IHS-Chef meint: Wir sollen in unserem Leben länger arbeiten
In Frankreich gab es im Frühjahr wochenlang gewalttätige Ausschreitungen, weil das Pensions-Eintrittsalter von 62 auf 64 angehoben wurde. Jetzt fordert IHS-Chef Bonin auch in Österreich eine Rentenreform – der Erhöhung des Pensions-Eintrittsalters könne man nicht ausweichen.
Der neue Direktor des Instituts für Höhere Studien (IHS) in Wien, Holger Bonin (54), fordert im Interview mit der “Presse” eine Pensionsreform in Österreich und damit verbunden eine Erhöhung des Pensions-Eintrittsalters.
Angesichts des anhaltenden Mangels von Arbeitskräften in Österreich müsse die Lebensarbeitszeit hierzulande langsam gesteigert werden, “damit sich alle darauf einstellen können”, sagt Bonin. Er bringt im “Presse”-Interview das Beispiel Deutschland vor. Dort habe man vor 20 Jahren tatsächlich eine Pensionsreform gemacht und das Eintrittsalter von 65 auf 67 Jahre angehoben.
“Aber die Reform wirkt über eine ganze Generation hinweg. Erst 2033 entfaltet sie ihre volle Wirkungskraft. Ich müsste in Deutschland mit 67 in Rente gehen. Ich weiß das aber schon seit 20 Jahren. Ich kann mich darauf einstellen. Mittlerweile muss man sich bereits die Frage stellen, ob das noch reicht oder ob man nicht noch länger arbeiten muss. Denn der Trend zur steigenden Lebenserwartung nimmt noch nicht ab”, erklärt er.
Politiker würden beim Thema in der Mehrzahl den Kopf in den Sand stecken
Bonin bedauert, dass in Österreich “eine Diskussion über Pensionsreformen gar nicht geführt wird”. “Das fällt auf”, sagt er. Er verweist darauf, dass in den einzelnen Partei- und Regierungsprogrammen zu Pensionen “nicht viel drinnen” stehe. Deshalb fordert er: “Also der erste Schritt wäre, überhaupt ein Bewusstsein dafür zu schaffen. Die Erhöhung des Pensionsantrittsalters ist ein Thema, dem man nicht ausweichen kann.”
In diesem Zusammenhang macht Bonin darauf aufmerksam, dass “in den nächsten zehn Jahren” ein massiver “demografischer Wandel” bevorstehe. “Wir merken es ja schon auf dem Arbeitsmarkt. Die starken Jahrgänge der Babyboomer gehen in Rente. Dieser Finanzierungsbedarf und dass die Haushaltsspielräume kleiner werden dadurch, das wird interessanterweise nicht diskutiert”, sagt er.
Viele Politiker zögen nach wie vor den Weg des Wegschauens vor: “Sie verschieben das Problem in die Zukunft.” Die Folge: Der Staat verschulde sich immer mehr. Mit anderen Worten: “Künftige Generationen werden das dann bezahlen müssen.”
In Österreich liegt das gesetzliche Pensions-Eintrittsalter für Männer zurzeit bei 65, für Frauen bei 60 Jahren. Jenes der Frauen wird bis 2033 schrittweise auf ebenfalls 65 Jahre angehoben.
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