Er ist geschafft, er wirkt extrem erschöpft, die Hand ist verletzt – das sie aus Übermüdung passiert, erzählt Heinz-Christian Strache (52) beim Besuch des eXXpressTV-Studios: Er könne kaum schlafen. Die vielen Sorgen würden ihn wach halten: Die Anwalts- und Verfahrens-Kosten verschlingen Monat für Monat fünfstellige Summen, ein guter Job sei nicht in Sicht, die Finanz will für seine Firma eine Steuervorauszahlung. Und dazu noch die Eheprobleme, die andere Medien groß bringen. Der frühere strahlende Vizekanzler und FPÖ-Chef ist am Ende.

Gegen den Vater eines kleinen Buben wird seit der Hausdurchsuchung am 13. August 2019 ermittelt: 27 Monate im Fadenkreuz der Justiz, sieben Ermittlungsverfahren hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft und die Staatsanwaltschaft Wien gegen Heinz-Christian Strache begonnen. “Standard”, “Krone”, “Falter” und andere Medien berichteten von jedem neuen Ermittlungsstrang mit großen Überschriften.

Vom Ibiza-Video blieb strafrechtlich nichts übrig ...

“Aber bisher hat niemand in Österreich oder Deutschland darüber berichtet, dass schon vier dieser Ermittlungsverfahren eingestellt worden sind. Dass sogar die Staatsanwaltschaft feststellen musste, dass an vier Vorwürfen gar nichts dran ist”, schüttelt Strache im eXXpress-Gespräch den Kopf. Ihm komme vor, dass das eben vielen “nicht ins Konzept passt”, dass außer einer Verurteilung in der ersten Instanz, gegen die er Berufung anmelden wird, nichts von den Vorwürfen übrig bleibe.

Und das sind die vier Ermittlungs-Themen, in denen die Staatsanwaltschaft die Verfahren gegen HC Strache eingestellt hat:

Von allen schrill und laut im Mai 2019 verbreiteten Vorwürfen zum siebeneinhalb Stunden langen Ibiza-Video blieb nichts über. Null. Das Ermittlungsverfahren zu Straches Aussagen vor den vielen versteckten Kameras in der Finca ist eingestellt. Bitter für Strache: Aufgrund der Video-Sequenzen ist er zurückgetreten …

Das sogenannte “Vereins-Verfahren”, bei dem es um mögliche Spendenflüsse über FPÖ-nahe Vereine ging, ist eingestellt. Die Berichte voll mit Mutmaßungen über “schwarze Kassen” der FPÖ-Führung füllten seitenweise viele Medien.

Auch die Erhebungen gegen Strache wegen eines mutmaßlichen Vergehens nach dem Meldegesetz sind eingestellt. Eine Boulevard-Print-Zeitung spielte den Vorwurf der Falsch-Anmeldung HC Straches in Wien kurz vor dem Wiener Wahlkampf wochenlang. Die Negativ-Schlagzeilen waren für Straches Wahlbewegung natürlich wenig hilfreich. Zusätzlich wurden in dieser Zeit noch von einem Ex-Parteifreund Details über seine Ausgaben für Medikamente veröffentlicht.

Und auch die Ermittlungen zu den angeblich in Straches Dienstwagen fotografierten “Geldrucksäcken” sind von der Justiz eingestellt worden. Allein die immer wieder bei diversen Berichten über den Ex-Vizekanzler platzierten Geldbündel-Fotos hatten ihren Zweck erfüllt: So sollte der “Mafia-Touch” verbreitet und der Anschein erweckt werden, Strache sei stinkreich und natürlich extrem korrupt.

Journalisten nutzten also undatiertes, auf seine Echtheit unüberprüfbares Foto-Material für einen Rufmord.

Ermittlungen in Spesen-Causa laufen noch immer

Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft noch aufgrund der Spesen-Vorwürfe gegen Heinz-Christian Strache. Interessanterweise scheinen dabei Personen als Belastungszeugen auf, die bei hier bereits erwähnten eingestellten Ermittlungsverfahren im Umfeld der Fallensteller und der Täter-Clique aktiv waren. “Das wäre doch verrückt, wenn die Justiz diesen Menschen glauben würde, die ja in der Partie mit dabei sind, die mir schon mit dem Ibiza-Video oder mit der Verbreitung des Geldrucksack-Fotos massiv geschadet haben.”

Auf eine Rückkehr in die Politik hofft Strache übrigens nun absolut nicht mehr: “Ich lebe von einem Tag zum nächsten – ich muss nur irgendwie überleben. Und ich will weiterkämpfen.”

Übrigens sind nicht nur beim Ex-FPÖ-Chef mehrere fast hysterisch verbreitete Ermittlungen eingestellt worden: Dass auf dem Laptop von Ex-Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) nichts Belastendes zu finden war, durften die Österreicher einen Tag nach dessen Rücktritt erfahren.

Auch gegen Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) wurden alle vier Ermittlungsverfahren wegen mutmaßlicher illegaler Parteispenden und einer angeblichen Falschaussage eingestellt. Teilweise eingestellt wurde auch das Ermittlungsverfahren gegen Ex-Finanzminister Hartwig Löger.

Sie ist gegenüber der Staatsanwaltschaft weisungsberechtigt: Die grüne Justizministerin Alma Zadic

Gegen 39.000 von 40.000 Tatverdächtigen zu unrecht ermittelt

Seit ihrer Gründung im September 2011 hat alleine die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen 40.000 Beschuldigte und Tatverdächtige ermittelt. Bei etwas mehr als einem Prozent davon kam es zu Verurteilungen – was “keine Aussage über Qualität der Arbeitsweise der WKStA zulässt”, wurde dazu im Justizministerium betont.

Faktum bleibt trotzdem: Mehr als 39.000 Österreicher wurden von dieser Sondereinheit der Staatsanwaltschaft verdächtigt, obwohl sie sich nichts zu Schulden kommen ließen. 39.000 zu unrecht verdächtigte Österreicher mussten sich teure Anwälte leisten, waren monate- oder sogar jahrelang im Wirtschaftsleben schwer belastet und auch aufgrund eines drohenden Gerichtsverfahrens oder einer drohenden Verurteilung psychisch massiv unter Druck.

Jetzt sind beide Ex-Koalitions-Chefs Politik-Pensionisten: Sebastian Kurz und HC Strache