
eXXpress exklusiv: DAS sagt der Staatsanwalt zum Polit-Krimi und Kurz-Sturz
45 Seiten lang erklärt ein Oberstaatsanwalt, warum die Justiz jetzt gegen die Inseraten-Korruption vorgeht, es ist die Erklärung zum Kurz-Sturz: Ein Medienhaus wird dabei schwer belastet – und es werden prominente Zeugen wie Ex-Außenministerin Karin Kneissl zitiert.

Insgesamt 1787 Seiten umfasst ein Amtsvermerk zu den Vorwürfen der Inserate-Korruption durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, der nun der eu-infothek.com und dem eXXpress zugespielt worden ist. Aufgelistet werden darin Hinweise der vergangenen Jahre, die das Bild einer systematischen Korruption zeichnen.
Drezeit im Mittelpunkt: die Tageszeitung Österreich. Gegen ihren Herausgeber sowie gegen den Geschäftsführer wird aktuell im Zusammenhang mit der Inseraten-Affäre ermittelt. Es geht um die Vorwürfe der Untreue und der Bestechung. Und es ist naheliegend: Auch andere Medienhäuser könnten schon bald Hausbesuche von der Staatsanwaltschaft bekommen. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.
Vorwurf: Erpressung
Der Amtsvermerk bezieht sich dabei hauptsächlich auf öffentlich zugängliche Quellen wie etwa Interviews oder parlamentarische Anfragen. Als Belastungszeugen werden unter anderem Journalisten und (Ex-) Politiker angeführt.
Zitat aus dem Amtsvermerk: “Die Mediengruppe Österreich sowie Wolfgang Fellner persönlich waren dabei besonders oft mit – von Letzterem dementierten – Vorwürfen einer ‘käuflichen’ Berichterstattung konfrontiert, wobei die Schilderungen von Einfordern von Werbeetats bei Wahlkämpfen bis hin zu als ‘Erpressungen’ bezeichnete Aufforderungen zum Inserieren bei sonstiger negativer Berichterstattung gehen.”
Ermittler gehen davon aus, dass die Vorwürfe schon länger bestehen
Demnach hat schon im Jahr 2012 ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann (schon damals ging es um den Vorwurf der Inserate-Korruption), dem damaligen Geschäftsführer der Mediengruppe “Österreich”, Oliver Voigt vor, dass redaktionelle Berichterstattung in der Mediengruppe ganz eng mit dem Inseratenaufkommen verstrickt sei.
In seinem Buch “Haltung” beschrieb zudem der frühere ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, wie Fellner ihn bereits 2009 bedroht haben soll, er solle das Inserate-Volumen erhöhen. Hierzu schilderte er einen Besuch des Zeitungsmachers, wonach er gesagt haben soll, dass sich die Berichterstattung “gravierend” ändern könnte, wenn sein Ministerium nicht mehr inseriert.
Altkanzler Christian Kern (SPÖ) berichtet von medialem Druck
Eine ähnliche Erfahrung machte auch SPÖ-Altkanzler Christian Kern, als er 2017 angekündigt hatte, das Inserate-Volumen von der Leserzahl abhängig zu machen. “Österreich hatte überproportional viel Geld von den Ministerien bekommen”, führte er anschließend in einem Interview mit der Recherche-Plattform “Dossier” aus. Als er schließlich wegen einer Kampagne gegen ihn alle Inserate bei “Österreich” streichen wollte, haben die Zeitung angefangen, ihn gezielt niederzuschreiben, so Kern. Fellner selbst bestritt die Vorwürfe stets.
Auch die frühere Außenministerin Karin Kneissl berichtete, dass 2017 von dem Medienhaus Druck auf sie ausgeübt worden ist, als sie als erste Amtshandlung die Inseratenschaltung reduziert hatte. “Der Zweck dieser Regierungsinserate ist sicher unter anderem – so habe ich es verstanden –, den guten Willen in der Berichterstattung zu kaufen”, sagte sie zuletzt vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss.
