Industrie-Experte schlägt Alarm: Steuern auf „Katastrophe“ zu
Österreichs produzierender Sektor schrumpft, heimische Produkte werden teurer: Das ist unsere bisher schlimmste Wirtschaftskrise, warnt der Präsident der Industriellenvereinigung Georg Knill. Neben von den hohen Lohnnebenkosten sei vor allem die Bürokratisierung verheerend, und dass die Regierung keine Strompreiskompensation eingeführt hat.
Österreich befindet sich in einer Rezession. Ein tödlicher Mix belastet die Wirtschaft: Hohe Inflation, somit höhere Zinsen und höhere Lohnabschlüsse, in weiterer Folge höhere Preise für österreichische Produkte – und damit geringere Wettbewerbsfähigkeit und eine stotternde Industrie. Nun schlägt die Industriellenvereinigung (IV) Alarm: Der Wirtschaftsstandort Österreich gerate ins Hintertreffen, die Lage sei ernst. Mit dramatischen Worten ließ IV-Präsident Georg Knill Donnerstagabend in der ZiB2 aufhorchen.
Österreich verliert permanent an Wettbewerbsfähigkeit
Zwar habe sich die Industrie in den vergangenen 20 Jahren gut entwickelt, doch es sei „besorgniserregend, wo wir uns hinentwickeln. Jahr für Jahr verlieren wir an Wettbewerbsfähigkeit“. Im Ranking der OSZE-Länder sei Österreich mittlerweile von Platz 11 auf Platz 24 (!) zurückgefallen. „Wenn man das drei, vier, fünf Jahre schönredet, sind wir im siebten oder sechsten Jahr in einer Katastrophe.“
Fakt ist: Österreich benötige dringend mehr Wettbewerbsfähigkeit im globalen Kontext.
Österreich in der schwersten Krise – abgesehen von 2008 und Corona
Weitreichende Konsequenzen hätten auch die hohen Lohnabschlüsse gehabt. Ihr Effekt: Die Lohnstückkosten (Arbeitskosten pro Leistungseinheit) seien um 20 Prozent gestiegen. „Diese 20 Prozent werden wir in unseren Produkten und Dienstleistungen am Weltmarkt zurückverdienen müssen.“ Die Situation sei „schon bedrohlich und gefährdet Arbeitsplätze.“ Das Problem: Die österreichische Industrie könnte über kurz oder lang ihre Produkte nicht mehr am Weltmarkt verkaufen, weil sie zu teuer seien.
Nicht nur die Zukunft sei besorgniserregend, sonder bereits die Gegenwart: „Wir befinden uns in einer Rezession.“ Der produzierende Sektor sank im vergangenen Jahr um 2,8 Prozent. „Wir hatten noch nie eine so schwere Krise“, wenn man von der Finanzkrise 2008 in Folge der Lehman-Pleite und von den Corona-Jahren absieht.
Sparmaßnahme ohne Senkung der Sozialleistungen möglich
Spielraum gebe es auf jeden Fall. Immerhin habe ja auch „unser deutscher Nachbar“ um fünf Prozent niedrigere Lohnnebenkosten. Möglichkeiten gebe es auch über den Familienlastenausgleichfonds aufgrund von Überschüssen aus der Vergangenheit die Beiträge für Arbeitgeber zu senken. Mit Effizienzmaßnahmen, auch im Gesundheitssystem, bestünden viele Möglichkeiten zu Einsparungen, ohne die Sozialleistungen einzuschränken.
In der Vergangenheit hätten sich eben zahlreiche zusätzliche Belastungen für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber kulminiert. „Nun sind wir mit einer Steuer- und Abgabenquote von 43,5 Prozent unter den drei höchstbesteuerten Ländern Europas.“ Überdies befänden sich viel zu viele Menschen in Teilzeit. „Wir müssen in Richtung Vollzeit kommen.“
Industrie braucht Strompreiskompensation und weniger Bürokratie
In einem wichtigen Punkt sei die Regierung säumig gewesen: Es brauche für die energieintensive Industrie eine Strompreiskompensation, die viele Nachbarländer bereits bis 2030 implementiert haben. Solche Maßnahmen seien wichtig, „damit es in Österreich weiterhin eine Industrie mit einer Million Beschäftigten gibt.“ Sie macht ein Viertel der heimischen Wertschöpfung aus.
Ein „Riesenaspekt“ sei aber die „Bürokratie“, die in enormem Umfang „von europäischer Seite auf die Unternehmen strömt“. Angesichts unzähliger „Berichtspflichten“ brauche es hier einen „Befreiungsschlag“. „Wir haben drei Wünsche: klare Richtlinien, stabile Rahmenbedingungen und maximale unternehmerische Freiheit. Die Bürokratie ist ein Killer für die Wirtschaft, die wir benötigen.“
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