Wenn Klimatologen Prognosen für bevorstehende Monate wagen, spricht man von Jahreszeitentrends. Das sind keine Wettervorhersagen im klassischen Sinn. Tagesgenaue Prognosen sind auch gar nicht möglich. Hier geht es um Klimaprojektionen, die grobe Schätzungen liefern und Aussagen darüber fällen, ob es wärmer oder kälter als das langjährige Klimamittel wird.

Von höchstem Interesse ist das zurzeit für Europa. Ob es milder Winter wird oder ein kalter hat erhebliche Folgen für den weiteren Verlauf der Energiekrise.

Deutsche und europäische Modelle weichen voneinander ab

Eines gleich vorweg: Für Dezember und Jänner weichen die amerikanischen und europäischen Berechnungen voneinander ab. Bei Oktober und November ist man sich einig: Diese beiden Monate sollen milder verlaufen als in den Jahrzehnten zuvor (1991 bis 2020) durchschnittlich der Fall war – aber nur leicht milder.

Ein kälterer Winter bedeutet diesmal nicht nur höhere Energiekosten, sondern am Ende womöglich Energieknappheit.FABRICE COFFRINI/AFP via Getty Images

Gemäß dem amerikanischen Wetterdienst NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration) mit Sitz in Washington wird der Oktober 0,5 bis 1 Grad über dem Klimamittel liegen. Das ist ein kleines Plus. Immerhin. Ähnlich sieht es auch für den November 2022 aus: Weder große Kälte, noch große Wärme steht bevor. In weiten Teilen Europas dürfte der November ebenfalls 0,5 bis maximal 1 Grad wärmer ausfallen, teilweise, etwa im süddeutschen Raum, wären auch 1 bis 2 Grad höhere Durchschnittstemperaturen möglich.

NOAA sieht einen milden Winter

Zu denselben Ergebnissen gelangt für diese beiden Monate das europäische Wettermodell ECMWF (Europäische Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage) mit Sitz im Vereinigten Königreich: 0,5 bis 1 Grad über dem Klimamittel sollen die Temperaturen liegen.

Werden wir deutlich mehr heizen müssen?GETTY

Gemäß NOAA wird den Europäern im Dezember und Jänner ein Eiswinter erspart bleiben. Maximal 0,5 bis 1 Grad sollen die Temperaturen auch im Dezember über dem langjährigen Klimamittel liegen. Im Jänner 2023 sollen sogar milde Temperaturen möglich sein, 1 bis 2 Grad höher.

Europäer rechnen mit kaltem Winter

Die Europäer gehen im Gegensatz zu NOAA keineswegs von einem milden Dezember aus. Im Gegenteil: Die Temperaturen sollen höchsten normal sein – also dem Durchschnitt der vergangenen Jahrzehnte – entsprechen. Damit wäre der Dezember 2022 schon einmal kälter als jener von 2021. Mehr Heizen als im vergangenen Jahr wäre dann angesagt. Gleiches gilt gemäß  ECMWF auch für den Jänner 2023, nur teilweise könnten die Temperaturen höher als sonst liegen.

Für den deutschen Meteorologen und Pressesprecher von wetter.net Dominik Jung steht fest: “Da gibt es wohl nicht so viel Heizkosten zu sparen. Wahrscheinlich müssen wir deutlich mehr heizen als im Vorgänger-Winter 2021/2022”, unterstreicht er gegenüber der Website BW24 aus Baden-Württemberg.