Betroffen sein soll laut dem Amtsvermerk auch die frühere Wiener Umweltstadträtin Ulrike Sima sein: Mehr als 50 negative, spöttische und unsachliche Artikel seien im Zeitraum von Ende 2018 bis Anfang 2020. veröffentlicht worden. Angeblich habe sich Fellner an dem zu niedrigen Inserate-Volumen der Wiener Linien gestört, das Sima damals verantwortet hat.

Als Beleg für die These führen die Ermittler außerdem ein Interview an, dass Fellner in seiner Sendung “Fellner! Live” mit Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka geführt hat. Der Ausschnitt kursierte damals auch in sozialen Medien:
Sobotka: “Erstens einmal habe ich nie Spenden genommen, ich hätte sie
genommen, weil sie rechtmäßig…”
Fellner: “Dann halt Inserate, oder wie immer sie das bezeichnen”.
Sobotka: “Naja, sie kennen das Gschäft, ja, für’s Inserat gibt’s ein
Gegengeschäft, oder?”
Fellner: “Ja, natürlich”.
Sobotka: “Natürlich.”
Dazu schreiben die Ermittler: “Generell stieg das Volumen von Regierungsinseraten stetig, bis es im Jahr 2020 geradezu explodierte. Während die öffentliche Finanzierung von Medien durch Presseförderung zurückging, stieg die
Bedeutung von öffentlichen Inseraten stetig. Ein Großteil der Inserate
(“Medienkooperationen”) erhielten dabei Boulevardmedien, wobei “Österreich” gemessen an der Leserzahl die – teils mit Abstand – üppigsten Inserate erhielt.”
Sehr umfangreich zitieren die Ermittler dabei auch aus einer Studie des “Medienhaus Wien” mit dem Titel “Scheinbar transparent – Analyse der Medienkooperationen der österreichischen Bundesministerien mit österreichischen Tageszeitungen 2018/2019.” Randnotiz: Als Initiator des Forschungsprojekts wird übrigens Prof. Matthias Karmasin angeführt – der Bruder der früheren Familienministerin Sophie Karmasin gegen die als Meinungsforscherin aktuell ermittelt wird.
Kommentare
Es gibt sogar eine eigene Doku über die Finanzierung der österreichischen Medienkonzerne (Printmedien) da werden jährlich über 40 Mio € Inserate geschaltet.
Allen Kommentatoren, die hier so laut über Faymann, Silberstein etc. klagen sei ein Spruch des früheren deutschen Präsidenten Roman Herzog ans Herz gelegt: “Kein Unrecht, und mag es noch so groß gewesen sein, rechtfertigt anderes Unrecht. Verbrechen sind auch dann Verbrechen, wenn ihm andere Verbrechen vorausgegangen sind.” Jetzt muss die unabhängige Justiz klären, was an diesen schon sehr konkreten Vorwürfen dran ist.
… unabhängige Justiz … würde ich gerne ergänzen zu: unabhängige Justiz ohne parteipolitische Präferenzen! Aber ich weiß, dass das einen frommen idealistischen Wunsch darstellt. Wäre es der Fall, würden in mehreren Medienhäuser und Parteizentralen Hausdurchsuchungen stattfinden und die Chats der an Meinungskäufen Beteiligten öffentlich gemacht werden. Justitia in Österreich ist nicht blind, aber Teile der österreichischen Justiz drücken meiner Meinung nach das linke Auge fest zu und öffnen das rechte Auge ganz weit.
@Manfredo Ihre Meinung in Ehren, aber der Vorwurf der “linken Justiz” ist ein Propaganda Tool, das schon von Leuten wie Berlusconi benutzt wurde. Für Österreich ist es schlicht und ergreifend unwahr: Die WKStA hat in ihrer Geschichte sehr wohl auch bei Anzeigen gegen rote und grüne Politiker ermittelt. Was zB bei der Causa Chorherr herauskommt, werden wir noch sehen.
@Achso: Warum liest man keine Details aus derGeheimakte über den Grünen Chorherr Skandal? Seltsam?
Wenn das alles nur teilweise der Wahrheit entspricht, dann sollte unser HBP seine (positiven) Worte über die 4. Macht im Staate gehörig überdenken und korrigieren. Die Legalität dieser 4. Macht ist ohnehin fragwürdig.
