Experte: Ex-EZB-Chef Mario Draghi fördert weiterhin hohe Inflation
Hätte Mario Draghi – nun als Ministerpräsident Italiens – bereits die nötigen Wirtschaftsreformen durchgeführt, wäre das südeuropäische Land nicht mehr auf Hilfe der Europäischen Zentralbank (EZB) angewiesen. Doch die Reformen bleiben aus, also hält die EZB an der ultralockeren Geldpolitik fest und die Inflation steigt weiterhin, kritisiert der Chefökonom der Commerzbank.
Der jetzige italienische Ministerpräsident Mario Draghi hat bereits in seiner Zeit als Chef der Europäischen Zentralbank (2011 bis 2019) Kritik für seine ultralockere Geldpolitik eingesteckt, zu der unter anderem zu Minuszinsen gehörten. Kritiker warfen ihm vor, auf diesem Weg vor allem sein hochverschuldetes Herkunftsland Italien zu schonen. Draghi selbst mahnte damals von Italien permanent wirtschaftliche Reformen ein. Nun stellt sich aber die Frage, ob Draghi selbst als Ministerpräsident Italiens die so dringend benötigten Reformen Italiens durchführt.
Italien bleibt auf niedrige Kreditkosten angewiesen
Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer wirft Draghi nämlich vor, in seinem neuen politischen Amt weiterhin die Inflation in der Eurozone zu beeinflussen, gerade wegen der Wirtschaftspolitik des südeuropäischen Landes: “Würde Draghi die dringend notwendigen Reformen durchsetzen und sein Heimatland wirtschaftlich wieder auf die Beine stellen, würde sich die EZB nicht mehr unter Druck setzen, Italien zu stützen”, zitiert “Bloomberg” aus einem Report des Frankfurter Ökonomen. Der Erfolg der wirtschaftlichen Sanierung des Landes sei aber fraglich. Das Land sei weiterhin darauf angewiesen, dass die Kreditkosten niedrig bleiben. Das werde die EZB zwingen, die Geldpolitik locker zu halten. Seiner Ansicht nach riskieren die Währungshüter auf diesem Weg, dass sich die Inflation schließlich festsetze.
Die EZB hält an lockerer Geldpolitik fest
Die EZB hält an ihrer Geldpolitik unvermindert fest. Zwar wurden die milliardenschweren Anleihenkäufen dank guter Konjunkturentwicklung leicht zurückgefahren, doch von den Niedrigzinsen und dem Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) mit einem Volumen von 1,85 Billionen Euro rücken die Währungshüter nicht ab. Gleichzeitig hat der volkswirtschaftliche Stab der EZB seine Prognosen betreffend die Inflation nach oben geschraubt: Für 2021 rechnet er mit einem Anstieg der Verbraucherpreise um 2,2 Prozent – bislang waren es 1,9 Prozent –, für 2022 mit einem Anstieg um 1,7 statt wie bisher 1,5 Prozent.
EZB befindet sich weiterhin im Schlepptau Italiens
Für den Chefvolkswirt der Commerzbank ist klar: Mario Draghi hat als italienischer Ministerpräsident an dieser Inflationsentwicklung seinen Anteil. “Italien bleibt auf die Hilfe der EZB angewiesen, die mit Anleihekäufen und negativen Leitzinsen für niedrige Staatsfinanzierungskosten sorgt”, sagt Krämer weiter. Draghis “Aktionen beeinflussen immer noch die Inflation”, fasst der Experte zusammen.
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