Zwar bezieht das Land auch einen geringen Anteil über Deutschland, doch der Löwenanteil stammt aus russischen Quellen. Die Zahlen sprechen für sich: Im Dezember 2023 bezog Österreich 98% der Gasimporte aus Russland, während der Anteil über das Jahr 2023 hinweg zwischen 43% und 90% schwankte. Im Juni 2024 belief sich dieser Anteil auf 83%. Die enge Verbindung zu Russland ist vor allem durch einen langfristigen „Take-or-pay‟-Vertrag zwischen dem österreichischen Energieversorger „OMV‟ und dem russischen Energiekonzern Gazprom bis ins Jahr 2040 gefestigt. Dieser Vertrag bindet Österreich vertraglich an die Abnahme bestimmter Gasmengen, unabhängig vom tatsächlichen Bedarf.

Eine unerwartete Wende könnte jedoch durch die Entwicklungen in der Ukraine bevorstehen. Das Transitabkommen zwischen der Ukraine und Gazprom, das den Gasfluss durch ukrainisches Territorium regelt, läuft Ende dieses Jahres aus. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte bereits angekündigt, den Gastransit durch die Ukraine nicht zu verlängern. Ohne diese Vereinbarung würde Österreich komplett von russischen Gaslieferungen abgeschnitten – eine dramatische Situation für das Land, das sich mitten im Winter auf alternative Quellen verlassen müsste.

Kurzfristig kommt es zu Preissteigerungen

Felbermayr gibt allerdings Entwarnung: Die österreichischen Gasspeicher sind derzeit gut gefüllt, und alternative Versorgungswege stehen bereit. Trotzdem prognostiziert er kurzfristige Preissteigerungen von 20 bis 25 Prozent, da die Umstellung auf neue Lieferquellen erhebliche Kosten verursachen wird. Technisch ist die Abkehr von russischem Gas durchaus machbar. Österreich hat in den letzten Jahren diverse Alternativen geprüft und verfolgt langfristig das Ziel, seine Energieversorgung zu diversifizieren. Dabei könnten Länder wie Norwegen mit ihren Gasvorkommen, Flüssiggas aus verschiedenen internationalen Quellen oder auch Gas aus Nordafrika und Zentralasien eine wichtige Rolle spielen. Diese Diversifikation würde nicht nur die Energieversorgung sichern, sondern auch die wirtschaftliche und sicherheitspolitische Abhängigkeit von Russland erheblich reduzieren.

Trotz der Dringlichkeit, die Abhängigkeit von Russland zu verringern, bleibt die Frage nach den Kosten. Die Umstellung auf andere Energiequellen erfordert erhebliche Investitionen in Infrastruktur und Lieferketten. Zudem werden kurzfristig wohl steigende Energiepreise sowohl für die Industrie als auch für private Haushalte eine Herausforderung darstellen. Langfristig könnte jedoch die Unabhängigkeit von russischem Gas die Versorgungssicherheit erhöhen und Österreich widerstandsfähiger gegenüber geopolitischen Risiken machen.