Im Interview mit Frau Kneissl fällt auch der Name Strache. Auch die FPÖ wurde im gleichen Zeitraum „groß“ geschrieben. Spannend, was aus diesem Eck noch an Neuigkeiten zu erwarten ist.
Was auffällt ist, dass der Falter überhaupt keine Erwähnung findet, obwohl von seiner Auflage wahrscheinlich nicht einmal Herr Klenk alleine leben könnte ….
Was meinen Sie damit? Regierungsinserate wurden dem Falter vorenthalten, das sieht man in der Statistik im Artikel deutlich. Die Auflage des Falters ist in den letzten Jahren aber stark gestiegen, was diesen Entfall wirtschaftlich scheinbar ausreichend ausgeglichen hat.
Und niemanden fällt auf, dass die Kronenzeitung derzeit nur so vor Inseraten der Gemeinde Wien und verwandter roter Betriebe strotzt? Und seltsamerweise bekommt hier die gespielte Empörung der Opposition ein breites Forum.
Das Kroneforum ist von Blauen und blauen Trollen kontrolliert. Auch diese gehören zur Opposition.
Sollten vielleicht auch einmal alle Chats der NGO Schlepper an das Tageslicht kommen, immerhin geht es dabei auch um sehr, sehr viel Steuergeld. Das alles geht mir schön langsam alles auf Sa.. !!!
Zum Glück waren die sieben Millionen für den Werner (Faymann) der Asfinag nie ein Problem.
Die Ederer und die Wehsely wurden wegen ihrer exzellenten Qualifikationen von Siemens an gut bezahlte Posten gestellt.
Das ist alles nie ein Problem gewesen.
Sowieso ist all dem nachzugehen. Aber eben nicht nur selektiv bei rechten Parteien.
Sozialisten treten hier, wenn überhaupt, dann nur als Opfer auf.
Whataboutism. Sollten Sie sich vielleicht feWhataboutisme nennen? Können den Namen gerne übernehmen.
Ein Zitronenfalter faltet genauso wenig Zitronen, wie ein unabhängiger Journalist unabhängig ist …
schon die alten Griechen wussten: “dessen Brot’ ich ess, dessen Lied ich sing’ …
Nun wäre es an der Zeit, die Medienförderung komplett neu zu denken, auch müssen schärfere Regeln für die Politik her, vielleicht mal nicht solche, die Sich die Damen&Herren halbherzig selbst auferlegen, sondern von deren Arbeitgebern, dem Volk bestimmt werden.
Und weil hier Äpfel mit Birnen verglichen werden, sollte auch daran erinnert werden, das die Inseratenkorruption nur ein Delikt von vielen ist, die es nun zu klären gilt. Denn in Auftrag gegebene geschönte und gefälsche Umfragen die über Scheinrechnungen und somit vom Steuerzahler bezahlt worden sein sollen, ist wohl auch kein Kavaliersdelikt.
Auch wenn immer wieder fragwürdige Akteure die österreichische Politik in eine Sumpflandschaft verwandelt haben, so erreicht dieser türkise Sumpf nun ganz neue Dimensionen und ist wohl bei Weitem noch nichtmal begonnen worden trocken zu legen.
Denn nach Allem, ist diese Rochade wohl kein Garant für einen sauberen Neustart.
Und wenn man bedenkt, das nach “Ibiza” richtigerweise kein Stein auf dem Anderen blieb und selbst nach dem jetzigen Ermittlungsstand, “Ibiza” dann eigentlich nur eine Baleareninsel war, so muss man den Willen für saubere Politik und Unrechtsempfinden dieser Regierung und vor Allem der ÖVP gewiss mehr als hinterfragen.
