Sigismund Kobe zufolge liegt der deutschen Energiewende “Unwissenheit über die physikalischen Gesetze” zugrunde. Der emeritierter Physik-Professor an der Technischen Universität Dresden, Jahrgang 1940, ist sich sicher: “Wenn weiterhin wie bisher natur- und ingenieurwissenschaftlichen Prinzipien ausgeblendet werden, wird das gesamte bisherige Konzept der Energiewende platzen wie eine bunte Seifenblase.”

Regenerative Energiequellen reichen nicht aus

Deutschland möchte als erstes Land komplett aus der Kohle aussteigen und darüber hinaus auch noch seine Kernkraftwerke stilllegen. Die Industrienation will der gesamten Welt beweisen: Es ist möglich in Deutschland nur über regenerative Energiequellen eine stabile Stromversorgung sicherzustellen. Das wird sich nicht ausgehen, unterstreicht Kobe im Gespräch mit dem deutschen Medium Eifelon, und zwar aus physikalischen Gründen, wie er anhand der verschiedenen Formen erneuerbarer Energiequellen aufzeigt.

Die Möglichkeiten zum Ausbau der Wasserkraftanlagen ist in Deutschland begrenzt

Mit Wasserkraft- und Biogasanlagen könnte Strom zwar weitgehend nach den Bedürfnissen der Verbraucher bereitgestellt werden, nur haben sie “in Deutschland kein größeres Ausbaupotenzial mehr”. Im Gegensatz zu Norwegen oder der Schweiz fehlen Deutschland genügend Regionen mit den erforderlichen Höhenunterschieden um ausreichend viele zusätzliche Wasserkraftwerke zu bauen. Zudem reicht die jährliche Regenmenge nicht aus. Die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen in Deutschland seien hingegen bereits hinreichend aufgeteilt in solche für die Lebensmittel- und Futtermittelproduktion und solche für bioenergetische Nutzung. Damit ist das künftige Potenzial dieser beiden erneuerbaren Energiequellen für Deutschland stark begrenzt.

Bei Wind und Sonne sind die Schwankungen zu groß

Als weitere erneuerbare Energiequellen, in deren Zubau Deutschland investieren könnte, bleiben somit nur Wind und Sonne. Das Problem: Hier schwankt die Stromerzeugung, wie Kobe unterstreicht. Es hängt halt davon ab, ob der Wind gerade weht – oder eben nicht, wobei letzteres durchaus häufig der Fall ist. Bei der Solarenergie wiederum hängt alles von der Sonneneinstrahlung ab: “Der weitaus überwiegende Teil des jährlichen Anteils von Strom aus Photovoltaik-Anlagen an der Stromproduktion wird im Sommer und dann wiederum vor allem in wenigen Stunden um die Mittagszeit eingespeist, vorher und nachher ist der Anteil gering und nachts scheint die Sonne nie.” Das Netz könne diese zusätzlichen Erzeugungsschwankungen bald nicht mehr verkraften.

Solaranlagen lassen sich ausbauen, doch das ändert an den Schwankungen bei der Stromerzeugung nichts

Anders als bei Wasserkraft- und Biogasanlagen ist ein Zubau von Solar- und Windkraftanlagen in Deutschland durchaus möglich und wird auch vielfach gefordert – nur löst er leider das Problem nicht. Trotz starkem Zubau ist schon jetzt die tatsächlich erbrachte Leistung vergleichsweise gering geblieben. Wenn noch mehr Wind- und Solaranlagen zugebaut werden, lassen sich damit die Probleme bei Dunkelflaute dennoch nicht lösen. Wenn in Deutschland kein Wind weht, bewegt sich auch kein Windrad, egal wie viele zusätzliche aufgestellt wurden. Wenn umgekehrt zu viel Sonne scheint und zu viel Wind weht, produzieren die Anlagen mehr als alle Verbraucher abnehmen können. Auch dann ist die Versorgungssicherheit gefährdet und das System nicht mehr stabil.

Deutschland bräuchte viel mehr Speicher

Das Problem ist: Die Verbraucher geben den Rhythmus vor. Sie legen fest, wann wie viel Strom gebraucht wird. “Strom sei nun einmal die verderblichste Handelsware der Welt”, sagt Kobe. Im selben Moment, in dem er erzeugt wird, muss er auch verbraucht werden. Stromüberschüsse können im Netz aber nicht gespeichert werden. Eine Lösung bestünde darin, den momentan zu viel erzeugten Strom zu speichern. Das Problem: Deutschland hat solche Speicher mit der notwendigen gigantischen Speicherkapazität nicht, und sie werden ihm in absehbarer Zeit auch nicht zur Verfügung stehen.

Batterien von E-Autos sind auch kein Ersatz für Stromspeicher

Die Akkus der Elektroautos reichten bei weitem nicht als Stromspeicher, ganz abgesehen davon, dass niemand die Kosten für die Zwischenspeicherung tragen wird, es sei denn, er wird dafür entschädigt.

