Die Evergrande-Krise droht den chinesischen Immobiliensektor mit sich zu reißen. “Er steht für rund 30 Prozent der Wirtschaftsleistung der Volksrepublik und entspricht dem gesamten deutschen Bruttoinlandsprodukt”, sagt Löchel. Werde der Immobiliensektor von der Regierung eingedampft, belaste das die Konjunktur: “Weniger Wachstum in China wird die Weltwirtschaft treffen und auch Folgen für die deutschen Exporteure haben.” Zuletzt hatten staatliche Forscher das Wachstumsziel für 2022 auf “mehr als fünf Prozent” gesenkt.

DWS-Experte Kreuzkamp glaubt, dass indirekte Effekte wie eine mögliche größere Korrektur am chinesischen Immobilienmarkt aus europäischer Sicht wichtiger sind als ein Zahlungsausfall an sich. Sollte die ganze Wirtschaft betroffen sein, könnten auch europäische und US-Konsumgüterkonzerne die Folgen spüren. “Aber ein größerer Effekt ist bisher nicht unser Hauptszenario.”

Rohstoffe werden teurer

Am europäischen Immobilienmarkt ist Evergrande bisher kaum ein Thema. Knapper Wohnraum, eine große Nachfrage und niedrige Zinsen treiben die Preise vielerorts immer höher. Bei großen Investments in Wohn- und Gewerbeimmobilien sieht etwa der Makler Jones Lang LaSalle (JLL) 2021 starke Zuwächse in Deutschland. “Wir gehen davon aus, dass die Turbulenzen um Evergrande beschränkte Auswirkungen auf die globalen und damit auch auf die westlichen Immobilienmärkte haben”, sagt Hela Hinrichs, Senior Director bei JLL.

Eine signifikante Abkühlung am chinesischen Immobilienmarkt hätte Folgen für Rohstoffe am Bau, meint Kreuzkamp. Das würde die Nachfrage nach Eisenerz, Stahl, Holz und Zement treffen – also Materialien, die zuletzt begehrt und oft teuer waren.