Also danke an das Exxpress-Redaktions-Team, denn das alles ist dem aufmerksamen österreichischen Staatsbürger/in seit Jahrzehnten sattsam bekannt, beginnend mit dem Medien-Kanzler Kreisky, allerdings war es nie ein Problem, wenn es um die SPÖ ging, der ganze ORF wurde zu einer Außenstelle der SPÖ/Grüne. Aufschrei ? Nein ! Die Faymann ” Das ist alles ganz normal”- Affaire bei der Krone ? Aufschrei ? Nein ! Dass Wien mehr an Inseratengelder verschüttet als die Bundesregierung ? Aufschrei ? Nein !! Sebastian Kurz machte einen Fehler, er will das Steueraufkommen auf 40% des BIP´s kürzen, daher muss er weg, denn die “Maden im Speck” wollen weiter mit diesem versorgt werden. Für mich neu ist nur eines, nämlich dass sich die Medien hauptsächlich durch Steuergeld fianzieren, kein größeres Medium mehr in der Lage ist, allein am Markt zu bestehen, die Medienleute leben hier in Österreich eine Art parasidäres Leben auf Kosten der Steuerzahler. Liebe Grüße Ein kleiner Hackler, der diese Medien mitfianziert, abe rbis heute noch kein Dankeschön erhalten hat.
Hat Kurz es aber nicht noch extremer gemacht? Und wurden andere Minister (Kneissl) nicht förmlich dazu gedrängt, für gute Berichterstattung viel Inserate zu schalten? Ich finde es sehr bedenklich, dass das vor allem unter Kurz um einiges schlimmer wurde. Vor allem, dass, so der Vorwurf, teilweise Steuergeld das eigentlich für Betrugsbekämpfung gedacht war für Parteiinteressen verwendet wurde.
Also ja, vorher schon bedenklich und zu verbieten aber mit Kurz um vieles schlimmer geworden. Er ist also nicht der Messias für den Sie ihn wohl halten.
Wie sieht das Inseratenaufkommen der Stadt Wien / Wien Holding im Falter aus?
Laut Medientransparenzdatenbank in den 4 Quartalen des Jahres 2020 zB insgesamt EUR 231.540 (Stadt Wien an Falter). Das ist nicht wenig, aber doch deutlich weniger als die im Artikel genannten Zahlen für insgesamt 6 Quartale 2018 und 2019.
Eigenartig dass gegen die Vorgängerregierungen, vor allem BK Kern keine Untersuchungen veröffentlicht werden.
Wurde da etwa noch nicht ermittelt?
Wenn man sich vorstellt, dass ein bekannterweise Krimineller, der Herr Silberstein, den Wahlkampf mit schmutzigsten Mitteln führte, kann man da nur verwundert sein.
Bei den Inseraten der Stadt Wien an die gratis Schmierblättern, aber auch “kaufbare” wie die Krone, sollte vielleicht auch mal genauer geprüfte werden.
Ein Verbot von mit Steuergeldern bezahlten Inseraten sollte hier mal überdacht werden.
Wenn es bei Kern Anhaltspunkte gäbe, würde man wahrscheinlich auch ermitteln. Dieser scheint aber nicht mutmaßlich Geld aus einem Ministerium für Umfragen und Inserate veruntreut zu haben. Ist schon auch witzig, dass Sie Silberstein mit Wahlkampf und schmutzigsten Mitteln erwähnen, aber nicht, dass auch Kurz im Wahlkampf mit den weit überschrittenen Kosten ordentlich Dreck am Stecken hat. Ich hoffe mal das Kartenhaus um Kurz, Benko, Ho und Co. fällt demnächst ordentlich in sich zusammen.
Bei der Fellner-Truppe wundert mich gar nichts mehr – nichtmal die überstrapazierte Unschuldsvermutung
Francesco, diese Vorgänge finden wir aber nicht nur bei Österreich, das ist Usus bei allen Zeitungen. Wie man in den Chats, so diese von veröffentlicht zu finden sind, lesen kann, musste sogar die Auswahl der Minister von der Kronen Zeitung abgesegnet werden. Moser, der für das FM im Gespräch war, wurde offensichtlich von der Krone abgelehnt. Die Verfilzung Medien/Politik war mir immer klar, nicht jedoch die Dimmension. Und wer zahlt, schafft an: wenn man sich die Medienberichte schon seit langem ansieht, wird auch klar, wer das ist – nicht der Bund oder die ÖVP, die jetzt gesteinigt wird.