Die Bildungskarenz, ein Instrument, das ursprünglich zur beruflichen Weiterbildung dienen sollte, steht im Zentrum politischer Debatten. Immer wieder entfachen Diskussionen darüber, wie dieses Modell effizienter gestaltet werden kann und ob es auch tatsächlich zur Weiterbildung genutzt wird.

Frau muss 20.000 Euro zurückzahlen

Besonders auffällig war der Fall im Sommer, als das Arbeitsmarktservice (AMS) in rund 80 Fällen Tausende von Euro zurückforderte. Der Grund: Ein privates Bildungsinstitut, das in diesen Fällen als Weiterbildungsträger fungierte, hatte die staatlichen Anforderungen nicht erfüllt. Die betroffenen Personen – meist aus dem Gesundheits- und Pflegebereich – mussten auf den nachträglichen Druck des AMS reagieren, was zu einem bemerkenswerten Anstieg an Beschwerden führte. Inzwischen liegt bereits das erste Urteil vor, das einer Krankenpflegerin 20.000 Euro Rückzahlung auferlegte.

Dieser Vorfall wirft nicht nur Fragen zur Umsetzung der Bildungsmaßnahmen auf, sondern macht auch den Reformbedarf deutlich. Aktuell finden in den Koalitionsverhandlungen zunehmend Gespräche über eine Neugestaltung der Bildungskarenz statt. Die steigende Zahl an Rückforderungen könnte als Indiz dafür dienen, dass nun striktere Kontrollen notwendig sind. Silvia Hofbauer, Leiterin der Abteilung Arbeitsmarkt und Integration bei der Arbeiterkammer, betont: „Die Bildungskarenz ist ein wichtiges Instrument, um Menschen die Möglichkeit zur Weiterbildung zu geben. Doch sie muss sich auf den Arbeitsmarkt auswirken.“

Hofbauer fordert eine intensivere Prüfung der Bildungsmaßnahmen, insbesondere im Hinblick auf deren Arbeitsmarktrelevanz. „Der seminaristische Anteil an den Kursen könnte ebenfalls weiter ausgebaut werden“, so Hofbauer, um die Effektivität der Weiterbildung zu steigern.

Aktuelle Regelungen und ihre Mängel

Die Bildungskarenz bietet Arbeitnehmern die Möglichkeit, sich für einen Zeitraum von zwei bis zwölf Monaten beruflich neu zu orientieren, wobei sie während dieser Auszeit 55 Prozent ihres Nettoeinkommens vom Arbeitsmarktservice (AMS) erhalten. Doch diese finanzielle Unterstützung ist an strenge Voraussetzungen gebunden. So muss etwa ein unbefristetes Arbeitsverhältnis von mindestens sechs Monaten bestehen, und der Arbeitgeber muss der Bildungskarenz zustimmen. Je nach Art der Weiterbildung sind zudem spezifische Nachweise erforderlich, wie etwa acht ECTS-Punkte bei einem Studium oder mindestens 20 Wochenstunden in einer außeruniversitären Weiterbildung, wobei ein Viertel dieser Stunden in Seminaren verbracht werden muss.

Kritiker bemängeln jedoch, dass diese Anforderungen vor allem jungen, gut ausgebildeten Arbeitnehmern zugutekommen. Weniger gebildete oder ältere Menschen, die ebenfalls von einer solchen Weiterbildung profitieren könnten, haben hingegen öfters nicht die Möglichkeit, von der Bildungskarenz zu profitieren, da passende Angebote für diese Zielgruppen fehlen.

Die Lösung: Breitere Zugänge und mehr Flexibilität

Die Experten sind sich einig, dass der Zugang zur Bildungskarenz erweitert werden muss. Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, wäre die Einführung einer Bildungsberatungsstelle, die speziell auf ältere oder weniger qualifizierte Arbeitnehmer abzielt. Darüber hinaus könnte die Einführung höherer Mindestsätze für das Weiterbildungsgeld dazu beitragen, finanzielle Hürden abzubauen und breitere Schichten der Bevölkerung anzusprechen.

Ein mögliches Ende der Bildungskarenz?

Während einige Reformen zur Verbesserung der Bildungskarenz vorgeschlagen werden, ist auch eine Abschaffung des Modells aktuell nicht auszuschließen. Finanzminister Gunter Mayr sieht in einer Streichung der Bildungskarenz ein Sparpotenzial von etwa 650 Millionen Euro. Doch Wifo-Experte Eppel widerspricht dieser Einschätzung: „Eine vollständige Abschaffung würde weder den Arbeitsmarkt noch die Weiterbildung nachhaltig verbessern. Es geht darum, ein langfristig tragfähiges und gerechtes System zu schaffen.“ Ein solches System könnte, so Eppel, mit Mehrkosten verbunden sein, würde sich jedoch auf lange Sicht auszahlen.