Filmregisseur Ben Russell erklärt bei der Entgegennahme der „Lobenden Erwähnung“ eingehüllt in ein Palästinensertuch: „Natürlich stehen wir auch hier für das Leben und wir stehen gegen den Genozid und für einen Waffenstillstand in Solidarität mit all unseren Genossen.“ Dieselben Künstler, die vorher nichts mit Rechtsextremismus und rechten Oppositionsparteien zu tun haben wollten, applaudierten begeistert. Beobachter sind schockiert – die Grünen schweigen. Was für eine Schande – und ein aufgelegter Elfmeter für die AfD-Spitze: „Den Menschen muss man nur Zeit geben, sich selbst zu entlarven“, kommentierte AfD-Chefin Alice Weidel.

Dass Russell damit die Position antisemitischer Anti-Israel-Demonstranten übernommen hat, interessierte auf der Berlinale keinen – oder war niemandem dort bewusst. Die Glaubwürdigkeit des dortigen Eintretens gegen Hass ist damit ebenfalls in Frage gestellt. Aber vielleicht werden politische Stellungnahmen von Künstlern tendenziell überschätzt: Willkommen sind sie in der Regel immer dann, wenn sie „gegen rechts“ sind. Der „Stern“ kommentierte: Man ist jedes Mal „wieder erstaunt, dass Menschen, die preiswürdige künstlerische Werke hervorbringen, gleichzeitig bedenklichen Ideologien anhängen und dummes Zeug faseln.“

Vorurteile, die eine Anti-Israel-Lobby seit Jahren schürt

Seit vielen Jahren bekämpft eine antisemitische Anti-Israel-Lobby das Existenzrecht Israels, weil sie keinen jüdischen Staat im Nahen Osten dulden will. Dabei arbeitet sie bewusst mit Fake News, bedient uralte antisemitische Vorurteile und legt an Israels Handeln weltfremde Maßstäbe an, an die sich ansonsten niemand hält, auch nicht der Westen. Ihre Propaganda hat offensichtlich Erfolg, gerade auch in der Kunstszene.

In aller Kürze: Mehr als zwei Millionen Palästinser leben im Gazastreifen, knapp 30.000 wurden seit Israels Krieg gegen die dort herrschende Terrororganisation Hamas getötet. Das ist dramatisch! Nur reagierte Israel damit erstens auf einen versuchten Genozid – das beispiellose Massaker am 7. Oktober 2023, bei dem 1239 Menschen bestialisch ermordet und 240 weitere als Geiseln genommen wurden. Zweitens warnte und warnt Israel als bisher einzige Kriegspartei die Zivilisten der Gegenseite, bevor es mit den Angriffen beginnt. Gleichzeitig opfert die Hamas bewusst Zivilisten und versteckt sich in Spitälern, Schulen etc. Sind das die „Genossen“, von denen Russell gesprochen hat?

Die Berlinale wollte sich von der AfD fernhalten. Nun liegt erst Recht ein Schatten auf ihr. Im Bild: Ben Russell (r.) und Cailleau.APA/AFP/Tobias SCHWARZ

Die vielen Zivilisten, die beim „Krieg gegen den Terror“ und gegen den IS starben

Ginge es in diesen Krieg um einen Genozid an den Palästinensern, wäre das Kämpfen wohl schon vorbei: Israel könnte dort im Handumdrehen alles dem Erdboden gleich machen, anstatt sich mühsam, Schritt für Schritt, vorwärts zu kämpfen, und dabei permanent auf zivile Einrichtungen Rücksicht zu nehmen.

Nur zum Vergleich: Beim Krieg gegen den Terror, den die USA nach dem 11. September geführt haben, wurden schätzungsweise 432.093 Zivilisten getötet. Die westliche Koalition gegen den IS tötete im Nahen Osten schätzungsweise 30.000 Zivilisten.

Die „echten“ Genozide

Der „Stern“ hält fest: „ ‚Gegen Genozid‘ zu sein, ist natürlich redlich und wichtig“. Abgesehen von den Nazis begingen die Türken „Völkermord an den Armeniern“, ebenso tat dies „Stalins Terrorregime während des Holodomors an den Ukrainern, die Hutus in Ruanda an den Tutsi. Wer aktuell gegen einen Genozid protestieren möchte, hätte mit der Volksrepublik China einen guten Adressaten, der immer noch die Minderheit der Uiguren versklavt und planstabmäßig vernichtet. Doch all das ist bei Herrn Russell nicht gemeint, der Filmemacher hat sich wie viele Pro Palestine-Aktivisten den Begriff geschnappt und missbraucht ihn für seine antiisraelische Propaganda.“

Wer umgekehrt „Palestine will be free, from the River to the sea“ brüllt, fordert selbst einen Genozid an Juden im Nahen Osten. Wie die „Jüdische Allgemeine“ berichtet, waren die Auslassungen von Ben Russel kein Einzelfall auf der Berlinale: Von anti-israelischen Sprechhören berichtete die Zeitung, und von einer einer Podiumsdiskussion, auf der das Filmemacher-Kollektiv um Basel Adra und Yuval Abraham Israel als „Apartheidstaat“ bezeichnete.