Was einst als Erfolg gefeiert wurde, entpuppt sich nun als Last. Während der Coronapandemie hatten viele Unternehmen noch unter extremen Lieferverzögerungen zu leiden und bestellten in Panik größere Mengen an Chips, als sie tatsächlich benötigten. Der damalige Mangel führte zu übertriebenen Bestellungen, die nun zur Belastung werden. „Als die Chips nach einem Jahr immer noch in den Regalen lagen, wurde vielen klar, dass das Problem nicht so schnell verschwinden würde“, erklärt Noureddine Seddiki, Geschäftsführer des Frankfurter Elektronik-Brokers Sand & Silicon gegenüber dem Handelsblatt. Heute kämpfen die Firmen mit einer Überfülle an Bauteilen, die sie nicht mehr absetzen können.

Die Bestände, die sich aufgrund von Überbestellungen angesammelt haben, sind mittlerweile zu einem finanziellen Problem geworden. Laut Seddiki erreichen viele Unternehmen nun das Ende ihrer Liquidität und suchen verzweifelt nach Lösungen, um ihre Lagerbestände schnell zu veräußern. „Viele Geschäftsführer bitten uns, die Bauteile schnellstmöglich zu Geld zu machen“, berichtet er. Doch eine schnelle Lösung ist selten möglich, und die Marktbedingungen erschweren es den Firmen, die Bestände in der benötigten Geschwindigkeit abzubauen.

Die weltweite Perspektive: Ein globales Phänomen

Nicht nur in Deutschland sind die Lager voll. Phil Gallagher, CEO des amerikanischen Elektronikgroßhändlers Avnet, bestätigt, dass auch weltweit zu viele Chips auf Halde liegen. Der Elektronikgroßhändler meldet einen dramatischen Umsatzrückgang von zwölf Prozent im jüngsten Quartal, mit einem noch steileren Rückgang von 28 Prozent in Europa. „Die Situation ist global – es gibt einfach zu viele Waren auf den Märkten“, so Gallagher. Inmitten dieses Rückgangs hilft Avnet seinen Kunden, indem es nicht benötigte Ware zurücknimmt und teils Finanzhilfen bereitstellt.