Ob die Deutschen noch auf die Worte des einstigen sozialdemokratischen Regierungschefs Österreichs gewartet haben, sei dahingestellt. Eingeschlagen hat der Gastbeitrag von Christian Kern in der Bild-Zeitung allemal. Er liest der Berliner Regierung darin gewaltig die Leviten.

Dabei durfte die Stichelei in Richtung Deutscher Fußballbund nach dem jüngsten 2:0-Sieg  Österreichs gegen die deutsche Elf natürlich nicht fehlen: “Man hat das Gefühl, dass die Deutschen nicht nur das Fußballspielen verlernt haben”, sagte Kern, der in den Jahren 2016 und 2017 österreichischer Bundeskanzler war. Zuvor war der Sozialdemokrat Chef der ÖBB gewesen.

Kern: "Es droht ein Dominio-Effekt in ganz Europa"

Also ein Mann aus der Wirtschaft. Und die bereitet ihm in Deutschland gewaltiges Kopfzerbrechen. Als Aufsichtsratschef eines hoch spezialisierten Glas-Herstellers für die Solar-Industrie in Brandenburg bekommt er die Auswirkungen der rot-grün-gelben Wirtschaftspolitik der Berliner Ampel hautnah mit: “Man hätte mehr als ein Jahrzehnt zu besten Zinskonditionen das Land und seine Infrastruktur bei Verkehr, Bahn, Telekommunikation und Bildung zukunftsfähig machen können. Das ist nicht geschehen und sollte nun auf einen Schlag nachgeholt werden. Offensichtlich scheitert das grandios. Es scheint, als seien alle Sicherungen durchgebrannt. Die Zukunftschancen und Zukunftsjobs werden verspielt”, rechnet der Ex-Kanzler knallhart ab: “Das Land steht selbst verschuldet an der Schwelle zur schleichenden Deindustrialisierung.”

Allerdings verzichtet Kern auf die ansonsten so gerne an den Tag gelegte Schadenfreude beim Blick auf den großen Nachbarn, im Gegenteil. Er warnt die gesamte EU vor den Auswirkungen der schwächelnden deutschen Wirtschaft: “Wer in Europa glaubt, das sei nur ein deutsches Problem, der irrt gewaltig: Das deutsche Problem ist ein Europa-Problem. Deutschland ist die Lokomotive, die nicht ausfallen darf.”

Es drohe ein Domino-Effekt in ganz Europa.