Wir müssen alles daran setzen, Pull-Faktoren zu minimieren. Es kann nicht sein, dass Toleranz und Solidarität der heimischen Bevölkerung überstrapaziert wird. Vorkommnisse an den Grenzen wie 2015 und 2016 dürfen sich nicht wiederholen, daraus müssen Lehren gezogen werden.“ Er stehe als ressortverantwortlicher Landeshauptmann-Stellvertreter in „engem Austausch“ mit ÖVP-Innenminister Gerhard Karner.

Neuausrichtung hin zu den Lebensrealitäten der arbeitenden Menschen

Anderer Meinung als der rote Bundesparteichef ist Dornauer offenbar auch in Sachen 32 Stunden-Woche: „Ich tue mir hier in Tirol schwer, den Menschen zu erklären, wie wir das umsetzen wollen. Vor allem angesichts des derzeitigen Arbeitskräftemangels. Etwa in der Pflege, wo eine Arbeitszeitverkürzung prioritär einzuführen wäre.“ Auch in dieser Frage gehe es aber wieder um das „Erkennen der Realitäten“, den richtigen Zeitpunkt sowie die passende Kommunikation politischer Forderungen.

Traditionelle hatte Dornauer (r.) eher einen guten Draht zum burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (l., SPÖ).APA/HELMUT FOHRINGER

Von dem neuen Vorsitzenden forderte Dornauer – nach den „unrühmlichen Vorgängen um die Vorsitzendenwahl, die auch international Negativschlagzeilen gemacht hat“ – eine „Neuausrichtung hin zu den Lebensrealitäten“. Es dürfe nicht sein, dass sich „Teile der arbeitenden Bevölkerung“ von der SPÖ zu wenig angesprochen fühlen.

„Politische Korrektheit“ und „erhobener Zeigefinger“ schuld and FPÖ-Höhenflug

Ein Grund für den derzeitigen Höhenflug der FPÖ sei eine „massive Polarisierung“ in der Gesellschaft, die im Zuge von Corona noch einmal zugenommen habe. Schuld sei üebr dies „eine Politik von oben herab, eine Politik der immer weniger Freiheiten, eine Politik des erhobenen Zeigefingers und der vermeintlich politischen Korrektheit“, Letzteres betreffe auch die SPÖ.

„Wenn man die Augenhöhe mit den Bürgern verliert, das politische Gleichgewicht, die Ausgewogenheit. Dann wird es schwierig, Wähler von der FPÖ zurückzuholen“, meinte Dornauer und nannte etwa auch die „Klimakleber“-Problematik. „Die Klimakleber provozieren 99 Prozent unserer Gesellschaft und schaden damit den Klimaschutz-Anliegen. Das sind Sachen, die man ganz klar als Politiker sagen muss und nicht aus vermeintlich ideologischen Gründen zurückzucken darf.“

In Tirol mache man gemeinsam mit der ÖVP eine unaufgeregte Politik für die Menschen: Georg Dornauer (SPÖ) mit Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP).APA/EXPA/JOHANN GRODER

Die De-Facto-Absage Bablers an eine Koalition mit der ÖVP nicht nachvollziehbar

Nichts anfangen kann Doranuer mit der De-facto-Absage an einen möglichen Koalitionspartner ÖVP von Bundesparteichef Andreas Babler nichts anfangen. „Das würde ich nicht tun“, meinte Dornauer zu Bablers bekundeter Skepsis bzw. Ablehnung einer Neuauflage der ehemals Großen Koalition. Selbiges habe er bereits bei Bablers Konkurrenten um den Bundesparteivorsitz, Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, „nicht verstanden“.

Der rote Landeshauptmann-Stellvertreter erneuerte in Sachen Koalition indes seine Aussagen vom Juni. In Tirol befinde er sich zusammen mit der ÖVP in einer „ruhigen, verlässlichen und unaufgeregten Koalition“, die bestrebt sei, Politik für eine breite Masse zu machen. Dasselbe müsse auch für die Bundesebene das Ziel sein. Hier favorisiert Dornauer erneut einen schwarzen bzw. türkisen Koalitionspartner. Eine Koalition mit der derzeitigen Führung der Bundes-FPÖ schloss Dornauer aus.