Inflation bei 48,7 Prozent: Türken sollen Staat ihren Schmuck geben
Die türkische Lira verliert in atemberaubendem Tempo an Wert. Noch im Dezember lag die Inflation bei 36,1 Prozent, im Jänner stieg sie bereits auf 48,7 Prozent. Der Finanzminister ruft nun dazu auf, Gold bei der Regierung abzuliefern, um daraus Geldreserven zum Schutz der Währung zu schmelzen.
Die Inflation in der Türkei gerät immer weiter außer Kontrolle. Zuletzt sprang die Inflationsrate auf 48,7 Prozent. Die Lösung des türkischen Finanzministers Nureddin Nebati: Gold.
Verträge zum Schmelzen sollen auch schon unterschrieben sein, wie die “Welt” berichtet – jetzt fehlt nur mehr das Material. Dies möchte Nebati durch einen Appell an seine Landsleute bekommen: Sie sollen ihren Goldschmuck dem Staat abliefern. Diesen wolle man gemäß der Idee des Finanzministers in Barren umschmelzen und bei der Notenbank einlagern, um die Reserven zu erhöhen.
Politik der Notenbank erweist sich als unorthodox
Der Grund für den drastischen Wertverlust der Lira ist ein Zusammenspiel aus Inflation und unorthodoxer Politik der Notenbank. Diese bekämpft die Inflation nicht wie üblich durch Zinserhöhungen, sondern mit dem Gegenteil. Seit September senkt die Bank kontinuierlich die Zinsen – auf Geheiß von Staatschef Recep Tayyip Erdogan. Er meint nämlich, dass die Inflation durch niedrige Zinsen zu bekämpfen sei.
„Die Regierung verspricht sich von der Lockerung der Geldpolitik und der schwachen Lira einen positiven Konjunktureffekt durch eine Stimulierung der Exportnachfrage“, meinte Johannes Mayr, Chefvolkswirt bei der Vermögensverwaltung Eyb & Wallwitz zu dieser Theorie. Dahinter stecke aber auch politisches Interesse: Eine hohe Wachstumsrate mache Erdogans Wiederwahl wahrscheinlicher.
Wechselkursabsicherung für Einlagen
Vor Weihnachten konnte zumindest der Verfall der Lira am Devisenmarkt gestoppt werden – jedoch mit einer fragwürdigen Maßnahme. Die Türkei verkündete eine Wechselkursabsicherung für die Einlagen heimischer Sparer bei türkischen Banken.
Einheimische können dort nun sogenannte „fremdwährungsgeschützte Lirakonten“ eröffnen. Diese haben eine Laufzeit von drei bis zwölf Monate, am Ende soll ein etwaiger Verlust durch den Staat ausgeglichen werden, im Falle, dass sich der Wechselkurs der Lira in diesem Zeitraum weiter verschlechtert haben sollte.
Dies führte zwar zu einer Stabilisierung der Währung, ist aber ein finanzpolitisches Risiko. „Im Falle einer ungünstigen Wechselkursentwicklung kämen erhebliche Mehrbelastungen auf die Staatsfinanzen zu“, meinte Patrick Heinisch, Türkei-Experte bei der Landesbank Hessen-Thüringen.
Gold soll aushelfen
Aus diesem Grund soll Gold jetzt aushelfen. Dieses soll die Währung stützen und jegliche Mehrbelastungen verhindern. Ob das Volk dabei mitmacht, ist jedoch zu bezweifeln. Bereits im Mai 2018, hatte es einen ähnlichen Appell gegeben. Damals rief Erdogan die Türken auf, ihre Dollarbestände zur Stützung der Währung in Lira umzutauschen. Jene, die dem Aufruf folgten, verloren aufgrund des starken Währungsverlustes bis heute rund zwei Drittel ihres Geldes.
Wenn der Aufruf jedoch kein Gehör findet, folgen oft Zwangsmaßnahmen – gerade in der Türkei ist dies nicht unwahrscheinlich. Seit Mitte Jänner müssen Exporteure ein Viertel ihrer Deviseneinnahmen in Lira umtauschen. Zudem könnte das Land ein Verbot für den Goldbesitz aussprechen.
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