Als Erfolgsmodell versuchten die deutschen Sozialdemokraten ihre umstrittene Berliner Mietpreisobergrenze zu verkaufen und wollen sie sogar bundesweit ausdehnen – trotz erheblicher Bedenken von Experten. Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht dieses Vorhaben gestoppt – aus gutem Grund. So zeigt der Modellversuch in Berlin etwa, dass sich das dortige Wohnraumangebot seit der Einführung beinahe halbiert hat. Der ohnehin schon hohe Druck auf Wohnungssuchende hat sich dadurch weiter verschärft.

Der deutsche Wirtschaftsprofessor Jan Schnellenbach hat sich eingehend mit der Thematik befasst und nennt fünf Gründe, warum der Mietendeckel von vornherein zum Scheitern verurteilt war.

Prof. Jan Schnellenbach

1. Fehlende Anreize für Investitionen

Prof. Schnellenbach: “Das Grundproblem bleibt mit und ohne Mietendeckel die Lücke zwischen Nachfrage und Angebot. Wenn man eine Höchstmiete festlegt, verschärft man dieses Missverhältnis noch, indem man Anreize zur Investition in Wohnraum reduziert.” Das sei auch dann so, wenn man Neubauten erst einmal vom Mietendeckel ausnimmt. “Denn wenn man einmal das Instrument hat, ist die Selbstverpflichtung, Neubauten dauerhaft davon auszunehmen, wenig glaubhaft.” Investoren haben zumindest das Risiko im Hinterkopf, dass ihre neuen Wohnungen in einigen Jahren auch dem Deckel unterworfen werden.

2. Längere Wartezeiten für eine Wohnung

Prof. Schnellenbach: “Wenn man die Angebotslücke nicht durch Neubau schließt, wechselt man nur von einem Rationierungsmechanismus zum anderen.” An die Stelle des Mietpreises treten dann Warteschlangen, die, wie man am regulierten Wohnungssektor in Schweden sieht, sehr lang werden können – “Dort sind es bis zu 12 Jahre, wenn man eine preisgebundene Wohnung möchte.”

3. Wirtschaftlich Schwächere profitieren kaum

Prof. Schellenbach: “Die Verteilungswirkung des Berliner Mietendeckels sieht so aus, dass Mieter mit bestehenden Verträgen in den sehr hoch nachgefragten Wohngegenden stark profitieren. Also typischerweise der recht gut verdienende Mieter in Mitte oder Prenzlauer Berg, der eine schöne, aber bisher teure Altbauwohnung hat.” Denn der Mietendeckel ist so konstruiert, dass er die Mietensteigerungen der letzten Jahre rückgängig macht. “Die waren aber besonders in diesen Wohngegenden hoch. Haushalte mit geringem Einkommen in wenig nachgefragten Wohngegenden profitieren dagegen kaum.”

4. Deregulierung muss Vorrang haben

Prof. Schnellenbach: “Eine sinnvolle Antwort auf den Wohnungsmangel kann nur darin bestehen, mehr Wohnungen bauen zu lassen.” Das ist vor allem eine Regulierungsfrage. “Es müssen mehr Flächen ausgewiesen werden und es muss erlaubt werden, in den Städten höher zu bauen. Dann fließen die privaten Investitionen von selbst.” Das kann natürlich durch einzelne öffentliche Projekte im sozialen Wohnungsbau ergänzt werden. “Aber insgesamt ist derzeit so viel Kapital auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten, dass nach einer Deregulierung von Bauvorschriften sehr schnell sehr viel Geld in den Wohnungsneubau fließen würde.”

5. Zusätzliche Kosten durch die Hintertüre

Prof. Schnellenbach: “Es gibt auch Ausweichreaktionen in Richtung schwer zu kontrollierender, informaler Nebenzahlungen beim Abschluss neuer Mietverträge. Beispielsweise müssen neue Mieter dann die unter dem Marktpreis liegende Miete kompensieren, indem sie stark überhöhte Zahlungen für Möbel oder Küchen zahlen. Wenn hier hohe Beträge beim Einzug fällig werden, kann es aber für Mieter mit eingeschränkter Liquidität noch schwieriger werden, eine neue Wohnung zu finden.”

ÖVP schließt Mietendeckel aus

„Regulierende Maßnahmen wie Mietpreisbremse oder Mietendeckel haben keine nachhaltige Wirkung und verschärfen nur den Wohnungsmangel in den Städten, weil sie Investoren verunsichern und abschrecken sowie dem Markt bezahlbare Wohnungen entziehen”, betonte Johann Singer, ÖVP-Bereichssprecher für Wohnen und Bauten. “Der Wohnungsmangel in den Städten wird dadurch erst verschärft und diese Knappheit ist wiederum ursächlich für die steigenden Mieten.“