Die SPÖ verlangt ihren eigenen Mitgliedern zurzeit viel Geduld und gute Nerven ab. Bis zum 3. Juni, dem Tag des außerordentlichen Bundesparteitags, wird das Rennen um den Parteivorsitz nicht entschieden sein. Dass die Mitgliederbefragung bis 10. Mai die Debatten zuvor beenden wird, darf nämlich bezweifelt werden. Erstens soll das Ergebnis nicht bindend sein für Wahl am Parteitag, zweitens ist ein eindeutiges Ergebnis im Rahmen der Mitgliederbefragung ungewiss.

Somit stehen den 147.000 Parteimitgliedern keine leichte Zeiten bevor. Viele empfanden schon den jahrelangen Hickhack zwischen Parteichefin Pamela Rendi-Wagner und Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil als zermürbend.

Die Mitgliederbefragung wird für die Wahl am Bundesparteitag nicht bindend sein, hat Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch (SPÖ) angekündigt.APA/HELMUT FOHRINGER

Unklar, wer zur Wahl stehen wird

Die in zwei Wochen beginnende Mitgliederbefragung, die bis 10. Mai andauern wird, dürfte die Debatten bis zum Parteitag auf jeden Fall nicht beenden. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen unter den Favoriten ist durchaus möglich. Es wäre schon eine Sensation, wenn einer von ihnen eine absolute Mehrheit bekommen würde.

Parteichefin Rendi-Wagner und Herausforderer Doskozil haben sich bereits in den vergangenen Jahren durch die Dauer-Kritik am anderen selbst beschädigt.

Unklar ist zurzeit, wer überhaupt zur Wahl stehen wird. Das soll heute die SPÖ-Parteizentrale klären. 73 Personen haben sich um den Vorsitz beworben. Einige davon sollen aber die Kandidatur zurückgezogen haben – nur weiß man zurzeit nicht wer. Ursprünglich konnte sich jedes Parteimitglied bewerben, nachträglich wurde noch Unterstützungserklärungen eingefordert. Möglicherweise werden nur drei Personen antreten, wie es heißt, was aber bedeuten würde: In der Zwischenzeit wurden neue Hürden aufgestellt.

Ein aggressiver Dreikampf hat bereits begonnen

Auf einen aggressiven Dreikampf zwischen Rendi-Wagner, Doskozil und dem Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler steuert zurzeit alles zu. Hier hat der SPÖ-Wahlkampf bereits begonnen – und sorgt für massive Verwerfungen und neue Lager.

(v.l.n.r.) Babler, Doskozil und Rendi-Wagner: Mit dem internen Wahlkampf dürften auch die Zerwürfnisse zunehmen.APA/APA

Doskozil wird im Rahmen seiner „Freundschaftstour“ alle Bundesländer aufsuchen, vornehmlich am Wochenende. Das Groß-Event findet in Knittelfeld statt. Unterdessen teilt der burgenländische Landeshauptmann kräftig gegen die Wiener Spitze rund um Rendi-Wagner aus: „In der Parteiführung gibt es ein elitäres Blasendenken und ein paar Leute, die glauben, sie können über richtig und falsch entscheiden“, polterte er im „Standard“-Interview, der eXXpress berichtete. „Diese angebliche moralische Elite in der SPÖ glaubt sogar, gegen die Mehrheit der Parteimitglieder auftreten zu können. Sagt man dann irgendwann auch, der Wähler hat geirrt?“

Zunehmend scharfe Kritik an Doskozil

Ganz im Wahlkampfmodus ist ebenfalls bereits der Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler. Er knüpft an seine Social-Media-Kampagne an, mit der bereits bei der Niederösterreich-Wahl um Vorzugsstimmen geworben hat. Aus dem Babler-Lager wurde bereits kräftig gegen Doskozil geschossen: „In den vergangenen Jahren hat Hans Peter Doskozil die Partei gespalten“, klagte ein Babler-Unterstützer, der ehemalige Finanzminister Ferdinand Lacina (80), der einst dem Kabinett Bruno Kreiskys angehört hat. „Am Ende haben sich Doskozil und Pamela Rendi-Wagner derart selbst beschädigt und damit auch die Partei, dass man nur hoffen kann, dass die Mitgliederbefragung glimpflich über die Bühne geht“, klagt er ebenfalls gegenüber dem „Standard“.

Ex-SPÖ-Finanzminister Ferdinand Lacina sieht sowohl Doskozil als auch Rendi-Wagner beschädigt. APA/HANS KLAUS TECHT

Mit Doskozils Landespolitik kann der ehemalige Finanzminister ebenfalls nicht viele anfangen. Lacina versteht an ihr nicht, „dass Landesbedienstete im Burgenland einen gesetzlichen Mindestlohn bekommen, auf den viele in der Privatwirtschaft keine Chance haben. Damit wird eine kleine Gruppe privilegiert. Das ist eine Spaltung der Arbeiterschaft. Das ist nicht sozialdemokratisch.“

Frauen und Wiener hinter Rendi-Wagner

Zumindest offiziell will Rendi-Wagner beim Wettlauf nicht mitrennen, sondern sich auf ihre Arbeit als Partei- und Klubvorsitzende konzentrieren, heißt es. Dass ihre Tätigkeit hier aber rein gar nichts mit der bevorstehenden Befragung zu tun hat, darf bezweifelt werden. Es dürfte wohl einen inoffiziellen Wahlkampf Rendi-Wagners geben.

Was einige SPÖler nervös macht: Rendi-Wagner hat die Frauen und die Wiener rund um Bürgermeister Michael Ludwig hinter sich, darüber hinaus punktet sie von den drei Kandidaten am besten bei SPÖ-Wählern, wie eine INSA-Umfrage für den eXXpress ergeben hat. Das Problem: Außerhalb der Partei schreckt sie am meisten Wähler ab, wie die INSA-Umfrage ebenfalls zutage gefördert hat. Mit anderen Worten: Die Siegeschancen mit einer Spitzenkandidatin Rendi-Wagner bei der kommenden Nationalratswahl sind besonders gering.