Ihre Geschichte liest sich schon wie das Drehbuch zu einem Krypto-Krimi: Ruja Ignatova hat im Jahr 2014 ihre eigene Kryptowährung erfunden und sich damit ein riesiges digitales Business-Imperium mit Millionen von Followern aufgebaut. Ihr “OneCoin” brachte es zu weltweitem Erfolg, die Expertise der “Krypto-Queen” war nicht nur bei ihren Vorträgen und bei rund drei Millionen Anhängern gefragt. Begleitet wurde ihre Währung auch durch eine Art exklusiven Club, die Plattform “OneLife”: Wer Mitglied wurde, erhielt Zugang zu “exklusiven” WhatsApp-Gruppen, in denen (angebliche) Insider-Informationen über die neuesten Krypto-Trends geteilt wurden.

Schon damals gab es Unkenrufe und negatiove Stimmen zu OneCoin, doch diesen wurde mit der Aufforderung, nicht auf die Worte von Neidern und Blendern zu hören, noch sehr lange und erfolgreich Einhalt geboten – bis 2017. Drei Jahre nach der Gründung von One Coin kam die große Wende: Zahlreiche Medien berichteten, das Dr. Ignatova eine Betrügerin sei, auch ihr Doktortitel sei erschlichen. Und noch schlimmer: Ihre Kryptowährung, mit der sie den Bitcoin entthronen wollte, sei gar keine Währung, sondern ein Multi-Level-Marketing (MLM) System für ein vermeintliches Finanzprodukt, bei dem Kunden andere Kunden für Produkte anwerben. Es seien keine Umsätze generiert worden, sondern habe sich um ein einfaches Schneeballsystem gehandelt.

Warum nicht früher aufflog, dass hinter OneCoin offenbar gar keine Blockchain steckte – es war nämlich auch nicht möglich, die Kryptowährung selbst zu kaufen, sondern lediglich “Lernpakete” und Token zu erwerben – gibt Rätsel auf und wird der charismatischen Persönlichkeit und Überzeugungskraft Ignatovas zugeschrieben. Sie spann ihr eigenes Netz aus Krypto-Lügen und machte Anleger geschickt zu eigenen Verkäufern, die Provisionen für neue Deals erhielten, wie die Anklage festhält. Berichten von Buzzfeed zufolge sollen die fragwürdigen Strukturen allerdings sehr wohl bereits ab 2015 aufgefallen sein, der Verdacht auf Foul Play war offensichtlich aber noch nicht stark genug.

Kurz darauf verschwand Ruja Ignatova auf einer Reise nach Athen – und mit ihr auch der Großteil des Geldes: 3,3 Milliarden Euro von Privatanlegern ließ die “Bitcoin Bitch” einfach verschwinden. Ein Teil der Gelder soll über Strohmänner in Immobilien in Dubai, London und Bulgarien sowie in Kunstwerke Andy Warhols sowie zuvor in ein Erdgas-Feld in Madagaskar geflossen sein.

Kaum verwunderlich also, dass seitdem nicht nur das FBI ermittelt und fieberhaft nach der verschollenen mutmaßlichen Betrügerin sucht – auch die zahlreichen Anleger wollen die selbsternannte “Bitch der Wallstreet” finden. In der Krypto-Community häuften sich Gerüchte, dass sie entführt worden sei oder große Banken ihr Leben bedrohen würden.

Allerdings scheinen das noch nette Erklärungen zu sein – denn bei näherer Beleuchtung der Vergangenheit Ignatovas kam schnell eine kriminelle Vorgeschichte ans Licht: Vor zehn Jahren hat sie mit ihrem Vater eine alte Gießerei in Deutschland gekauft und soll sich aus der Firmenkasse bedient haben. Ein Jahr später habe sie die Firma an einen Strohmann verkauft und sich nach Bulgarien abgesetzt, 2016 wurde Ignatova wegen Insolvenzverschleppung und Betrug zu 14 Monaten Gefängnisstrafe auf Bewährung und 18.000 Euro Geldstrafe verurteilt.

Nun ist in Deutschland der erste OneCoin-Prozess gestartet: Hier müssen sich nun deutsche Geschäftspartner von Ignatova, von der nach wie vor jede Spur fehlt,  verantworten. Ein Ehepaar aus Greven und ein Münchner Rechtsanwalt am Landgericht Münster stehen unter dringendem Verdacht auf Betrug und Beihilfe zur Geldwäsche: Das Paar soll nämlich unter dem Namen der Firma IMS International Marketing Services die Gelder von OneCoin-Kunden für “Bildungspakete” entgegengenommen und an Ruja Ignatova weiter überwiesen haben, so die Anklage.