Die Stadt Potsdam hat ein für ganz Deutschland geltendes Einreiseverbot gegen den Österreicher Martin Sellner verhängt. Sellner selbst sprach am Dienstag im Online-Netzwerk X über den Vorgang und präsentierte einen Brief der Stadt Potsdam. “Wir müssen zeigen, dass der Staat nicht ohnmächtig ist und seine legitimen Mittel nutzt”, erklärte dazu Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD). “Wir machen deutlich, dass die Demokratie wehrhaft ist.”

Eine Sprecherin der Stadt Potsdam bestätigte unter Verweis auf den Schutz von Persönlichkeitsrechten lediglich, dass die Stadt in der vergangenen Woche einen Bescheid “zur Feststellung des Verlustes des Freizügigkeitsrechts in der Bundesrepublik Deutschland an einen EU-Bürger versendet” habe. “Der Betroffene” sei zuvor angehört worden. Zuerst hatte die “Süddeutsche Zeitung” über das Einreiseverbot gegen Sellner berichtet.

Am 4. Mai 2023 wurde Martin Sellner am Wiener Landesgericht vom Vorwurf der Verhetzung freigesprochen.APA/GEORG HOCHMUTH

Sellner übt scharfe Kritik am Einreiseverbot

Er dürfe nun “drei Jahre lang nicht das deutsche Bundesgebiet betreten”, sagte Martin Sellner dazu auf X. Andernfalls drohe ihm Abschiebung samt “saftiger Strafe”. Sellner bezeichnete die Entscheidung als “bizarr”, sie erfolge angeblich “auf Basis einer Lügen-Geschichte einer NGO”. Sellners politische Vorschläge würden “als so gefährlich für die Grundordnung der BRD bezeichnet, dass sie rechtfertigen, mich auszusperren mit den größten Mitteln, die der Rechtsstaat gegen Nicht-Staatsbürger hat – obwohl ich keine Straftat begangen habe.“ Auf Basis dieser Entscheidung könnte man genauso gut Trump, Orban, Mitgliedern der Front National und jedem zweiten FPÖ-Politiker die Zureise in Deutschland erwehren, kritisiert der Aktivist.

Martin Sellner gilt als einflussreicher Vordenker der als rechtsextrem eingestuften “Identitären Bewegung”. Bekanntheit erlangte er unter anderem durch seine Online-Vorträge und öffentlichkeitswirksame Protestveranstaltungen.

Martin Sellner: "Das wird jetzt vor Gericht gehen"

Sellner bezeichnete das Einreiseverbot über das als “völlig überschießend” und sprach von der “Atomwaffe des Einreiseverbots”. Der Bescheid lege Verstöße gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung dar, doch werde hier das “Grundgesetz komplett verzerrend ausgelegt”. Der Aktivist kündigte an: “Genau das wird jetzt vor Gericht gehen.” Sein Anwalt werde sowohl ein Eil- als auch ein Hauptsacheverfahren anstrengen. Er rechne damit, dass das Eilverfahren bis zu zwei Monate dauern werde. Sollten juristische Schritte keinen Erfolg haben, behalte er sich andere Schritte vor.

Für die Verweigerung der Einreise sind grundsätzlich Landesbehörden zuständig, in diesem Fall die Ausländerbehörde in Potsdam. Durchsetzen müsste das in ganz Deutschland geltende Einreiseverbot zum Beispiel die Bundespolizei im Rahmen von Grenzkontrollen. Nach Einreise nach Deutschland könnte eine Person, gegen die ein Einreise- und Aufenthaltsverbot besteht, abgeschoben werden. Außerdem ist eine Einreise trotz Verbots strafbar und kann strafrechtliche Konsequenzen haben.