Die größte Sorge bereitet Kobe die Versorgungssicherheit. Der Verfasser des Monitoringberichts des Wirtschaftsministeriums dürfte nicht ohne Grund anonym geblieben sein. Darin heißt es nämlich: “Insgesamt ist die Verfügbarkeit der Energieträger für die Stromerzeugung als gesichert einzuschätzen.” Dazu Kobe: “Fachkundige sind entsetzt und schlagen Alarm.“

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Kommentare

  • Hans J. Langer sagt:

    Ihre Artikel ist völlig richtig, nur zur Zeit ist Physik nicht mehr IN und wurde von den Grünen durch ihre Ideologie ersetzt.
    Die sind aber schlau, so werden Forschungsaufträge an DIW vergeben, um die Kernkraft weiter schlecht zu machen. Z.B. das der Strom aus der Kernkraft zu teuer ist wegen den Entsorgungskosten. Das diese sowieso anfallen oder angefallen sind, wird weg gelassen. Das die Kosten der Erderwärmung durch CO2 unendlich werden wird auch nicht gerechnet. So sind Kohlekraftwerke jetzt besser als die Kernkraft.
    Ein Fraunhofer Institut bekommt die Aufgabe zu beweisen, das e-fuels für fast alle Anwendungen unbrauchbar sind. Damit die Notwendigkeit für das VERBRENNER-AUS bewiesen werden kann.
    So wird das ideologisch orientierte Handeln sogar “pseudo” Wissenschaftlich unterlegt.
    Dies nur in Kurzform, bis selbst Physiker und habe 55 Jahre Erfahrung in allen Arten der physikalisch technischen Entwicklung. Wir haben z.B. viele Sensoren hergestellt um die Kernkraftwerke sicher zu machen.
    Zur Zeit bin ich entsetzt über den Dilettantismus in der Politik in Bezug auf die Energiewende. Seit Jahren wird in Deutschland so gut es geht da vieles so richtig falsch gemacht.
    Bin zur Zeit dabei einen kleinen Verband von erfahrenen Physikern zu bilden, um sachlich richtige Vorschläge zu einer Energiewende öffentlich zu machen.
    Es würde mich freuen, wenn wir auch Sie zu unserem Verbund mit machen könnten.
    Mit freundlichem Gruß
    Hans J. Langer
    Dipl.Physiker

  • Michael Hartmann sagt:

    Jeder Kilowattstunde welche nicht verbraucht wird, muss nicht erzeugt werden. Hier gibt es direkt vom Hersteller eine physikalische wirtschaftliche Maßnahme, auch eSaver-Verfahren genannt. 1,5 Stromrechnungen nach jeder Trafostation. Rekuperation von eklektischem Abfall in Millisekunden ist das Stichwort. Alle Maßnahmen können sich ergänzen, das eine tun, das andere nicht lassen. Verbesserungsvorschläge mit dem eSaver in den Firmen helfen!

  • Johannes Daxbacher sagt:

    Diese Politik vergisst total eine Energiegewinnung or allem für die Heizung, die keine Spitzen und Tiefen kennt und kaum Speicherprobleme hat: die Erdwärme. Sie kann dezentral Wärme (und Kälte) erzeugen. Gerade gegen Erdgas, Kohle und Erdöl ist Geothermie die Zukunftstechnologie. Ihre Vernachlässigung wird sich bitter rächen.

  • Blessralle sagt:

    Das Ganze kann nur aufgehen wenn es extreme Energiesparmöglichkeiten gibt. Allerdings verbrauchen wir immer mehr Energie und Ressourcen. Wenn ich die übervollen Märkte sehen mit unwichtigen Dingen habe ich Zweifel. Es wird einfach viel zu viel produziert, die Armee wirft Unmengen an Gasen in die Atmosphere, Luxus ist zur Normalität geworden.

  • lepuseuropeus sagt:

    “Unwissenheit über die physikalischen Gesetze” und das bei einer Kanzlerin die angeblich Quantenphysik studiert hat und jetzt Deutschland in eine Energiekrise treibt.

    1. Geheimrat sagt:

      Wenn man Physik studiert hat, sollte man zumindest wissen, dass 1 + 1 gleich 2 ist – und nicht 3, 4, oder 5…..

      Aber es ist eben alles sehr kompliziert !!!

  • lensgold369 sagt:

    Durch politisches Diktat wird nichts erreicht werden. So und so viel Reduktion von CO2 bis 2030 oder 2040 bringt gar nichts wenn es technisch nicht machbar ist und nur von Bürokraten verordnet wird. Niemand hinterfragt wieso der Staat so tief in unser Leben eingreifen kann. Wo ist da die Legitimation? Und warum die Eile? Der Zusammenhang zwischen anthropogener CO2 Produktion und Erderwärmung ist nicht wissenschaftlich belastbar bewiesen. Und was nützt das alles, wenn der Rest der Welt nicht mitspielt. Die Blase wird platzen aber leider erst wenn großer Schaden angerichtet ist.

