Abwanderung der Industrie: Warum Österreichs Betriebe zunehmend in die USA ziehen
Noch vor einem Jahr feierte Österreich seine Exportwirtschaft: Die magische Marke von 200 Milliarden Euro an Warenexporten war geknackt. Doch die Euphorie ist längst verflogen. Statt Erfolgsgeschichten dominieren Hiobsbotschaften: Traditionsunternehmen wie KTM kämpfen mit der Insolvenz, und immer mehr Industriebetriebe verlagern ihre Produktion ins Ausland – insbesondere in die USA.
Laut der Österreichischen Kontrollbank (OeKB), die als zentraler Akteur Risiken im Exportgeschäft absichert, steht die heimische Industrie vor massiven Herausforderungen. „Der Kostendruck durch hohe Lohnabschlüsse und teure Energie ist dramatisch“, betont OeKB-Vorstand Helmut Bernkopf.
Während Löhne in Österreich um etwa 10 % über dem EU-Durchschnitt liegen, wird die Wettbewerbsfähigkeit tatsächlich durch hohe Energiekosten, überbordende Bürokratie und einen Mangel an Investitionen geschwächt. Diese Belastungen führten allein im ersten Halbjahr 2024 zu einem Rückgang der Exporte um mehr als 4 %. Besonders betroffen: der EU-Binnenmarkt, in den Österreichs Exporte sogar um 6,5 % eingebrochen sind.
Die USA als Hoffnungsmarkt
Einen Lichtblick bietet hingegen der Export in die USA. Während Europa schwächelt, stiegen die Ausfuhren nach Nordamerika um über 13 %. Doch es bleibt nicht bei steigenden Lieferungen. Immer mehr Unternehmen entscheiden sich dafür, direkt vor Ort zu produzieren.
Laut der Österreichischen Nationalbank (OeNB) investierten heimische Betriebe bislang über 17 Milliarden Euro in den US-Standort und schufen mehr als 60.000 Arbeitsplätze. Der Grund liegt auf der Hand: Die USA locken mit wirtschaftlicher Dynamik, investitionsfreudigen Geldgebern und Förderprogrammen wie dem Inflation Reduction Act (IRA), der Produktionen auf amerikanischem Boden unterstützt.
Die Wahl von Donald Trump, der seine zweite Amtszeit antreten wird, könnte diesen Trend verstärken. Seine angekündigten Zölle von bis zu 20 % auf sämtliche Importe machen eine Verlagerung der Produktion in die USA für österreichische Betriebe noch attraktiver.
Die Folgen für Österreich
Während die USA als Magnet für Investitionen wirken, zeigt sich in Österreich ein gegenteiliger Trend. Die OeKB beobachtet, dass heimische Unternehmen ihre Kapazitäten zurückfahren – ähnlich wie in Deutschland.
So schloss der Autozulieferer Schaeffler kürzlich sein Werk in Berndorf, um stattdessen in Rumänien und der Slowakei günstiger zu produzieren.
Dringender Handlungsbedarf der künftigen Regierung
Angesichts dieser Entwicklungen sieht die OeKB dringenden Handlungsbedarf bei der künftigen Regierung. „Wir brauchen Maßnahmen, die den heimischen Wirtschaftsstandort wieder attraktiv machen“, fordert Bernkopf.
Dazu gehören vor allem, die Rahmenbedingungen für Unternehmen zu verbessern, Bürokratie abzubauen und Energiekosten zu senken. Derzeit allerdings überwiegt Pessimismus. Ohne eine grundlegende Kurskorrektur könnte sich die Abwanderung der Industrie weiter beschleunigen – mit gravierenden Folgen für die österreichische Wirtschaft.
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