    1. Xxx sagt:

      Anthropogener CO2 Einfluss auf Erderwärmung nicht bewiesen? Das ist nicht dein Ernst oder?

      1. Johann Schüdde sagt:

        Dann kann man die Tatsache, dass die Sonne im Osten aufgeht, auch als nicht bewiesen ansehen. Dann kann man die Tatsache, dass die Erde rund ist, sich täglich um sich selbst und sich jährlich um die Sonne dreht, auch als nicht bewiesen ansehen. Ich kann nur hoffen, dass es als bewiesen angesehen wird, dass 1 + 1 immer 2 ergibt.

  • Prof. Jürgen Schwager sagt:

    Vielen Dank für diesen Beitrag, den die Träumer von einer kurzfristigen Stromversorgung aus 100%-EE natürlich kritisieren. Ich bin ein Freund der Stromerzeugung aus EE. Jede per EE erzeugte KWh ist nachhaltig, sie sorgt dafür, dass nachfolgende Generationen das kostbare Erdöl noch für chemische Prozesse einsetzen können.
    Aber eine wetterabhängige Stromversorgung ohne einen kurzfristig realisierbaren riesigen Energiespeicher ist unverantwortlich!
    Visionäre in Forschungsinstituten denken über H2 oder andere Gase nach, die man aus Überschüssen von Strom aus Wind und Sonne erzeugen und speichern kann. Das ist theoretisch gut, insbesondere mit Strom aus Nordafrika. Aber eine Umsetzung in der benötigten Größe wird lange dauern.
    Ich werde zu diesem Thema eine Homepage erstellen. Vorerst sammle ich Kontakte und Fakten auf dem Twitter-Account https://twitter.com/EE_Fakten

    1. Sieglinde Stütz sagt:

      Ihr Piefkes macht das schon, ihr seit ja auch die Exportweltmeister ( nur das Geld für die Exporte werdet ihr wohl nie bekommen 😁) habt ja lauter Super Hirne in der Politik und seit 2015 importierte Ingenieure und Fachkräfte !!! Ihr schafft das schon,
      an Tagen wie diesen, wo es grau ist, da haben wir natürlich viel weniger erneuerbare Energien. Deswegen haben wir Speicher. Deswegen fungiert das Netz als Speicher. Und das ist alles ausgerechnet.
      Annalena….

  • Informant sagt:

    Die Industrie braucht verlässliche Stromoroduzenten und das geht nur mit Atom und Wasser; Standby sollten auch Kohle zur Verfügung stehen und zusätzliche Spitzen aus dem Ausland abgesicherte werden, das kostet halt.
    Selbstverständlich hat D viel Potential, jedoch stellen die schwachen Leitungen ein Hauptproblem dar, nämlich den Windstrom vom Norden in den Süden zu bringen

  • Oder-Spree sagt:

    Ja, ja Thomas aus NRW,
    man muss hier schon mal zeigen wer Geld hat unds sich die Energiewende leisten kann.
    Ich kann so ein Gerede einfach nicht hören, physikalisch ist Deutschland schon lange eien 0 Nummer!! Wir werden schon in den nächsten jahren merken was los ist. Die mit gerigen Einkommen werden unter gehen und den Reichen ist es doch egal. Wenn die Energeiwende kommt können sie es auch bezahlen!! Demokratisch wird es auf alle Fälle nicht zugehen!

  • Joe Blue sagt:

    Das Problem sind eigentlich nur solche Professoren wie Kobe, die Null Ahnung von der Thematik haben. 100% Erneuerbare Energien in allen Sektoren ist möglich. Die Technik ist da, Speicher auch. Es muss nur ausgebaut werden. Und daskommt uns auch noch viel billiger als weiter jedes Jahr 80 Milliarden Euro an Scheichs und Despoten zu zahlen

    1. Ralf sagt:

      Der war gut!!! jetzt hab ich herzhaft gelacht!! 100% Erneuerbare…….reden wir in 200-300 Jahren noch mal drüber!

    2. Gerhard Voelkl sagt:

      Na zum Glück sind sie ja der Experte. Dann begründen sie das bitte und verwenden sie nicht irgendwelche haltlose Floskeln. Woher nehmen sie den Strom wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint?

    3. GN sagt:

      Ich bin ein Ing. der alten Schule – höflich, respektvoll und sehr erfahren.
      Nur ein wenig Recherche ist notwendig, um zu verstehen, dass Prof. Kobe absolut Recht hat.
      Noch ist wenigen bewusst, wie nahe wir ständig am Rande eine Black-Out wandeln, sollten ernsthaft die Grundlast-Kraftwerke vom Netzt genommen werden, dann “Gute Nacht” im wahrsten Sinne des Wortes.

      1. Joachim Otte sagt:

        Joe Blue. Welchen Hintergrund haben Sie um das Thema beurteilen zu können?

        1. Remy Martin sagt:

          er hat Gretas Vorlesungen besucht. Das reicht – ihm zumindest 😉

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